Es ist eines dieser Feste, an denen man nicht vorbeikommt. Zumindest nicht, wenn sich in den Tagen davor der Supermarktbesuch nicht vermeiden lässt. In den Aufstellern werben knallrote Pralinen um Käufer, merkwürdige Geschenkideen füllen die Regale und die Blumenabteilung ist selbstverständlich bestens bestückt. Spätestens da, spätestens nach dem 20. Herzchen, fällt einem wieder ein: Ach stimmt, es ist ja bald Valentinstag.
Laut einer You Gov-Umfrage vom vergangenen Jahr haben 29 Prozent der Menschen angegeben, zum Valentinstag ihrer Partnerin oder ihrem Partner ein Geschenk machen zu wollen. Ob 29 Prozent viel oder wenig ist, darüber lässt sich diskutieren, aber sicherlich ist das eine Quote, die den Umsatz von Pralinenherstellern und Blumenhändlern beeinflussen kann.
Die restlichen 71 Prozent teilen sich auf zwischen den Gleichgültigen und denen, die von den I-love-you-Sprüchen genervt sind. Aber so ist es eben mit kommerziellen Festen. Denn das ist der Valentinstag letztlich: ein Fest des Konsums, der übrigens bis vor wenigen Jahrzehnten in Deutschland keine Rolle spielte. Aber geht es wirklich nur ums Geschäft?
Jetzt scheint die Kirche das Thema für sich entdeckt zu haben. Oder vielleicht sollte man sagen: „Wiederentdeckt“. Schließlich basiert das Ganze auf der Geschichte des Heiligen Valentin. Eine Überlieferung besagt, dass Valentin von Terni, ein Märtyrer der römisch-katholischen Kirche, in der Zeit der Christenverfolgung den Liebenden Blumen geschenkt und sie nach christlichem Ritus getraut haben soll, obwohl das durch den römischen Kaiser verboten worden war. Er soll am 14. Februar um 270 n.Ch. hingerichtet worden sein.
Die Bräuche am Valentinstag – etwa kleine Geschenke oder Briefe als Zeichen der Liebe – entwickelten sich aber wahrscheinlich eher im späten Mittelalter in England. Sie verbreiteten sich nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Deutschland, nicht zuletzt durch die hier stationierten englischen und US-amerikanischen Soldaten, erklärt die Dekanatsreferentin der katholischen Kirche in Freising, Theresia Reischl.
1969 wurde der Heilige Valentin aus dem römischen Generalkalender, dem offiziellen Festkalender der katholischen Kirche, gestrichen, weil seine historische Figur nicht belegt ist – auch ist es nicht ausgeschlossen, dass sich hinter der Legende gleich zwei verschiedene Märtyrer verbergen. „Aber weil der Heilige Valentin als Patron der Liebenden so wichtig für die Menschen ist, wird er trotzdem geehrt und gefeiert“, so Reischl.
Egal, ob verheiratet oder nicht: Alle Paare sind eingeladen, auch die Alleinstehenden
Zusammen mit dem Freisinger Dekan der evangelischen Kirche Christian Weigl wird Theresia Reischl am Freitag in der Stadtpfarrkirche St. Georg in Freising einen ökumenischen Valentinsgottesdienst mit Segensstationen halten. Sein Titel lautet: „Alle Menschen brauchen Liebe.“ Eingeladen sind frisch Verliebte ebenso wie lang verheiratete Paare und Alleinstehende, „denn natürlich ist auch für sie das Thema Liebe von Bedeutung“, sagt Weigl. Und was ist mit queeren Paaren? „Alle sind eingeladen“, betont der Dekan. „Jedem Menschen, der um Segen bittet, wird ein Segen zugesprochen“.
Die Initiative in der Pfarrkirche St. Georg ist kein Einzelfall. Schon seit einigen Jahren werden in der Erzdiözese München und Freising Valentinsgottesdienste angeboten – seit wann genau, ist schwer zu sagen, aber mit der Zeit werden sie mehr. Allein auf der Homepage der Erzdiözese sind 15 Termine aufgelistet, in Wirklichkeit dürften es aber mehr sein, denn nicht alle haben ihre Initiativen gemeldet. Im Landkreis Freising veranstaltet auch die Kirchengemeinde Allershausen am Sonntag einen Segnungsgottesdienst für alle Liebenden – egal ob Liebespaare, Freunde oder Verwandte, heißt es.
„Die eigentliche perfekte Liebe liegt im Alltag“
Markus Reischl, Leiter der Abteilung Familien- und Erwachsenenpastoral im Erzbischöflichen Ordinariat, sagt, Ziel dieser Initiativen zum Valentinstag sei es, der Kommerzialisierung des Festes etwas entgegenzusetzen – und es gleichzeitig mit einem anderen Sinngehalt zu versehen. „Wir haben uns gefragt: worum geht es da eigentlich? Es geht um die Liebe und um das Bedürfnis der Menschen, zueinander stehen zu wollen“, sagt er. Der Valentinstag, so sieht er es, sei auch „ein Fest der Kirche“.
Auch Dekan Christian Weigl vertritt eine ähnliche Meinung. „Die Liebe ist ein genuin christliches Thema und dazu haben wir natürlich viel zu sagen“, sagt er. „Warum sollten wir das nicht tun?“. Für ihn wäre es falsch, den Valentinstag nur mit dem berauschenden Gefühl der frisch Verliebten zu assoziieren, obwohl viele Marketingkampagnen besonders auf junge Menschen abzielen.
Auch dem Perfektionsdrang in der Liebe stehen sowohl Christian Weigl als auch Theresia Reischl kritisch gegenüber. „Die eigentliche perfekte Liebe liegt im Alltag, im Moment“, sagt Reischl. Anders formuliert: dem Druck die „perfekte-Zeit-zu-Zweit“ miteinander zu verbringen kann man sich manchmal schwer entziehen, und ein bis ins Detail geplanter Heiratsantrag am Strand (Trend) ist für manche sicher schön und für Instagram ohnehin optimal. Aber es geht auch normaler.