Man kann nicht sagen, dass im Diözesanmuseum Freising eine gewisse Experimentierfreude zu kurz kommt. Seit Anfang April präsentiert das Museum auf dem Domberg gleich drei neue Ausstellungen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Zu sehen sind Fotografien der Künstlerin Iwajla Klinke, byzantinische Kunstwerke und, thematisch das vielleicht Überraschendste, eine Schau über das Sammeln, die psychologischen und sozialen Mechanismen, die dahinterstecken, und den schmalen Grat zwischen Leidenschaft und Obsession.
Der Rundgang beginnt im ersten Stock des Museums, wo nun zwei Säle der byzantinischen Welt, also dem östlichen Erbe des Römischen Reiches, gewidmet sind. Die Byzanz-Ausstellung, die künftig Teil der Dauerschau sein wird, ergänzt die ohnehin schon reiche byzantinische Sammlung des Museums und umfasst Kunstwerke, liturgische Objekte sowie Alltagsgegenstände des 2023 verstorbenen Münchner Sammlers und Kunsthändlers Christian Schmidt. Erwähnenswert sind etwa monumentale Sarkophagreliefs oder eines der ältesten erhaltenen Prozessionskreuze der Welt.


Weiter geht es nur wenige Räume weiter mit der temporären Fotoausstellung „The Nymphs are departed“ der Künstlerin Iwajla Klinke. Klinke, 1976 in Greifswald geboren, porträtiert Kinder, Jugendliche und junge Männer bei Festen, Prozessionen oder Sportveranstaltungen.


Was die vielen Bilder verbindet, sind nicht nur die fantastischen Wesen und Gestalten, die in Blüten, Perlen, schimmernde Stoffe oder Fäden gehüllt sind und eine ideelle Brücke zwischen unterschiedlichen kulturellen Bräuchen und Traditionen schaffen, sei es in Bayern, Italien, Mexiko oder auf den Philippinen. Sie eint auch die Dramatik, die durch eine geschickte Nutzung von Licht und Schatten entsteht. Dabei geht es der Künstlerin nicht darum, heimische oder ferne Rituale mit Präzision zu dokumentieren, sondern Momente der Adoleszenz, die per Definition eine Verwandlung ist, festzuhalten und Poesie zu schaffen.
Weiter geht es im zweiten Obergeschoss mit einer Ausstellung, die viele Besucherinnen und Besucher zum Nachdenken anregen könnte. Mit „Sammeln. Glück und Wahn“ ist es dem Diözesanmuseum wieder gelungen, sich einem unerwarteten und zugleich grundlegenden Thema, nämlich dem Akt des Sammelns, ausführlich und auch mit einer gewissen Leichtigkeit zu nähern. Das Sammeln, das muss man auch hier betonen, stellt die Basis jeder Museumsarbeit dar.
So vermittelt die Ausstellung, dass etwa 75 Prozent der Menschen in Deutschland irgendetwas sammeln und dass dieser Trieb anthropologisch und psychologisch durchaus erklärbar ist, auch wenn er manchmal pathologisch werden kann. Auch erfährt man, dass Heiligenbildchen schon im 16. Jahrhundert der kirchlichen Propaganda dienten und das Sammeln bereits im 19. Jahrhundert Teil von Marketingstrategien wurde.


Ausgangspunkt der Ausstellung sind Hunderte neu inventarisierter und restaurierter Objekte aus dem Bestand des Museums, Gemälde ebenso wie Schmuck oder Krippenfiguren, deren Hintergründe ebenfalls erzählt werden. Aber auch private Gegenstände sind dabei. Sammeln, so liest man in der Ausstellung, ist für viele ein „zeichenhafter, persönlicher Selbstausdruck, gemäß dem Motto: Ich sammle, also bin ich“.
Wie Museumsdirektor Christoph Kürzeder bei der offiziellen Eröffnung am Sonntag sagte, wäre es natürlich auch interessant zu wissen, mit welchen Gefühlen die Gäste das Museum nach dem Besuch verlassen. Wird am Abend das Briefmarkenalbum aus dem verstaubten Regal geholt und nostalgisch durchgeblättert? Oder die x-te Schallplatte doch noch gekauft? Oder gar alles entsorgt? Apropos, selbst Kürzeder darf sich zu den 75 Prozent der Sammler zählen, seine private Sammlung von historischem Christbaumschmuck hängt auch in der Ausstellung. Für den ganz besonderen Anlass.
Die temporären Ausstellungen „Sammeln. Glück und Wahn“ und „The Nymphs are departed“ sind bis zum 3. August im Diözesanmuseum Freising zu sehen. Die Byzanz-Schau „2927 Dinge“ ist ab sofort Teil der Dauerausstellung des Museums.