Süddeutsche Zeitung

Optimismus in Freising:Gut vorbereitet auf eine zweite Welle

Klinikum und Landratsamt ziehen eine positive Bilanz aus dem Umgang mit der Coronapandemie im Landkreis. Nachholbedarf besteht aber in der digitalen Vernetzung.

Von Thilo Schröder, Freising

Knapp vier Monate ist es her, dass am 29. Februar der erste Fall von SARS-CoV-2 im Landkreis Freising bestätigt wurde. Bereits im Januar, als die ersten Fälle in Bayern bekannt wurden, hatte das Gesundheitsamt erste Maßnahmen getroffen. Am 29. März lagen schließlich 67 Coronapatienten im Freisinger Klinikum - ein Höchststand. Seitdem ist die Zahl der Neuinfektionen rückläufig, die Situation entspannt sich. Am Dienstag zogen Landrat Helmut Petz (Freie Wähler), Tobias Diepold, Leiter der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Landratsamt, Barbara Engelhardt vom Gesundheitsamt und der ärztliche Klinikdirektor Markus Neumaier Bilanz. Sie äußerten sich optimistisch mit Blick auf die Herausforderungen einer möglichen zweiten Infektionswelle.

"Es gibt keinen Grund, in die Hände zu klatschen, Corona ist nicht vorbei", betonte Petz mit Verweis auf die Aufhebung des Katastrophenfalls im Freistaat am vergangenen Freitag. Dennoch gelte es, "denjenigen Beifall zu klatschen, die dazu beigetragen haben, dass wir die Coronakrise im Landkreis so gut in den Griff bekommen haben". Ob Mitarbeiter im Klinikum, Landratsamt oder bei der Polizei, beim Roten Kreuz, dem Technischen Hilfswerk oder im privaten ehrenamtlichen Bereich, besonders zu Hochzeiten der Pandemiewelle. Auch wenn der Landkreis zunächst von dem Virus stark getroffen wurde, sei man "ziemlich bald zu einer ziemlich entspannten Lage zurückgekehrt". Der erreichte Stand sei "wirklich keine Selbstverständlichkeit". Petz stellte fest: "Die Strukturen haben wunderbar funktioniert."

Für eine mögliche zweite Welle gibt es einen Grundstock an Schutzmaterialien

Diepold lobte ein wahrgenommenes "Wir packen das"-Gefühl, obgleich Themen wie die Organisation von Schutzmaterial "für uns alle völlig unbekannt" gewesen seien. Zwei Wochen vor der Ausrufung des Katastrophenfalls am 16. März sei eine Koordinierungsgruppe gebildet worden, die jetzt, nach dessen Aufhebung, weiter arbeite. Für eine mögliche zweite Welle habe man einen Grundstock an Schutzmaterialien angelegt, etwa in der Menge von drei bis vier Schiffscontainern , um dieses Mal "ad hoc reagieren" zu können. Der Katastrophenfall werde zudem kritisch aufgearbeitet; Details dazu nannte Diepold nicht.

Engelhardt berichtete von einer kollegialen Zusammenarbeit zwischen sich gegenseitig schulenden Mitarbeitern des zwischenzeitlich personell aufgestockten Gesundheitsamts. Das Contact-Tracing-Team, das Kontaktpersonen ermitteln soll, arbeite ebenfalls weiter, um Infektionsketten früh zu unterbrechen - gerade jetzt, da die Ansteckungszahlen gering seien.

"Das Schleichende" in der Ausbreitung der Pandemie sei schwierig zu handhaben gewesen

Derzeit lägen noch zwei schwererkrankte Coronapatienten im Klinikum, einer davon beatmet, sagte Neumaier. Obgleich Katastrophenfälle im Klinikum trainiert würden, sei "das Schleichende" in der Ausbreitung der Pandemie "schwierig" zu handhaben gewesen. Es müsste nun kein Kontingent mehr freigehalten werden, allerdings seien über 100 Betten leer, denn manche reguläre Behandlung sei seitens der Patienten verschleppt worden.

Petz stellte, bei aller Vorsicht, klar: "Wir müssen schrittweise ins normale Leben zurückkehren." In diese neue Normalität sollten strukturelle Lernerfahrungen aus der Pandemie einfließen, etwa was den Umgang mit Homeoffice oder die Digitalisierung von Dienstleitungen anbelangt. Auch damit kritisierte Szenarien, wie jene um die Kfz-Zulassungsstelle, die wegen eines Corona-Falls zeitweise nicht besucht werden konnte ("Da haben wir improvisiert"), künftig ausbleiben.

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SZ vom 24.06.2020/lada
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