Süddeutsche Zeitung

Infektionswege:Corona kommt nicht mit dem Flieger

Laut Bayerischem Gesundheitsamt ist der Münchner Flughafen auf Infektionen gut vorbereitet - und hat Freising nicht zum Hotspot für das Virus gemacht.

Von Thilo Schröder, Freising

Jeweils um die 30 000 Flugbewegungen hat der Münchner Flughafen in den Monaten Januar und Februar 2020 verzeichnet, die meisten davon Passagierflüge. Das geht aus dem jüngsten Verkehrsbericht der Flughafen München GmbH hervor. Viel Umtrieb also an dem zentralen bayerischen Umschlagknoten. Und viele Möglichkeiten für ein Virus, sich auszubreiten, möchte man meinen. Nach den Ursachen für Freisings Status als "Corona-Hotspot" gefragt, erwähnen bekanntlich aber weder lokale Einsatzkräfte noch das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) den Münchner Flughafen. Warum nicht?

An den deutschen Flughäfen würden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um erkrankte Reisende zu identifizieren, teilt das LGL auf Nachfrage mit. "Der Flughafen München stellt nach unserer Einschätzung keinen wesentlichen Grund für die stärkere Ausbreitung in Freising dar." Zudem würden die gemeldeten Fälle stets dem Wohnort der Erkrankten zugeordnet, Flugreisende stammten aber ja nicht nur aus dem Landkreis Freising.

Das Amt konkretisiert: "Nach internationalem Gesundheitsrecht dürfen kranke oder ansteckungsverdächtige Personen nicht befördert werden. Auch Kontaktpersonen zu bestätigten Fällen dürfen bis zum Ablauf ihrer Quarantäne nicht fliegen." Sollte während eines Fluges also ein Passagier als infektionsverdächtig eingestuft werden oder sogar erkranken, sei der Pilot verpflichtet, dies dem Zielflughafen umgehend zu melden. Der Münchner Flughafen muss einen solchen Vorfall wiederum dem Medizinischen Dienst mitteilen.

Mit den Tests am Flughafen würden in der Regel alle Infizierten identifiziert, sagt das LGL

Dessen Mitarbeiter würden nach der Landung dann an Bord des Flugzeugs gehen und prüfen, ob Passagiere medizinische Hilfe benötigen oder ob es sich um einen möglichen Infektionsverdacht handeln könnte. Verdächtige würden zu zurückliegenden Reisen, insbesondere in Risikogebiete gemäß den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts, befragt. Sollte ein Verdacht "nicht ausgeschlossen werden" können, leite die Task Force Infektiologie Flughafen des LGL weitere Schritte in Absprache mit den Gesundheitsbehörden ein. Diese Task Force gebe es "schon einige Jahre", sie sei rund um die Uhr und jeden Tag erreichbar, so das LGL.

Informationsmaterialien zum Verhalten im Kontext von Covid-19 stünden "an allen Flughäfen in Deutschland" in verschiedenen Sprachen bereit, so das LGL weiter. "Die verschiedenen Bestimmungen und Maßnahmen führen nach Einschätzung der deutschen Gesundheitsbehörden in der Regel zu einer Identifikation von infizierten Passagieren. Lediglich symptomfreie Reisende oder Fluggäste, die vor Reiseantritt fiebersenkende Medikamente eingenommen haben, könnten hierdurch nicht ermittelt werden." Bei diesen Fluggästen wären aber auch Maßnahmen wie das aufwendige Fiebermessen bei allen einreisenden Passagieren wirkungslos, teilt das Amt mit.

Inzwischen sind die Fluggastzahlen in München massiv gesunken, zuletzt lagen sie nach Flughafen-Angaben bei weniger als zehn Prozent des Vorjahresniveaus. Es kommen jedoch Rückholflüge aus aller Welt an, es werden Waren umgeschlagen, bei strengen Kontakt- und Hygieneregeln, wie das Verkehrsministerium mitteilt. Ministerin Kerstin Schreyer assistierte dem Betreiber nach einem Besuch am Montag "umsichtiges und organisiertes" Handeln. Klar sei vor dem Hintergrund wichtiger medizinischer Lieferungen, so Flughafen-Geschäftsführer Jost Lammers, dass man den Flughafen "auf jeden Fall offenhalten" werde.

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Quelle:
SZ vom 08.04.2020/lada
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