Haushalt des Landkreises Freising:Denkwürdige Sitzung

Haushalt des Landkreises Freising: Eigentlich sollte der Kreisausschuss bereits im März den Haushaltsentwurf bestätigen. Jetzt musste das, bedingt durch die Coronakrise, ein Ferienausschuss richten.

Eigentlich sollte der Kreisausschuss bereits im März den Haushaltsentwurf bestätigen. Jetzt musste das, bedingt durch die Coronakrise, ein Ferienausschuss richten.

(Foto: Marco Einfeldt)

Wegen der Coronakrise beschließt erstmals in der Geschichte ein Ferienausschuss den Haushalt des Landkreises.

Von Peter Becker, Freising

Es war eine denkwürdige Sitzung, in welcher der Haushalt des Landkreises für das Jahr 2020 beschlossen wurde. Nicht etwa, weil der Inhalt so aufregend gewesen wäre. Den hatte Kämmerer Gerhard Six bereits im Februar vorgetragen. Damals hatte niemand ahnen können, dass dieselben Kreisräte, diesmal in Gestalt eines Ferienausschusses, den es in der Geschichte des Landkreises noch nie gegeben hat, den Haushaltsentwurf noch einmal bestätigen würden. Eigentlich hätte dies der Kreistag im März erledigen sollen. Dann kam Corona dazwischen.

So ein Ausschuss ist für Kreistage gar nicht vorgesehen. Gerade weil etwa die Sommerferien so lang und viele Menschen im Urlaub sind, gibt es in Ferienzeiten eigentlich nichts zu entscheiden. Doch in dieser langwierigen durch die Pandemie bedingten Krise gibt es eine Ausnahmeregelung, damit die Landkreise handlungsfähig bleiben. Und so kamen die von ihren Fraktionen in den alten Kreisausschuss abgeordneten Räte noch ein letztes Mal zusammen, der eine mit, der andere ohne Mundschutz. Vor Betreten des großen Sitzungssaals musste jeder seine gefalteten Hände ausstrecken, in die dann ein Schuss Desinfektionsmittels gekippt wurde.

Es gibt, so Hauner, keine Neuverschuldung, am Ende des Jahres seien Schulden auf elf Millionen Euro reduziert

Geplant war, dass der neue Kreistag den Haushalt bewilligen sollte. Als sich die Fraktionen auf dieses Vorgehen geeinigt hatten, lag die Ausnahmegenehmigung noch nicht vor. Außerdem, sagte Landrat Josef Hauner (CSU), sei es der ausdrückliche Wunsch seines Nachfolgers Helmut Petz gewesen, den Haushalt vor der Amtsübergabe zu verabschieden. Hauner lobte den Haushaltsentwurf als solide. Es gebe keine Neuverschuldung und am Ende des Jahres seien die Schulden auf elf Millionen Euro reduziert. Die finanziellen Auswirkungen der Coronakrise würden erst im neuen Jahr spürbar. Nötigenfalls könne der neue Kreistag im Herbst einen Nachtragshaushalt genehmigen.

Six hatte im Februar von einer weiter gestiegenen Umlagekraft des Landkreises berichtet. Sie kletterte im Vergleich zum Vorjahr von 261,75 auf 280,82 Millionen Euro. "Die Umlagekraft hat einen neuen Höhepunkt erreicht", stellte der Kämmerer fest. Schon vor der Coronakrise hatte sich Six in seinem Ausblick auf die nächsten Jahre eher pessimistisch geäußert. Irgendwann werde es keine Steigerung mehr geben, die zu Mehreinnahmen führe. Ob der Hebesatz der Kreisumlage von 47,9 Punkten zu halten sein wird, ist fraglich. Über diese Quelle nahm der Landkreis zuletzt 134,5 Millionen Euro von den Kommunen ein.

Haushalt des Landkreises Freising: Albert Schindlbeck (Linke) nennt den Kreishaushalt "Makulatur".

Albert Schindlbeck (Linke) nennt den Kreishaushalt "Makulatur".

(Foto: Marco Einfeldt)

Am Ende wurde der Haushalt mit einer Gegenstimme verabschiedet

Es war vereinbart worden, den Haushalt ohne die ansonsten üblichen Reden zu verabschieden. Albert Schindlbeck (Linke) konnte sich dennoch den Einwand nicht verkneifen, dass der Haushalt für ihn in der gegenwärtigen Situation "Makulatur" sei. Er komme sich vor wie in einem absurden Theaterstück. Schindlbeck stimmte als einziger gegen den Haushaltsentwurf, weil dieser seiner Ansicht nach das Wachstum im Landkreis befeuere. Die Zeche müssten die Geringverdiener zahlen, die sich die hohen Mieten nicht mehr leisten können. Schindlbeck bezieht sich dabei auf Posten, die für die Wirtschafts- und Tourismusförderung eingeplant sind.

Rainer Schneider (FW) wies darauf hin, dass es in der Sitzung des Ferienausschusses nur darum ginge, dass dem Landkreis "keine haushaltsfreie Zeit" entstehe. Es gehe jetzt nicht darum Wachstum zu fördern, sondern um den Erhalt von Arbeitsplätzen. "In 2021 kommt eine spannende und interessante Zeit", prognostizierte Schneider, in der sich gar mancher wehmütig an die Auffassungen zurück erinnern werde, die er heute vertrete. Johann Stegmair (CSU) ist froh darüber, dass der Landkreis seine Schulden in großem Umfang getilgt habe. Ihm sei um die Zukunft nicht bang. Anton Neumaier (SPD) stimmte dem Haushalt ebenso zu wie Toni Wollschläger. Der Fraktionssprecher der Grünen warnte aber davor, nicht in alte Verhaltensmuster zurückzufallen und Klima- und Umweltschutz dem Wohlstand zu opfern.

Die Alternative für Deutschland (AfD) hat indes vor der konstituierenden Sitzung des neuen Kreistag zwei Sparvorschläge parat. Ihr Fraktionsvorsitzender Franz Scholz erläutert dazu in einem Antrag, auf die Ernennung eines dritten Stellvertreters für den Landrat zu verzichten. Bisher habe es deren zwei gegeben. "Das reicht vollkommen." Die AfD forderte vor den mutmaßlichen Sparzwängen des Kreistags Petz auf, den Dienstwagen seines Vorgängers zu verkaufen.

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