Süddeutsche Zeitung

Corona-Krise:Freisinger Stadtrat beschließt Sofortmaßnahmen

Unternehmen und Haushalte, die von der Krise betroffen sind, können Zahlungen stunden lassen. Freisings OB Tobias Eschenbacher erwartet, dass die Gewerbesteuereinnahmen stark sinken.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Es war eine denkwürdige Sitzung des Freisinger Stadtrats am Donnerstagabend, eine, die sehr nachdenklich gemacht hat. Nicht nur die räumliche Veränderung trug dazu bei: Der Stadtrat mit seinen 40 Mitgliedern tagte diesmal nicht im Rathaus-Sitzungssaal, sondern in der sehr viel größeren Luitpoldhalle, um die vorgeschriebenen Sicherheitsabstände zueinander einhalten zu können. Zwei Stadträte trugen zusätzlich Atemmasken. Es wurde an diesem Abend auch klar, dass die Corona-Krise wohl massive Auswirkung auf die städtische Finanzlage haben wird, die jetzt noch gar nicht abzusehen sind. "Wir können wohl jetzt schon erahnen, dass sich die Gewerbesteuereinnahmen reduzieren werden ", sagte Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (Freisinger Mitte). Bei den nächsten Haushaltsberatungen im Herbst könne es deshalb sein, dass man einige Projekt hinterfragen müsse. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise treffen auch die Freisinger Unternehmen und Haushalte. Der Freisinger Stadtrat hat darum am Donnerstagabend die Tagesordnung erweitert und einige Sofortmaßnahmen auf den Weg gebracht, um Betroffene finanziell zu entlasten.

Für unmittelbar von der Krise Betroffene können von sofort an Zahlungen zinslos gestundet werden. Die Formulare sind als ausfüllbare PDF-Dateien im Bereich Rathaus Direkt hinterlegt. Dazu gehören Gebühren für geschlossene städtische Einrichtungen, insbesondere Kinderbetreuungseinrichtungen, Musikschule und ähnliches, Miet- und Pachtzahlungen sowie Gewerbesteuer aus Steuerveranlagungen. Für Gewerbesteuer-Vorauszahlungen ist das Finanzamt zuständig. Die Möglichkeit der vereinfachten Form der Antragstellung gilt bis zum 31. Dezember 2020. Außerdem wird es in diesem Jahr für von der Corona-Krise betroffene Mieter- und Pächter städtischer Liegenschaften grundsätzlich keine Kündigung wegen möglicher rückständiger Miet- und Pachtzahlungen geben. Geprüft wird außerdem, ob und wie Gebühren für geschlossene städtische Einrichtungen, insbesondere Kinderbetreuungseinrichtungen, für den Zeitraum der Schließung zurückerstattet werden können.

Der Freisinger Stadtrat hat am Donnerstag auf Empfehlung des Innenministeriums außerdem einen Ferienausschuss einberufen, der angesichts der ungewissen Lage im Notfall kurzfristig auch im April noch tagen kann, und zwar in der Besetzung des Finanzausschusses. Er soll mit den selben Befugnissen ausgestattet sein wie der gesamte Stadtrat, der bis zum 30. April nicht mehr zusammenkommt. Dann wird das alte Gremium offiziell verabschiedet. Die konstituierende Sitzung des neuen Stadtrats findet erst am 7. Mai statt.

Auch wenn die Lage derzeit mehr als ungewiss ist, kann die Stadt Freising sich jetzt nicht aus allen Bauprojekten zurückziehen, vor allem wenn die Ausschreibung der verschiedenen Arbeiten schon begonnen hat. "Das ist eine schwierige Geschichte", sagte Stadtdirektor Gerhard Koch auf eine entsprechende Anfrage von Grünen-Stadtrat Sebastian Habermeyer. "Es ist sehr schwer, eine laufende Ausschreibung aufzuheben, da muss man mit Regressforderungen rechnen", so Koch weiter. Und so wurde dann auch der Kostensteigerung in Höhe von zwei Millionen Euro für den Ausbau der Oberen Hauptstraße sowie Teile der Sackgasse und der Bahnhofstraße samt Öffnung der Stadtmoosach zugestimmt. Der günstigste Bieter hatte hier auf Anraten eines Fachanwalts ausgeschlossen werden müssen. Unter anderem auch, weil einige geforderte Unterlagen laut Verwaltung zum angebotenen Granitmaterial nicht fristgerecht eingereicht wurden und die Prüfzeugnisse fehlerhaft waren.

SPD-Stadtrat Peter Warlimont gab bei diesem Punkt zu bedenken, dass die Innenstadtsanierung ja eigentlich mehr ein Nice-to-Have-Projekt sei und man angesichts der großen Herausforderung, vor der die Stadt jetzt in der Corona-Krise stehe, überlegen solle, ob man nicht besser in Wohnungsbau und Klimaschutz investiere.

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SZ vom 28.03.2020
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