Süddeutsche Zeitung

Zirkusunternehmen kämpfen um die Existenz:Aus einer Krise in die nächste

Der in Freising gern gesehene "Circus Feraro" strauchelt durch unsichere Zeiten. Gerade erst nach zwei schweren Pandemiejahren erfolgreich zurückgekehrt, bereiten nun die hohen Energiekosten Sorgen. Doch eines gilt beständig: "Wir geben nicht auf."

Von Tobias Merk, Marzling

Das außergewöhnliche Leben im Zirkus war auch vor den Corona-bedingten Veranstaltungsabsagen, Abstandsgeboten und anderen gesetzlichen Einschränkungen nicht immer einfach. Doch die Folgen der Pandemie machten Zirkusunternehmen, wie dem in Freising bekannten "Circus Universal Feraro", ungleich schwerer zu schaffen. Teilweise ging es sogar um die Existenz. Als es nun in diesem Jahr nach zwei Jahren Corona-Pause endlich unter dem aussagekräftigen Motto "The Show Must Go On" richtig weiterging, stand folglich viel auf dem Spiel für die Zirkusfamilie Feraro.

Im Vorfeld der diesjährigen Tour, die Anfang April auch in Freising Station machte, hatte Zirkusdirektor Hermann Schmidt-Feraro der Freisinger SZ prognostiziert: "Wenn die geplanten Termine für diesen Sommer alle gut besucht sind und auch einige Auftritte im Winter hinzukommen, haben wir als Circus Feraro eine Chance, mit nur einem blauen Auge aus der Corona-Krise zu kommen". Über fehlendes Interesse im lauen Sommer konnte sich das Familienunternehmen, das seit mehr als zwei Jahrhunderten beziehungsweise sechs Generationen von Auftrittsort zu Auftrittsort umherzieht, dann auch keineswegs beklagen. Die Vorstellungen, die unter anderem auch in Garching, Neufahrn und Erding stattfanden, seien "erfreulich gut besucht gewesen", resümiert der zehnfache Familienvater Schmidt-Feraro.

Es müssen zusätzliche Kredite abbezahlt werden

Das war auch notwendig gewesen, denn es gilt, die durch die Pandemie notwendig gewordenen zusätzlichen Kredite zu bedienen. Man habe sicherlich "zu den Vergessenen während Corona" gehört, weshalb man im Sommer umso glücklicher gewesen sei, eine solch "große Wiedersehensfreude" zu erleben. Man sei "von vielen Seiten vermisst worden", sagt der Zirkusdirektor, der den Familienbetrieb seit bald vier Jahrzehnten leitet, deshalb nicht ohne Stolz. Doch scheint in diesen Zeiten ein Problem erstmal gelöst zu sein, steht gleich wieder ein neues vor der Zirkustür.

Die bereits vor dieser Saison immer stärker ins Gewicht fallenden Heizkosten sind für den Zirkus nur sehr schwer weiterhin tragbar, sollen die Manege und die Domizile der tierischen Attraktionen wohlig warm bleiben. So wisse man nicht, wie man die derzeitige Kostenexplosion beim benötigten Heizöl mit Blick auf die "Planungen der neuen Saison" einzuschätzen habe, sagt Hermann Schmidt-Feraro - und stellt fest: "Wie es in den nächsten Jahren weitergeht, ist derzeit nicht zu beantworten." Dabei müssten doch gerade jetzt zum Jahresende hin wichtige Entscheidungen für die nächste Zeit getroffen werden. Es gelte Reparaturen vorzunehmen, Anschaffungen zu diskutieren und vor allem die nächste Saison zu planen.

Feraro würde heuer gerne einen "Weihnachtszirkus" in Freising zeigen

Für die Weihnachtszeit ist man dabei mit der Stadt Freising in Gesprächen, um in der Luitpoldanlage erstmals auch einen "Weihnachtszirkus" zeigen zu können. Der Weihnachtsspaß biete sich schon deshalb an, weil man, wie in den früheren Jahren, erneut in Marzling ein Winterquartier haben werde. In den Vorjahren hatte man sich mit diesem Vorhaben an den Lockdowns die Zähne ausgebissen. "Wenn wir es jetzt so hinbekommen, wie es angedacht ist, können wir Freisings Zirkusfans dieses Mal auch die Weihnachtszeit versüßen", ist Schmidt-Feraro hoffnungsfroh, wobei er einschiebt, dass die Planungen wegen der hohen Heizkosten noch nicht abgeschlossen sind und leider auch eine nochmalige Absage der speziellen Vorführung samt Weihnachtsbasar, Glühwein und anderen Attraktionen möglich ist. Eines stellt er klar: "Die Zuschauer sollen weiterhin vertretbare Eintrittspreise haben."

Beim "Circus Universal Feraro" will man also aus einer "komplizierten Situation das Beste machen". Wobei die lebensfrohe Zirkusfamilie für die Unterstützung der vergangenen Jahre "unendlich dankbar" ist. Dem Wohlwollen zahlreicher Spender und Gönner sei es zu verdanken gewesen, dass man im Gegensatz zu manch anderem Zirkus nach wie vor Menschen mit den eigenen Darbietungen begeistern könne. Der Zirkus gibt nicht auf und bleibt damit auch seinen Ahnen treu. Denn schon Schmidt-Feraros Vater habe gewusst: "Nach sieben schlechteren Jahren, kommen auch wieder sieben bessere." Jetzt müsse man eben "kämpfen, kämpfen, kämpfen".

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