Künstliche Intelligenz:Schummelhilfe mit Tücken

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Freund Computer kann durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz bei Haus- und Seminararbeiten helfen, in Sekundenschnelle. (Foto: Florian Peljak)

Künstliche Intelligenz könnte das Lernen maßgeblich verändern. Das Programm Chat GPT schreibt Texte, beantwortet Fragen und übersetzt in verschiedene Sprachen. Auch in Freisinger Gymnasien und an der TUM wird über Möglichkeiten und Missbrauch breit diskutiert.

Von Ella Rendtorff, Freising

Ein Gedicht im Stil von Rilke, der Vortrag für die nächste Seminarsitzung, die Englisch-Hausaufgaben - all das schreibt sich seit November vergangenen Jahres wie von selbst. Nicht ganz: Das Aufrufen der Online-Plattform Open AI ist dazu nötig und eine Anweisung oder Frage, die man in das Textfeld des neuen Programms Chat GPT eintippt. Die richtige Antwort oder eben der gewünschte Vortrag, Aufsatz oder Essay erscheint dann innerhalb kürzester Zeit auf dem Bildschirm. Dahinter steckt Künstliche Intelligenz (KI), die in Zukunft die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine wegweisend beeinflussen kann.

Geplant als nicht-kommerzielles Forschungsprojekt, ist Chat GPT in der Softwarebranche seit der Veröffentlichung vor zwei Monaten sehr gefragt. Das hat unterschiedliche Folgen: Führende Tech-Konzerne wie Microsoft investieren, Lehrerverbände und Universitäten diskutieren darüber. Denn die Fähigkeiten der neuen KI bei der Textproduktion erfordern ein strukturelles Umdenken in der Lehre. In seiner Komplexität und Präzision ist der neue Bot bahnbrechend: Die Künstliche Intelligenz im Chat-Format ist in der Lage, beliebige Texte je nach Vorgabe zu generieren und an ein bestimmtes sprachliches oder geistiges Niveau anzupassen.

Ob Schüler-Gedicht oder Hausarbeit auf Studienniveau - alles ist möglich

Auch an der TU München (TUM) in Freising laufen die Auseinandersetzungen mit dem Programm Chat GPT bereits auf Hochtouren, teilt der stellvertretende Pressesprecher Klaus Becker mit. In der zentralen Abteilung für Didaktik-Weiterbildung, in der Lehrende für neue Entwicklungen sensibilisiert werden, war Chat GPT bereits Thema. Ob Gedicht-Analyse im Stil einer 16-jährigen Schülerin oder Hausarbeit auf Studienniveau, alles ist möglich. Eine Besonderheit ist dabei auch, dass die KI innerhalb eines Zeitfensters jeweils neue Formulierungen hervorbringt. Dass hinter den fertigen Texten also kein Mensch, sondern ein programmierter Computer steckt, ist so im Nachhinein nur schwer nachweisbar.

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Es drängt sich also die Frage auf, wie Universitäten und Schulen damit umgehen sollen, wenn jede abgegebene Arbeit vollständig oder zu Teilen KI-generiert sein könnte. "Wir sind uns der Sache bewusst", sagt Andrea Bliese, Schulleiterin des Camerloher-Gymnasiums in Freising. Die Schule befasse sich bereits mit dem Thema, allerdings warte man noch auf mehr Expertise, um langfristig einen adäquaten Umgang damit zu finden. Auch am Freisinger Dom-Gymnasium wird der neue Chat-Bot aktuell genau unter die Lupe genommen. Besonders was umfangreichere Leistungen wie die Seminararbeit in der Oberstufe betrifft, zeigt sich Schulleiter Manfred Röder besorgt: "Ich bin überzeugt, dass das die Prüfungsformen radikal verändern wird". Als Reaktion auf den Chat-Bot stehen nun Fortbildungen für Lehrkräfte ganz oben auf der Agenda.

Ziel sei es, so bekunden die Schulleitungen, über die neuen technischen Möglichkeiten aufzuklären und mit den Schülerinnen und Schülern darüber in Austausch zu treten. Auf die Frage, ob Chat GPT bereits aktiv für Hausaufgaben genutzt werde, gibt Andrea Bliese mit einem Lachen zu verstehen: "Da steckt man ja auf Lehrerseite nicht drinnen". Auszuschließen sei es nicht, dass Schülerinnen und Schüler an Freisinger Gymnasien bereits Gebrauch davon machten.

Aber nicht nur an Schulen, sondern auch in Studierenden-Kreisen haben sich die Möglichkeiten des Programms schnell herumgesprochen. Gerade jetzt in der Klausurenphase, in der viel Stoff auf wenig Zeit trifft, sei Künstliche Intelligenz als unterstützendes Tool von Vorteil. "Man kann Chat GPT als schnelle Gedankenstütze mit natürlicher Kommunikation benutzen. So als würde man den Tutor direkt etwas fragen", sagt ein Student der Bioinformatik, der namentlich nicht genannt werden möchte.

Darius Burschka, der als Experte für Künstliche Intelligenz und Robotik an der TUM forscht, sieht die aktuelle Entwicklung kritisch. Er warnt ausdrücklich vor den Lücken und Tücken, die das System hinter Chat GPT mit sich bringt. Im Endeffekt, so Burschka, sei der neue Bot nichts anderes als eine "assoziativ arbeitende Suchmaschine". Nur sei es hier nicht den Usern selbst überlassen, welche Quellen sie aufrufen.

Die Inhalte basieren nicht immer auf verlässlichen Daten

Problematisch werde es dann, wenn druckreife Texte ausgespuckt werden, in denen Informationen enthalten sind, die dann ungeprüft übernommen werden. Studierende müssten sich bewusst machen, dass die Inhalte, die das System wiedergibt, nicht immer auf verlässlichen Daten basieren. Um wirklich effektiv zu lernen und das Gelernte auch zu verstehen, sei Chat GPT nicht der richtige Weg, betont Burschka. Auch wenn die neue Software in vielen Bereichen ein praktisches Hilfsmittel sein mag, müsse man "wissen, wo das System hakt".

Aktuell hakt es bereits beim ersten Schritt: Seit mehreren Tagen ist die Webseite des Programms durch den hohen Datenverkehr überlastet, Anfragen an den Bot sind derzeit nicht möglich. Wer also für die anstehenden Hausaufgaben oder Studienleistungen auf Künstliche Intelligenz gesetzt hatte, muss sich gedulden. Auch wissenstechnisch hat der Bot übrigens noch einiges an Aktualität aufzuholen: Bislang sind die Datenbanken nur mit Material bis zum Jahr 2021 gefüttert. Schenkt man Chat GPT Glauben, sitzt im Kanzleramt nicht etwa Olaf Scholz, sondern Angela Merkel.

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