"Mit Ruhe und Gemütlichkeit". Wer kennt nicht die Geschichte des liebenswürdigen und gemächlichen Braunbären Balu, der sich des Menschenkindes Mogli annimmt und ein väterlicher Lehrmeister im Dschungel wird? Die beiden Protagonisten des britischen Autors Rudyard Kipling aus dem "Dschungelbuch" bieten sich wunderbar an, um die Bedeutsamkeit von Vorbildern im Leben von Heranwachsenden zu beschreiben. Das dachten sich wohl auch die Macher des gemeinnützigen Vereins "Balu und Du", der deutschlandweit in Zusammenarbeit mit der Universität Osnabrück und zahllosen lokalen Projektteilnehmern seit 2001 bemüht ist, soziale Entwicklungsnachteile für Kinder abzufedern und dabei vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) Unterstützung erhält.
In Freising ist die Stadtverwaltung mit dem "Treffpunkt Ehrenamt" seit 2017 Teil der Initiative und organisiert die Verknüpfung von jugendlichen Vorbildern mit Grundschulkindern. Die 17- bis 30-jährigen Mentoren des Programms werden dabei getreu des literarischen Vorbildes als "Balus" bezeichnet, während die teilnehmenden Kinder als "Moglis" Begleitung auf ihrem Weg finden. Die bei dem Projekt in Freising federführende Marita Hanold traf vor ein paar Jahren bei anderer Gelegenheit auf die Freisinger Gymnasiallehrerin Daniela Görlich-Kunert, wobei sie dieser von der Initiative berichtete. Die Lehrkraft war sofort "Feuer und Flamme", sagt sie, und ging davon aus, dass ihre Jugendlichen von einer solch lebensnahen Sensibilisierung in Pädagogik enorm profitieren könnten.
Schnell sollten dann auf Schülerseite Interessenten gefunden werden und so konnte mit Schuljahresbeginn die Vorbereitung aufgenommen werden. Hierbei lag der Fokus insbesondere im präventiven Bereich. "Es ist wichtig, die Projektteilnehmer für ihre besondere Verantwortung und potenzielle Probleme im Vorfeld zu sensibilisieren", erklärt Daniela Görlich-Kunert, die eigens ein Seminar eingerichtet hatte, das neben der Vorbereitungsphase die gesamte Projektzeit bis zum Ende des nächsten Kalenderjahres zusammenbleiben wird.
Es sei wichtig, den teilnehmenden Jugendlichen bei Problemstellungen als Ansprechpartner zur Seite zu stehen und die pädagogischen Entwicklungsschritte dieser professionell zu begleiten, erklärt die Lehrkraft weiter. Alle sogenannten "Balus" würden ein Online-Tagebuch führen und sich turnusmäßig alle zwei Wochen zu Reflexionen treffen. Nachdem mit der Paul-Gerhardt-Grundschule eine weitere Schule für das Vorhaben gewonnen war, wurde die Kooperation dann in diesem Monat feierlich begonnen. Auch deren Schulleitung war sofort davon überzeugt, "dass unsere Kinder einen großen Benefit haben werden." "Wir haben genau überlegt, zu welchem Kind das Projekt passen könnte und haben auch von den entsprechenden Eltern eine sehr positive Rückmeldungen erhalten, erklärt die leitende Lehrkraft Kerstin Brückner weiter.
Für ihre Entdeckungstouren bekommen "Balus" und "Moglis" ein kleines Taschengeld
Bei der Eröffnungsfeier am 10. November in der Paul-Gerhardt-Schule kam der große Moment und die jeweiligen "Moglis" wurden ihren neuen großen Freunden , also den "Balus", zugeordnet, wobei ein Bilderrätsel als Hilfsmittel für die Bildung der Tandems fungierte. Die künftigen Zweiergespanne treffen sich nun einmal pro Woche und erkunden Freising und seine Umgebung. Erfahrungsgemäß ergibt sich die passende Aktion bei den Treffen zumeist spontan. Hierfür erhalten die Tandems von dem Träger ein kleines Taschengeld in Höhe von monatlich zehn Euro, mit dem sie sich zumeist auf gemeinsame Entdeckungstouren begeben.
Hierzulande haben Kinder nicht immer gleiche Chancen. Der Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe in Vereinen oder anderen Freizeitaktivitäten wird keineswegs jedem Heranwachsenden in gleichem Maße gewährt. Der Bedarf für das Projekt war somit vorhanden, bestätigt die Lehrerin Daniela Görlich-Kunert. Die Grundschulkinder seien geradezu "euphorisch" gewesen.
Aber nicht nur Kinder in wichtigen Entwicklungsphasen würden von dem Projekt profitieren, auch die Jugendlichen des Gymnasiums würden von der neuen Kooperation große Mehrwerte erhalten, da diese sich teilweise mit unbekannten sozialen Schwierigkeiten konfrontiert sehen und sich dadurch in einer wichtigen "pädagogischen Verantwortungsposition" reflektieren können, erklärt Daniela Görlich-Kunert weiter. Der Blick auf die Erfahrungswerte aus fünf Jahren Projektbegleitung beim "Treffpunkt Ehrenamt" zeige, dass kommunikativer Austausch zumeist "viel wichtiger" sei als alles Materielle.