Freisinger Stadtentwicklung:Quartier der kurzen Wege

Freisinger Stadtentwicklung: Wenig einladend sieht es an manchen Stellen auf dem Bahnhofsgelände aus. Das soll sich mit einem Projekt, mit dem sich die Stadt Freising bei der Internationalen Bauausstellung (IBA) in München bewirbt, ändern.

Wenig einladend sieht es an manchen Stellen auf dem Bahnhofsgelände aus. Das soll sich mit einem Projekt, mit dem sich die Stadt Freising bei der Internationalen Bauausstellung (IBA) in München bewirbt, ändern.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Stadt Freising will das Areal rund um den Bahnhof zu einem Leuchtturmprojekt entwickeln. Mit einer Skizze bewirbt sie sich um eine Teilnahme an der IBA in München. Die Grünen im Planungsausschuss lehnen dies ab, weil es ihnen als zu teuer erscheint.

Von Peter Becker, Freising

"Ich bin jetzt völlig fassungslos", sagte Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (FSM) konsterniert. Mit allem hätte er gerechnet, aber nicht, dass die Grünen im Planungsausschuss des Stadtrats eine Beteiligung Freisings an der Internationalen Bauausstellung (IBA) in München ablehnen. Die Stadt sieht die IBA als entscheidenden Impuls an, das Bahnhofsareal als eines der letzten Entwicklungspotenziale im Zentrum zukunftsweisend zu entwickeln. Doch die Grünen sind angesichts der dramatischen Haushaltssituation gegen eine Beteiligung. Dies sei zu teuer argumentieren sie. Aber vergebens: Mehrheitlich fiel die Entscheidung im Ausschuss zu Gunsten einer Beteiligung an der IBA aus.

"Räume der Mobilität" lautet das Motto der Ausstellung in der Metropolregion München. Bewerben will sich die Stadt mit einer erstellten und vom Ausschuss zur Kenntnis genommenen Projektskizze bei der noch zu gründenden Gesellschaft der IBA. Im Januar 2022 hat der Planungsausschuss beschlossen, die Entwicklung des Bahnhofareals weiter voranzutreiben. Das Vorhaben erscheint bestens dafür geeignet, um an der Ausstellung teilzunehmen.

Zentrumsnah könnte rund um den Bahnhof ein neuer Stadtteil für etwa 1500 Bewohnerinnen und Bewohner entstehen. Das Gelände umfasst 25 Hektar und erstreckt sich auf der einen Seite der Gleise vom Seilerbrückl über den Park & Ride-Parkplatz bis zur Korbiniansbrücke und Luitpoldstraße. An der Stadt zugewandten Seite verläuft es entlang der Münchner Straße nicht ganz bis zum Bahnposten 15.

Zwischen Oktober 2022 und März 2023 gab es fünf Veranstaltungen, die sich mit der inhaltlichen Orientierung des Projekts befassten. Dem Bahnhofsareal soll in Zukunft eine wichtige Brückenfunktion als Ankunftsort für den öffentlichen Nahverkehr und verknüpfendes Element zwischen der Innenstadt und Lerchenfeld zukommen. Eschenbacher sieht die Chance, dass die Entwicklung des Bahnhofsareals zu einem "Leuchtturmprojekt" werden kann. Wichtige Eigentümer von Grundstücken, wie die Deutsche Bahn und Vertreter von Fachbehörden, seien auch mit im Boot.

Die "10-Minuten-Stadt"

Ende März gab es eine Abschlussveranstaltung, welche die Ergebnisse zusammenfasste. Diese sind jetzt komprimiert in der Projektbroschüre nachzulesen. Gegliedert ist sie in mehrere Schwerpunkte. Eines davon ist Nähe und Nachbarschaft. Es hat zum Inhalt, dass das "Zukunftsquartier" ein Ort mit hoher Lebensqualität sein soll - dezentral und zentral zugleich. Es ist als "10-Minutenstadt" konzipiert. Das heißt, dass alle Alltagsziele innerhalb einer kurzen Zeitspanne zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar sind.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Städtebau, der Baukultur und der Gestaltqualität. Das Quartier soll "ein kunstvoll gestalteter Ort der Begegnung mit hoher Aufenthaltsqualität sein. Es steht unter dem Motto "Mehr Platz statt Weg". Das Quartier soll Generationen verbinden und Identifikation für alle schaffen.

Freisinger Stadtentwicklung: Das Gelände umfasst 25 Hektar und erstreckt sich auf der einen Seite der Gleise vom Seilerbrückl über den Park & Ride-Parkplatz bis zur Korbinianbrücke und Luitpoldstraße.

Das Gelände umfasst 25 Hektar und erstreckt sich auf der einen Seite der Gleise vom Seilerbrückl über den Park & Ride-Parkplatz bis zur Korbinianbrücke und Luitpoldstraße.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die "Landschaft als konstituierendes Element" steht für Naherholung und Freizeitgestaltung. Es soll eine "Symbiose" zwischen Stadt und Landschaft entstehen, sie soll mit der "Wildnis" verschmelzen. Wobei man sich fragen kann, ob die Isarauen unbedingt als "wild" im Sinne von naturbelassener, ungezähmter Landschaft betrachtet werden können. Offenbar bedarf es solche blumiger Phrasen in Bewerbungsbroschüren. Jedenfalls soll diese Verschmelzung den Ort attraktiv für Naherholung machen und Voraussetzungen für sanften Tourismus schaffen.

Unter dem Motto "Gesund und multimodal unterwegs" wird das Modell der "10-Minutenstadt" noch einmal aufgegriffen. Eine neue, nutzerfreundliche Kultur des Unterwegsseins soll entstehen. Bewegung und gesunde Fortbewegung bestimmen die Alltagsmobilität auch in der Freizeit; nachhaltige Fortbewegungsmittel werden priorisiert.

"Jetzt ist der geeignete Zeitpunkt, die Reißleine zu ziehen."

In früheren Sitzungen des Planungsausschusses war die Fraktion der Grünen von dem Projekt durchaus angetan, unter der Voraussetzung, dass dort auch günstiger Wohnraum geschaffen wird. Doch Werner Habermeyer überraschte mit der Aussage: "Jetzt ist der geeignete Zeitpunkt, die Reißleine zu ziehen." Dabei meint er nicht das Projekt an sich. Der Grünen-Stadtrat argumentierte, dass sich die Stadt mit dem Projekt finanziell und auch von der Belastung für die Verwaltung her gesehen übernehme. Zudem sehe seine Fraktion keinen Fortschritt bei der Gestaltung des ehemaligen Bahnposten 15 mit seiner Unterführung als Anbindung von Lerchenfeld.

In ihrem jüngsten Antrag zur Konsolidierung des Freisinger Haushalts schlagen die Grünen ebenfalls den Verzicht auf eine Bewerbung zur IBA vor. Diese allein erfordere einen hohen personellen und finanziellen Aufwand. Die Grünen, so heißt es in dem Antrag "sehen enorme finanzielle Risiken bei den Vorschlägen aus den Workshops".

Andere Stadträte und Stadträtinnen im Planungsausschuss sind anderer Meinung. "Ein bisschen Wagemut braucht man", meint Karl-Heinz Freitag (FW). Er glaube, dass die IBA-Bewerbung der richtige Weg sei, zumal "alle Akteure an einem Tisch sitzen". Man könne auch an anderer Stelle sparen. Nicolaus-Pano Graßy signalisierte Zustimmung von Seiten der Linken, unter der Voraussetzung, dass dies kein Luxusprojekt werde.

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