Sweet Lemon aus Au:Getrennt und doch vereint

Sweet Lemon

Die Schwestern Sophie (links) und Lena Haslberger wollen sich musikalisch weiterentwickeln - fürs Erste getrennt voneinander.

(Foto: Sweet Lemon/Privat)

Mit zwölf Jahren haben die Schwestern Sophie und Lena Haslberger die Band "Sweet Lemon" gegründet. Dann kam der Break-Up. Jetzt will jede der beiden eigene musikalische Wege gehen.

Interview von Laura Dahmer

Sie haben in der vollen Muffathalle in München gespielt, auf dem Tollwood, und von der Süddeutschen Zeitung wurden sie 2016 mit dem Tassilo-Kulturpreis ausgezeichnet. Mit zwölf Jahren haben die Schwestern Sophie und Lena Haslberger die Band Sweet Lemon gegründet, Sophie am Mikrofon, Lena an der Gitarre. In Au haben sie, in einem kleinen Studio zwischen Hopfenfeldern, mit 15 Jahren ihr erstes Album aufgenommen. Seitdem hat sich viel getan. Die SZ hat mit ihnen über die vergangenen Jahre und ihre Musik gesprochen. Im Gespräch geben sich die beiden oft Recht, noch öfter aber widersprechen sie einander. Ende vergangenen Jahres hatten sich die Schwestern eine längere Pause voneinander genommen. Neben Sweet Lemon wollen sie sich in Zukunft vor allem einzeln weiterentwickeln.

SZ: Vor vier Jahren haben Sie beide den Tassilopreis der Süddeutschen Zeitung erhalten. Was haben Sie seitdem gemacht?

Sophie Haslberger: Öffentlich haben wir lange gar nicht viel gemacht. Klar, wir hatten Auftritte und haben Songs geschrieben und haben in der Zeit zwei Touren gespielt. Aber zwischen unserem ersten und dem zweiten Album lagen drei Jahre. Wir wollten uns Zeit damit lassen.

Lena Haslberger: Wir hatten zu krassen Perfektionismus. Das war ein Fehler, das würde ich so nicht mehr machen. Jetzt würde ich spontan drei Tage Studio buchen und schauen, was rauskommt.

Sophie: Echt? Ich würde es andersherum machen: Den Song fertig machen, so wie ich ihn haben will. Dann würde ich ins Studio gehen und ihn genau so aufnehmen.

Man merkt schon, Ihre Ansichten gehen auseinander. Tatsächlich wollen Sie Ihre musikalischen Wege auch erst mal trennen.

Sophie: Ja, letzten Herbst hatten wir unseren "Break-Up".

Lena: Direkt, nachdem unser Album erschienen ist. Die Wochen vorher war schon viel Spannung da. Danach haben wir uns krass gestritten, wegen einer Kleinigkeit - ich glaube, es war ein Instagram-Post. Wochenlang hatten wir keinen Kontakt.

Wie kam es zu diesem "Break-Up"?

Lena: Es hat sich über die Zeit zu viel Druck aufgebaut. Die Emotionen, die wir mit unserer Musik verbinden, der Albumstress, unsere Beziehung, die Erwartungen an uns und aneinander... Es dauerte eineinhalb Jahre von der ersten Demo bis zum Release des zweiten Albums.

Sophie: Eigentlich sollte so etwas in zwei Wochen durch sein, dann hat das Album auch ein Vorne und ein Hinten. Bei uns hat sich das ewig hingezogen, es gab viele Uneinigkeiten.

Und nach dem Knall haben Sie dann beschlossen, erst mal alleine weiterzumachen?

Sophie: Ich habe in der Zeit ein paar Songs geschrieben und aufgenommen. Es hat sich richtig entlastend angefühlt, mit niemandem absprechen zu müssen, wie ich was mache. Der Druck war plötzlich weg. Da dachte ich mir: Warum kann ich nicht alleine Musik machen?

Lena: Wir hören andere Musik. Sophie geht mehr in die Jazzrichtung, ich mag mehr Indie. Aber was wir musikalisch auf die Beine stellen, ist sehr ähnlich.

Sophie, Sie schütteln den Kopf?

Sophie: Die Songs wären vielleicht ähnlich, aber die Art und Weise, wie wir sie aufziehen würden, wäre eigentlich verschieden. Jede von uns hat im Kopf, wie der Song klingen soll, und das ist nicht immer gleich.

Lena: Ja, ich weiß noch, bei einem Song, es ging um ein kleines Instrumental, drei Töne - darüber haben wir drei Tage gestritten (lacht). Uns beiden war das Album wahnsinnig wichtig. Da waren eben auch Kleinigkeiten plötzlich wahnsinnig wichtig. Jede von uns wollte Recht haben.

Ist so etwas noch ein Streit unter Musikerinnen oder schon unter Schwestern?

Lena: Unter Schwestern, definitiv. Das Ding ist: Wir schenken uns ja nichts.

Sophie: Oh, das klingt böse.

Lena: Was ich meine: Bei Freunden ist man vielleicht nachsichtiger, steckt auch mal zurück. Unter Geschwistern macht man das nicht so schnell.

Bereuen Sie es, als Schwestern eine Band gegründet zu haben?

Lena: Nein, auf keinen Fall. Ich bereue nichts. Wir wären nicht die Personen, die wir jetzt sind, wenn wir nicht mit Zwölf eine Band gegründet hätten. Wir haben so viel gelernt, es war eine spannende Zeit, und das ist es immer noch.

Sophie: Ja, wir haben vieles zusammen erlebt, was wir sonst nicht erlebt hätten. Auf unserem Album haben zum Beispiel der Schlagzeuger und der Bassist von Amy Winehouse gespielt, sie haben in der Zeit auch bei uns zu Hause gewohnt.

Würden Sie sich trotzdem wünschen, dass irgendetwas anders gelaufen wäre?

Lena: Als wir 16 Jahre alt waren, hatten wir fast dieselben Songs wie jetzt. Das Lied "Stand Up and Dance" hat mittlerweile über 850 000 Klicks auf Spotify. Den haben wir geschrieben, als wir in der 10. Klasse waren. Hätten wir damals schon so viel Anerkennung bekommen, wäre vieles anders gelaufen.

Sophie: Das ist ja generell so ein Ding in der Musikszene, finde ich. Frauen müssen mehr Aufmerksamkeit bekommen. Plattformen machen nicht auf uns aufmerksam, bei Festivals bekommen wir die frühesten Slots und sind oft die einzigen Künstlerinnen. Wir hatten früher immer wieder Auftritte, bei denen kaum was los war. Uns hat die Bestätigung gefehlt, wir dachten, wir passen da einfach nicht rein. Dabei sind wir eine ernstzunehmende Band, wir können einen Abend füllen und auch mal als Letzte spielen.

Jetzt geht es aber erst mal alleine weiter. Was ist geplant?

Sophie: Tatsächlich schwer zu sagen, wegen Corona. Ich würde gerne Neues ausprobieren und wieder Konzerte geben, aber das geht erst mal nicht. Unser Ziel ist, jede für sich Musik zu machen, manchmal aber auch zusammen. Sweet Lemon soll es weiter geben. Vielleicht ist es auch leichter, Kompromisse zu finden, wenn man sonst sein eigenes Ding macht. Aktuell sind wir beim Musizieren wie zwei Magnete.

Lena: Wir müssen uns erst selbst finden, jede für sich. Zwischen 12 und 21 Jahren liegt viel Zeit, da passiert so viel. Wir haben beide immer wahnsinnig viel Wert darauf gelegt, was die andere von dem hält, was wir machen. Jetzt muss uns erst mal klar werden, was wir selbst wollen.

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