Der Angeklagte redet nicht lange um den heißen Brei herum. Er habe eine pädophile Neigung, gab er in seinem Prozess am Freisinger Amtsgericht unumwunden zu. Bei zwei Durchsuchungen an seinem Arbeitsplatz und in seiner Wohnung in Neufahrn fanden Ermittler auf diversen Datenträgern eine hohe fünfstellige Zahl von Bildern mit kinderpornographischen Inhalten sowie entsprechende Videos mit einer Laufzeit von 389 Stunden. "Ich bin erschüttert, wie viel das eigentlich ist", gab der Angeklagte bei seiner Befragung zu. Das Schöffengericht unter Vorsitz von Manfred Kastlmeier verurteilte den Mann zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. "Eine Bewährung wäre der Öffentlichkeit nicht vermittelbar", sagte der Richter.
Der Zufall wollte es, dass der 52-Jährige im Juli 2019 an seinem Arbeitsplatz zwei Speicherkarten verloren hatte. Ein als Zeuge geladener Polizist sagte, dass ein Kollege die Datenträger gefunden hatte und sehen wollte, was sich darauf befand - und dabei die Bilder entdeckte. Andere Aufnahmen zeigten den Betrieb und den Beschuldigten selbst. Der Kollege informierte den Chef, der den Angeklagten fristlos kündigte. Polizisten durchsuchten die Wohnung des Neufahrners und fanden auf den verschiedensten Datenträgern eine Unmenge an Videos und Bilder. Damit nicht genug: Ein paar Monate später erhielt die Erdinger Kriminalpolizei den Hinweis, dass der Beschuldigte Bilder kinderpornografischen Inhalts hochgeladen habe. Erneut fand eine Wohnungsdurchsuchung statt, bei der die Ermittler wieder eine Unzahl an Bildern und Videos sicherstellten.
Der Angeklagte hat sich bewusst von Schwimmbädern und Spielplätzen fern gehalten
Der Angeklagte sagte, er habe sich in Behandlung begeben wollen, aber keine Therapiestelle gefunden. So beschloss er, für sich selbst die "Reißleine zu ziehen". Er habe nun kein Internet und kein Tablet mehr, um nicht in Versuchung zu geraten, sagte er. "Mir ist es wichtig, dass ich nicht zum physischen Täter werde." Damit meint der Mann, dass er sich nicht selbst an einem Kind vergehen würde. Der als Zeuge geladene Polizist schilderte, dass sich der Beschuldigte bei der Wohnungsdurchsuchung kooperativ verhalten habe. Seine Neigung bestehe seit langem, habe er gesagt. Und er habe hinzugefügt, dass er nicht in Schwimmbäder oder auf Spielplätze gehe, um Kontakt zu Kindern zu vermeiden. "Das hat mir so auch noch keiner gesagt", gestand der Polizist verwundert.
Was Richter Kastlmeier jedoch besonders sauer aufstieß, war der der Umstand, dass der Angeklagte drei Jahre lang ins Land ziehen ließ, ohne zielstrebig nach einer Therapiemöglichkeit zu suchen. Das schlug sich später im Urteil des Schöffengerichts nieder. Schon die erste Hausdurchsuchung hätte ein Denkanstoß sein müssen, hielt er ihm vor. Stattdessen habe er mit einer selbstgestrickten Methode versucht, gegen seine Neigung anzukämpfen.
Der Angeklagte ist bereits mehrfach vorbestraft
Er reagiere nur auf Druck, hielt Kastlmeier dem Angeklagten vor. So habe er sich auch vor einer Untersuchung durch Landgerichtsarzt Hubert Näger drücken wollen. Dieser sagte, der Angeklagte habe einen Termin sausen lassen und sich erst gemeldet, als er die Ladung für die Verhandlung bekommen habe. Näger diagnostizierte bei ihm eine Störung der Sexualpräferenz, explizit eine Pädophilie. Diese sei aber nicht so ausgeprägt, dass seine Schuldeinsicht dadurch beeinträchtigt werde: "Er ist voll schuldfähig."
Das Schöffengericht verurteilte den Neufahrner schließlich zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Außer dem Umstand, dass die Taten schon zwei, drei Jahre zurückliegen, gab es für das Gericht wenig Strafmilderndes zu berücksichtigen. Das Geständnis wog nicht sehr schwer, weil Leugnen aufgrund der sichergestellten Dateien eh zwecklos gewesen wäre. Im Bundeszentralregister ist der Angeklagte mit 17 Einträgen vertreten, darunter befinden sich einschlägige Urteile. "Das Leben des Angeklagten ist von Delinquenz geprägt", stellte Kastlmeier fest.
Er sei Bewährungsversager und seine hohe Rückfallgeschwindigkeit ärgere ihn besonders. Obwohl seit Juli 2019 ein Verfahren anhängig gewesen sei, habe er wieder zu sammeln angefangen. Er brauche professionelle Hilfe. "Ohne geht es nicht", sagte der Richter zum Angeklagten und fügte hinzu: "Eine Prüfung von Bewährung kommt nicht in Frage." Und, auch wenn der Neufahrner "nur" Konsument war: Hinter jedem Bild und Video steckten auch immer Opfer.
