Selten kommt es vor, dass ein Angeklagter am Amtsgericht Freising in Handschellen und vorgeführt wird. Im Falle eines 24-Jährigen, der derzeit in der Justizvollzugsanstalt Landshut einsitzt, scheint diese Vorsicht gerechtfertigt. Er hatte sich zweimal mit Gewalt gegen polizeiliche Maßnahmen gewehrt und dabei Beamte verletzt. Nach einem langen Rechtsgespräch der Prozessbeteiligten ließ er über seinen Pflichtverteidiger ausrichten, er wolle die in Aussicht gestellte Haftstrafe zwischen mindestens zwei Jahre und drei Monaten bis zu höchstens drei Jahre nicht akzeptieren. Inwieweit er bei seiner Gegenwehr gegen die Polizei überhaupt schuldfähig war, soll jetzt Gerichtsmediziner Hubert Näger klären.
Der Beschuldigte sollte im Oktober 2022 wegen eines Suizidversuchs in der Taufkirchener Klinik unterkommen. Dabei war es zu einem Tumult gekommen. Der Mann hatte sich gegen seine Unterbringung gewehrt, Krankenpfleger und Polizisten bespuckt, beleidigt und Morddrohungen ausgestoßen. Eine Person nahm er in den Schwitzkasten. Zum Tatzeitpunkt stand er unter dem Einfluss von Alkohol und Marihuana.
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Im November 2022 war der Angeklagte mit einem Mitarbeiter des Moosburger Kulturvereins aneinandergeraten, der ihn offenbar des Geländes verwiesen hatte. Der Angeklagte und seine Begleiter brachten den Mann zu Fall und traten auf den am Boden liegenden ein. Anschließend ergriffen sie die Flucht.
Der dritte Vorfall ereignete sich an einer Bushaltestelle an der Mainburger Straße in Freising. Polizeibeamte hatten den Angeklagten bei der Übergabe von Marihuana beobachtet. Sie wollten ihn daraufhin kontrollieren. Der 24-Jährige widersetzte sich ein weiteres Mal heftig und stieß Beleidigungen aus.
Der Angeklagte hat einen sehr krankhaften Eindruck gemacht
Der Verteidiger des Angeklagten vermutet, dass sein Mandant zumindest bei dem Vorfall in Taufkirchen unter einer "Mischintoxination", bedingt durch den Genuss von Alkohol und Marihuana, gelitten habe. Zumindest hätten die Krankenpfleger berichtet, er habe einen "sehr krankhaften" Eindruck auf sie gemacht. Darum bedürfe es einer Beurteilung durch einen Sachverständigen, inwieweit die Schuldeinsicht des Angeklagten zum Tatzeitpunkt beeinträchtigt war.
Der Staatsanwalt war mit diesem Antrag einverstanden und riet, das Gutachten auf die Vorfälle in Moosburg und Freising auszuweiten. Das psychiatrische Gutachten soll klären, ob es sich bei dem Beschuldigten um eine vorübergehende oder dauerhafte Störung handelt. War er in der Lage, die Folgen seines Tuns einzusehen? Besteht bei ihm eine Neigung, Betäubungsmittel zu konsumieren und wie hoch ist die Chance, dass er weiterhin Straftaten begeht? Die Fragen sollen durch das Gutachten geklärt werden. Das Verfahren wurde ausgesetzt.