Prozess in Freising:Haftstrafe für rücksichtslosen Raser

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Richter Manfred Kastlmeier hat am Freisinger Amtsgericht einen Mann wegen fahrlässiger Tötung zu einer Haftstrafe verurteilt. (Foto: Marco Einfeldt)

Das Amtsgericht verurteilt einen 62-Jährigen zu eineinhalb Jahren Gefängnis. Der Angeklagte hat den Tod eines jungen Mannes verschuldet.

Von Peter Becker, Freising/Hohenkammer

Die Dauer eines Wimpernschlags kann mitunter über Leben und Tod entscheiden. So im Fall eines heute 62-jährigen Mannes aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, der ziemlich genau vor einem Jahr auf der Bundesstraße B 13 zwischen Niernsdorf und Hohenkammer mit seinem Auto zu einem unverantwortlichen Überholmanöver angesetzt hatte.

In dessen Folge kam es zu einem Frontalzusammenstoß mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Dessen Lenker, ein junger Mann, starb noch an der Unfallstelle. Richter Manfred Kastlmeier verurteilt am Dienstag den 62-jährigen wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren. Sein Führerschein wird ihm für die Dauer von zwei Jahren entzogen.

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Die Unfallstelle liegt an einem schlecht einsehbaren Streckenabschnitt der B 13. Sämtliche befragten Zeugen sagen aus, dass sie dort niemals auf den Gedanken kämen, zu überholen. Heute herrschen an der Unfallstelle eine Beschränkung der Geschwindigkeit auf 80 Stundenkilometer und ein Überholverbot. Das war vor einem Jahr noch nicht so. Kurz hinter Niernsdorf wurde damals die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 Stundenkilometer aufgehoben. Überholen war ebenfalls erlaubt.

0,8 Sekunden fehlen, dann wäre nichts passiert

Der Angeklagte selbst erinnert sich, dass er an dem Unglückstag ohne jede Hektik zur Arbeit gefahren sei. Er muss sich dann darüber geärgert haben, dass die drei vor ihm fahrenden Autos weiterhin mit Tempo 70 dahin zuckelten. Er setzte bei durch Kurven und Böschung eingeschränkter Sicht auf einer Strecke von gut 400 Metern zum Überholen an. Das ging zwei Mal gut. Der 62-Jährige fasste dann den verhängnisvollen Entschluss, auch den dritten Wagen, einen Pickup, zu überholen. Nur 0,8 Sekunden fehlten laut Berechnungen eines Sachverständigen, dann hätte er dies geschafft. Stattdessen kam es zu dem folgenschweren Zusammenstoß.

Der Angeklagte schildert in der Verhandlung seinen subjektiven Eindruck, der Pickup-Fahrer habe während des Überholvorgangs beschleunigt. Der Sachverständige widerlegt das. Auch der als Zeuge geladene Fahrer bestreitet dies. Er hätte sonst einen Zusammenstoß mit dem Unfallwagen nicht mehr verhindern können. Das Überholmanöver bezeichnet er als Unsinn, weil wenige hundert Meter später an der Abzweigung nach Petershausen eine Ampel käme, die oft auf Rot geschaltet sei.

Im Blut des Getöteten wurde zwar Alkohol festgestellt. Doch Richter Kastlmeier sagt in seiner Urteilsverkündung, dass dies bei dem Unfall keine Rolle gespielt habe. Trotz seiner Alkoholisierung habe das Unfallopfer die Lage erkannt, habe abgebremst und versucht, nach rechts auszuweichen. Zu spät. "Sie haben den Tod eines Menschen verursacht", stellt der Richter fest. Der gesunde Menschenverstand hätte es gebieten müssen, an dieser Stelle nicht zu überholen.

Laut des Sachverständigen wäre es möglich gewesen, hinter dem Pickup einzuscheren und so den Unfall zu vermeiden. "Dann hätten Sie noch ein gesundes Bein und der Mann lebte noch", sagt Kastlmeier. Der Unfallfahrer hatte sich zwei Lendenwirbel gebrochen. Seitdem ist sein linkes Bein gefühlstaub.

Der Angeklagte hat ein gewisses Maß an Gleichgültigkeit an den Tag gelegt

Richter Kastlmeier sieht auch den Tatbestand einer fahrlässigen Gefährdung des Straßenverkehrs erfüllt. Der Angeklagte habe rücksichtslos gehandelt, weil ihm die vor ihm fahrenden Autos zu langsam schienen. Es trete eine gewisse Gleichgültigkeit zu Tage. Wer so nach dem Motto "Es wird schon nichts passieren" handele, der lasse jeden Gedanken an Andere hinter sich.

Auch wenn der Angeklagte sagt, er würde gerne alles ungeschehen machen und werde sein Leben lang an dem Unfall zu knabbern haben: Er habe ein hohes Maß an Rücksichtslosigkeit gezeigt, sagt Richter Kastlmeier in seinem Urteil. Da sei es der Bevölkerung nicht zu vermitteln, wenn so ein Raser mit Bewährung davonkäme.

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