In arger Geldnot hat sich ein heute 36-jähriger Gelegenheitsarbeiter vor zwei Jahren befunden. Deshalb verfiel er auf die Idee, als Wohnungsinhaber aufzutreten. Er inserierte im Internet und kassierte von Interessierten jeweils eine Kaution, eine Ablöse für Einrichtungsgegenstände und in zwei Fällen die erste Mietrate. Die Menschen, welche in die Wohnung in Au einziehen wollten, fielen dann aus allen Wolken, als sie erfuhren, dass diese gar nicht dem Anbieter gehörte. Am Freisinger Amtsgericht verurteilte das Schöffengericht den Mann jetzt wegen gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren zur Bewährung. Ein Urteil, das den Vorsitzenden Richter Manfred Kastlmeier sichtlich schmerzte. Er hätte den einschlägig vorbestraften Betrüger am liebsten weggesperrt.
Ein Rechtsgespräch zwischen den Prozessbeteiligten dauerte etwa eine Stunde. Mit dem Ergebnis war Kastlmeier unzufrieden. Es wurde dem Angeklagten eine Freiheitsstrafe von maximal zwei Jahren zur Bewährung in Aussicht gestellt. Voraussetzung dafür waren ein Geständnis und die Bedingung, dass der 36-Jährige den Geschädigten noch im Gerichtssaal eine Anzahlung auf den von ihm verursachten Schaden leisten sollte. Das geschah, denn der Angeklagte hatte kurzfristig 1000 Euro zusammengekratzt, die sein Verteidiger an die Betroffenen auszahlte. „Das ist nicht meine Wunschlösung“, tat Kastlmeier nach dem Rechtsgespräch kund.
Insgesamt hat der Angeklagte einen Schaden von 18 990 Euro angerichtet, den er als eine der engmaschigen Bewährungsauflagen wiedergutmachen muss. Zu den Geschädigten gehört auch eine Frau aus Eggenfelden, die dem Mann 700 Euro in einem anderen Fall für ein Smartphone überwies, das er im Internet angeboten hatte. Das Geld war weg, auf das Telefon wartete die Frau vergebens.
Wie im falschen Film müssen sich dagegen die vermeintlichen Mieter der Wohnung in Au vorgekommen sein. Über eine Online-Plattform hatte der 36-Jährige seine Wohnung angeboten. Zwei Paare und ein einzelner Interessent hatten sich beworben. Das erste Paar hatte sich nach einer kurzen Besichtigung und Bedenkzeit dazu entschieden, die Wohnung zu mieten. Ein Mietvertrag war schnell unterschrieben. Dazu mussten Kaution, die Ablöse für einige Möbel und die erste Mietrate gezahlt werden.
Am Tag des geplanten Einzugs kam es dann zu grotesken Szenen. Eine Nachbarin hatte die eigentlichen Eigentümer der Wohnung informiert, dass ein Möbelwagen vor dem Haus stehe. Das Ehepaar eilte herbei. „Wir waren platt“, sagte die als Zeugin geladene Eigentümerin. Ihr Mieter hatte obendrein die Dreistigkeit besessen, die Küche, die den Wohnungseigentümern gehörte, zu verkaufen.
„Meine Freundin war fix und fertig“
Das erste Paar stand indessen ratlos vor dem Möbelwagen. Der als Zeuge geladene Mann sagte, „wir standen halbwegs auf der Straße“. Er hatte seine Wohnung gekündigt, beide zogen vorerst wieder bei ihren Eltern ein. Währenddessen stand schon das zweite Paar vor der Tür. Die beiden traf es noch schlimmer. Sie hatten ihre alte Wohnung gekündigt, konnten kurzfristig in eine der Eltern des Mannes einziehen. Der sagte als Zeuge, dass sie im Endeffekt nach Poing ziehen mussten, um ein geeignetes Zuhause zu finden. Durch den Umzug entstanden neue Kosten, welche das Ersparte letztlich aufzehrten und das Paar in finanzielle Schwierigkeiten brachte. „Meine Freundin war fix und fertig“, sagte der Zeuge.
Der Angeklagte beglich nach jeder Zeugenvernehmung eine Anzahlung an die Geschädigten: 100 Euro an die Frau, die das Telefon kaufen wollte, jeweils 300 Euro an die verhinderten Mieter. Offen bleibt der zusätzliche Schaden, der sowohl den Bewerbern für die Wohnung als auch den wahren Eigentümern entstand.
Der Angeklagte hat die Zwangslage der Wohnungssuchenden ausgenutzt
Richter Kastlmeier sagte, was der Angeklagte angestellt habe, sei eine „Riesensauerei“. Er habe angesichts der Wohnungsnot, die im Landkreis herrsche, die Zwangslage der Menschen ausgenutzt. Anschließend sei er abgetaucht und habe sich nicht mehr gemeldet. Der Angeklagte wohnt mittlerweile in Gablingen bei Augsburg. Auf das Geständnis des Angeklagten gibt Kastlmeier nicht viel. „Wir haben ja die Quittungen und Verträge.“ Die Entschuldigungen, die der 36-Jährige aussprach, seien letztlich „nur Worte“.
Schwerer wiegt nach Ansicht des Richters, dass der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt habe, um sich einen Nebenverdienst zu verschaffen. Die Geschädigten warten seit knapp zwei Jahren auf ihr Geld. Ob der bereits Verurteilte den Schaden jemals wiedergutmachen kann, bleibt abzuwarten. Als Bestandteil der Bewährungsauflagen bekam er jedenfalls mit, sich eine Arbeit zu suchen. Ansonsten müsse er gemeinnützige Aufgaben verrichten. Außerdem wird er für fünf Jahre einem Bewährungshelfer unterstellt. Das ist das Höchstmaß.
Kastlmeier bezeichnete die Entscheidung missvergnügt als „außergewöhnlich“. Er hätte den Angeklagten am liebsten ins Gefängnis geschickt. Doch es habe „gewichtige Stimmen“ gegeben, die ihm noch einmal eine Chance geben wollen, sagte er nach der Urteilsberatung mit seinen Schöffen. Schließlich hat der Mann eine fünfköpfige Familie zu versorgen.