Die Agenda 21 wurde 1992 bei der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro verabschiedet. Sie ist ein entwicklungs- und umweltpolitisches Aktionsprogramm mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit für das 21. Jahrhundert. In Freising fiel der Stadtratsbeschluss, auf lokaler Ebene die Agenda 21 umzusetzen, im Juli 1997 einstimmig. Danach gründeten sich schrittweise verschiedene Agenda-Gruppen – mittlerweile sind es neun. Die SZ Freising stellt diese in einer losen Serie vor. Heute: die Agenda-21-Gruppe „Bauen, Wohnen und Verkehr“.
Diese Agenda-Gruppe gibt es schon sehr lange: Bereits im Dezember 1997, nur wenige Monate nach dem Stadtratsbeschluss, auf lokaler Ebene die Agenda 21 umzusetzen, wurde sie von etwa 20 Bürgerinnen und Bürgern gegründet. Heute zählt sie etwa 15 Aktive, die auch die sechs bis sieben Sitzungen im Jahr besuchen. Insgesamt 72 Mitglieder stehen im Verteiler, berichtet Jürgen Maguhn, der neben Carmen Steinmeier die Agenda-Gruppe als Sprecher vertritt.
In der regen Gruppe finden sich neben engagierten Bürgerinnen und Bürgern Berufsgruppen, für die die Themen Bauen oder Verkehr relevant sind – Architekten beispielsweise, sagt Steinmeier. „Aber auch Personen, die ein Problem haben oder etwas anstoßen wollen – wie Radfahrer, die auf Gefahrenstellen hinweisen wollen.“ Durch die Förderung des Radverkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs mit sicheren, schnellen und komfortablen Verkehrswegen und mehr Alternativen zum eigenen Pkw – beispielsweise durch Carsharing oder das Lastenradverleihsystem – will die Agenda-Gruppe dann auch eins ihrer ganz großen Ziele, nämlich die Mobilitätswende, erreichen.
Der „Runde Radltisch“ hat sich bewährt
„Weiteres Ziel ist, einen bezahlbaren, umwelt- und klimafreundlichen Wohnbau zu schaffen, daneben wollen wir auch das Stadtgrün fördern, mehr kleine, grüne Oasen in Freising schaffen“, sagt Maguhn, der sich schon seit 2008 in der Agenda-Gruppe engagiert. In der Stadt werde die Gruppe gehört, „auch wenn wir manchmal nerven“. So sei auch der 2008 beantragte „Runde Radltisch“ genehmigt worden, der sich in den vergangenen Jahren bewährt habe und gut funktioniere, schildert Maguhn.
Es war auch diese Agenda-Gruppe, die gemeinsam mit der Agenda-Gruppe „Energie und Klima“ Unterschriften für eine Express-Busverbindung zwischen Weihenstephan und Garching sammelte – danach folgte der Antrag an den Stadtrat. Seit Oktober 2021 fährt der Expressbus X660 nun bereits. „Er ist gut ausgelastet, derzeit wird sogar diskutiert, ob er im Zehn-Minuten-Takt fahren soll“, berichtet Maguhn. „Das ist eine echte Erfolgsgeschichte.“
Der „Tiny Forest“ wurde abgelehnt
Davon gibt es aber noch mehr, denn auch der Antrag an die Stadt, die Freisinger beim Kauf von Lastenrädern mit bis zu 1000 Euro zu unterstützen, wurde genehmigt. „Bei der Umsetzung des gut nachgefragten Radförderprogramms haben wir dann die Stadt beraten“, sagt Maguhn. Nicht alle der Projekte aber finden Gehör, so wurde der Antrag, einen „Tiny Forest“, also einen Mini-Wald, in der Stadt für mehr Grün anzupflanzen, abgelehnt.
Genauso der Antrag, für die Stadt eine Zweckentfremdungsverbotssatzung zu erlassen. Die Gruppe habe den Wohnungsleerstand in Freising kartiert, sagt Maguhn. „Und da gibt es einige Häuser, die seit Jahren unbewohnt rumstehen.“ Mit einer Verbotssatzung könne man den Leerstand an Wohnungen in Freising minimieren, bezahlbaren Wohnraum und die Nutzung des Bestandes sichern – und eine Immobilienspekulation verhindern. „Die Stadt aber sagt, der Leerstand sei sehr viel geringer als von uns kartiert. So wird uns gegenüber argumentiert“, erklärt Maguhn. Der Stadt fehlten die Voraussetzungen für die Einführung der Verbotssatzung. „Wir bleiben aber hartnäckig“, sagt Maguhn.
Wanderausstellung zum Thema Baukultur
Mit dem Thema „Baukultur“ beschäftigt sich die Wanderausstellung „Preis Bauen im Bestand“, die die Agenda-Gruppen „Bauen, Wohnen und Verkehr“ und „Energie und Klima“ in Kooperation mit der Stadt nach Freising geholt haben. Sie gebe einen Überblick über den aktuellen Stand der Baukultur in den verschiedenen Regionen Bayerns und wolle damit für Baukultur und umweltrelevante Aspekte des Bauens im Bestand sensibilisieren, berichtet Maguhn. Die preisgekrönten Projekte werden auf 16 Schautafeln von 26. Juni an in der Volkshochschule Freising zu sehen sein.
Die „Critical Mass“ in Freising, die früher von der Agenda-Gruppe organisiert wurde, wurde zuletzt von einer Initiativgruppe reaktiviert – auch die Agenda-Gruppe „Bauen, Wohnen und Verkehr“ ist dort aktiv. Bei einer „Critical Mass“ treffen sich Radfahrerinnen und Radfahrer, um bei gemeinsamen Fahrten durch Innenstädte auf die Defizite im Straßenraum aufmerksam zu machen. Beim Thema Radfahren tue sich zwar etwas in der Stadt, sagt Steinmeier. „Aber das Rad hat noch nicht die gleiche Priorität wie das Auto, verkehrspolitisch müsste noch einiges geschehen. Wir sind noch nicht auf der Zielgeraden.“
Schutzstreifen für die Radfahrer
Positives zum Thema Radfahren gebe es aber auch zu berichten, sagt Maguhn. Bereits 2022 habe Stadtrat ein Maßnahmenpaket für den Radverkehr beschlossen. Diese zuvor mit dem Aktionsbündnis „Radentscheid Freising“ abgestimmten Maßnahmen wurden in einem Vertrag zusammengefasst. Ziel sei die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur. Die Agenda-Gruppe habe das Projekt „massiv unterstützt“ und bei dem Vertragsentwurf beraten. Die Karl-Wirt-Kreuzung sei mittlerweile dank eines Schutzstreifens für Radfahrer ungefährlicher geworden. Auch an der Kammergasse gebe es einen grünen Streifen für die Radler und an der Erdinger Straße werde es versuchsweise einen Fahrradschutzstreifen geben.
„In den vergangenen Jahren hat sich zwar schon etwas verbessert, aber wir sind noch lange nicht dort, wo wir sein wollen“, bilanziert Maguhn. Manchmal scheitere es am Geld – manchmal dagegen am politischen Willen.