Dritte Startbahn:Baurecht für die Ewigkeit

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Ginge es nach der FMG, würde wohl ewiges Baurecht für eine dritte Startbahn am Flughafen im Erdinger Moos herrschen. (Foto: Johannes Simon)

Die FMG möchte die Gültigkeit des Planfeststellungsbeschlusses zum Bau einer dritten Startbahn über 2026 hinaus verlängern lassen. Sie begründet das mit Baumaßnahmen. Der Landkreis Freising will politisch und juristisch dagegenhalten.

Von Peter Becker, Freising

Kommt die dritte Startbahn am Flughafen im Erdinger Moos oder kommt sie nicht? Diese Frage quält Menschen in der Region schon seit Jahrzehnten. Und wenn es nach der Flughafen München GmbH (FMG) geht, würde sie ihre Nachbarschaft gerne weiter im Ungewissen lassen. Denn wie Landtagsabgeordneter Benno Zierer (FW) auf Nachfrage beim bayerischen Finanzministerium erfuhr, hat die FMG beim Luftamt Süd den Antrag gestellt, die Gültigkeit des Planfeststellungsbeschlusses über das Jahr 2026 hinaus verlängern zu lassen. Sollte dies tatsächlich geschehen, will der Landkreis Freising gegen diese Entscheidung klagen. Das gab Landrat Helmut Petz (FW) am Montagnachmittag während einer Pressekonferenz bekannt.

Die Gültigkeit des Planfeststellungsbeschlusses wurde 2016 festgestellt, für zehn Jahre. Sie müsste also über 2026 hinaus verlängert werden. Landrat Petz, selbst Jurist, stellte klar, dass es nicht dem Willen des Gesetzgebers entspreche, von einem Planfeststellungsbeschluss zeitlich unbegrenzt Gebrauch zu machen. Praktisch „bis zum St. Nimmerleinstag“, interpretierte dies Zierer. Derzeit verhindern das im Koalitionsvertrag zwischen CSU und FW ausgehandelte Moratorium sowie der Ausgang des Bürgerentscheids 2012 die Umsetzung der Flughafenerweiterung. Damals sprach sich die Münchner Bürgerschaft gegen den Bau der dritten Startbahn aus und die Stadt als einer der Gesellschafter des Flughafens fühlt sich nach wie vor an dieses Votum gebunden.

Das politische Umfeld könnte sich künftig ändern und die FMG dann von ihrem ewigen Baurecht Gebrauch machen. Das gelte es zu verhindern, da sind sich Petz und Zierer einig. Beide sind überzeugt, dass das „Zombie-Projekt“, wie es der Landtagsabgeordnete nannte, endlich beerdigt gehört. Mit Anstand, wie es Petz im Wahlkampf versprochen hatte. Der Landrat glaubt, dass die Aussichten dafür gut stehen. Politisch sei die dritte Startbahn in einer Welt, die zunehmend von Extremwetterereignissen geplagt wird, „tot“.

Auch rechtlich ist eine dritte Startbahn nach Ansicht von Petz überholt. Einerseits ließ er keinen Zweifel daran, dass die Planfeststellungsbehörde seinerzeit sauber gearbeitet habe. Doch die Zahlen rechtfertigten die Flughafenerweiterung nicht mehr. Für das Jahr 2020 waren 535 000 Flugbewegungen prognostiziert worden, aktuell sind es 302 000. Selbst vor Corona lagen die Zahlen weit unter dem Prognosewert. Ein Antrag auf Verlängerung des Planfeststellungsbeschlusses habe deshalb wohl kaum Aussicht auf Erfolg, sagte Petz.

Die FMG habe aus diesem Grund wohl einen anderen Weg eingeschlagen. Aufgrund des Moratoriums und des Bürgerentscheids ist es ihr untersagt, irgendwelche Bautätigkeiten, die im Kontext der dritten Startbahn stehen könnten, auszuführen. Tatsächlich ist die Verlängerung des S-Bahntunnels nach Osten hin aber bereits abgeschlossen. Ebenso wie der Ausbau einiger Straßen im Umfeld des Flughafens und die Erweiterung des Vorfeldes Ost. Die FMG argumentiert deshalb, dass der Planfeststellungsbeschluss über den 4. März 2026 hinaus gültig sei, weil mit diesen Projekten bereits mit dessen Umsetzung begonnen worden sei.

Das Ende der dritten Startbahn könnte eingeläutet sein

Nach Ansicht von Petz und Zierer steht dies im Widerspruch zu einer Aussage der bayerischen Staatsregierung. Diese hatte den Bau des S-Bahn-Tunnels und die Straßenerschließung damit begründet, dass sie in keinem Zusammenhang mit dem Planfeststellungsbeschluss stünden. Sie hätten also mit dem Bau einer dritten Startbahn nichts zu tun. „Jetzt will die FMG genau das Gegenteil feststellen lassen“, sagte Petz. „Das können wir nicht hinnehmen.“ Denn entweder habe die FMG recht, dann habe der Freistaat gegen den Bürgerentscheid und das Moratorium verstoßen. Oder die beiden Baumaßnahmen hätten tatsächlich nichts mit dem Bau einer dritten Startbahn zu tun. Dann ticke die Uhr für den Planfeststellungsbeschluss, der in der Konsequenz seine Gültigkeit am 4. März 2026 verlieren würde.

Zierer sagte, er habe sich „furchtbar geärgert“, als er die Antwort aus dem Finanzministerium erhalten habe. Jetzt sehen er und Petz endlich die Möglichkeit, das Ende der dritten Startbahn einzuläuten. Nun gilt es, den Bescheid des Luftfahrtamts Süd abzuwarten und die Betroffenheit des Landkreises feststellen zu lassen. Dann müsste noch der Kreisausschuss oder der Kreistag den Landrat beauftragen, eine Klage gegen die Verlängerung der Gültigkeit des Planfeststellungsbeschlusses einzuleiten. „Wir werden wachsam sein und keine Frist versäumen“, versprach Zierer.

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