Amtsgericht Freising:Mann soll Hund getreten haben

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Einen Cockerspaniel wie diesen soll der Angeklagte wiederholt getreten haben. Der Mann streitet das ab, nennt sein Tier aber einen "ADHS-Hund". (Foto: Keith Birmingham/dpa/bildfunk)

Ein vermeintlicher Tierquäler steht vor Gericht. Das Verfahren wird zwar eingestellt, doch im Gegenzug muss der Mann 70 Stunden Sozialarbeit ableisten.

Von Peter Becker, Freising/Moosburg

"Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt", schreibt Friedrich Schiller in seinem Drama Wilhelm Tell. Genau so sieht sich ein 35-jähriger Moosburger: als Opfer eines Streits in seinem Wohngebiet, der ihn als Angeklagte vor Gericht gebracht hat. "Alles Lüge", sagte er zu dem Vorwurf, er habe im vergangenen Jahr seinen Cocker Spaniel bei drei verschiedenen Gelegenheiten beim Gassigehen getreten. Da der Hund laut tierärztlichem Gutachten keine bleibenden Schäden davon getragen hat, stellte Richter Manfred Kastlmeier das Verfahren am Freisinger Amtsgericht wegen Geringfügigkeit einstweilen ein. Als Auflage bekam der derzeit arbeitslose Angeklagte mit auf den Weg, 70 Sozialstunden bei der Stadt Moosburg ableisten zu müssen.

"Ich habe den Hund nicht getreten", sagte der Beschuldigte gleich zu Beginn der Verhandlung. Weitschweifig holte er dann aus, dass er sich im Dezember des vergangenen Jahres in einer Ausnahmesituation befunden habe. Seine Frau hatte zu Hause ein Kind auf die Welt gebracht und war mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus gefahren worden. Beim Neugeborenen habe die Atmung versagt und es sei auf die Intensivstation gekommen. Wegen Corona waren Besuche in der Klinik schwierig. Der Mann musste sich obendrein um seine ältere Tochter kümmern. Um sie abzulenken, war er zweimal am Tag mit ihr und dem Hund beim Gassigehen. Nur abends war er mit dem Tier allein unterwegs. Bei diesen Gelegenheiten wollen Personen beobachtet haben, dass er den Hund getreten habe.

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Akribisch las der Mann aus seinen seitenlangen Notizen vor, warum er zu den genannten Zeitpunkten seinen Hund gar nicht getreten haben konnte. Zudem hielt er zahlreiche Fotografien bereit, um zu dokumentieren, wie er den Tag verbracht hatte. Die Quintessenz seiner Schilderungen war, dass die Nachbarschaft die Streitereien auf den Hund projiziert habe. Jeder habe zu den Auseinandersetzungen beigetragen. Richter Kastlmeier musste den Angeklagten ob seiner langatmigen Ausführungen immer wieder ermahnen, doch auf den Punkt zu kommen.

Der Spaniel hat eine Abneigung gegen andere Rüden

Der Hund, um den es in der Verhandlung ging, leide unter ADHS, sagte der 35-Jährige, "er reagiert auf alle Reize". Er belle deshalb Personen, Autos, Fahrräder und andere Hunde an. Sein Cocker Spaniel sei zwar sowohl in der Welpen- als auch in der Hundeschule gewesen. Von letzterer rühre jedoch wohl seine Abneigung gegen Rüden her. Denn in der Hundeschule sei er mit größeren Hunden zusammen gewesen, die ihn ständig "niedergedrückt" hätten.

An dieser Stelle unterbrach Richter Kastlmeier die Verhandlung und bat den Verteidiger und den Staatsanwalt zu einem Rechtsgespräch. Das Resultat nach kurzer Besprechung: Das Verfahren wurde eingestellt. "Die größte Strafe aber ist", fügte Richter Kastlmeier hinzu, "dass Sie ihr ganzes Leben mit der Nachbarschaft zu leben haben".

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