Der Wohnungsmarkt in Freising und in Teilen des Landkreises ist nicht nur angespannt - er ist überhitzt. Spürbar wird das gerade für Suchende, die nicht zu den Vorzeigemietern zählen. Auch Menschen mit psychischen Erkrankungen gehören zu diesem Personenkreis.
"Die haben derzeit nahezu keine Chance, etwas auf dem freien Wohnungsmarkt zu finden", sagt Kristina Kluge, die den Sozialpsychiatrischen Dienst der Caritas Freising leitet. Ähnlich sei es bei den Sozialwohnungen, dort betrage die Wartezeit mehrere Jahre. Für ihre Klienten sei es sehr schwierig, auf dem Wohnungsmarkt Fuß zu fassen.
Vermieter haben das Recht der freien Auswahl
Helmuth Walter, stellvertretender Leiter des "Anton Henneka Hauses" in Gelbersdorf, einer stationären Einrichtung der Wohnungslosenhilfe, spricht sogar von einer "dramatischen Situation". Der Markt sei dicht. "Selbst wenn wir einen Patienten für geeignet halten, unser Haus zu verlassen, hat er nahezu keine Chance, eine Wohnung zu finden", schildert Walter. "Als Mensch mit psychischem Handicap steht man in der Reihe ganz weit hinten an." Der Vermieter habe eben das Recht der freien Auswahl seiner Mieter.
18 Plätze gibt es im "Anton Henneka Haus" in der Abteilung für Menschen, die psychisch erkrankt sind oder unter Alkoholsucht leiden. Diese Abteilung sei überbelegt, mit der maximal möglichen Anzahl an Patienten, schildert Walter. In vielen Fällen verlängere man den Aufenthalt der Patienten in der Einrichtung um ein weiteres Jahr. Oder man versuche, sie an den Ambulanten Fachdienst Wohnen Freising zu vermitteln - "falls dort ein Platz frei ist." "Wenn wir aber übervoll sind, können wir niemanden mehr aufnehmen." Was dann mit diesen Menschen passiert, wo diese unterkommen, wisse er nicht.
Die Erkrankung macht sich oft im Auftreten bemerkbar
Nur selten könne er einen stabilisierten Patienten in eine eigene Wohnung vermitteln. Erfolgserlebnisse habe er in jüngster Zeit nur mit Rentnern gehabt, die bereit waren, in die neuen Bundesländer umzuziehen. Dort gebe es noch günstige Wohnungen, "aber das kann es doch auch nicht sein, ist das wirklich die Lösung?", fragt Walter. Das Wohnungsproblem werde auch in der Beratungsstelle der Caritas zu einem immer wichtigeren Thema, bestätigt Kristina Kluge. "Bei einer psychischen Vorerkrankung gibt es fast immer große Probleme bei der Wohnungssuche."
Ihre Klienten seien für Vermieter keine "attraktiven Mieter", nicht nur wegen der Erkrankung, die sich oft, beispielsweise im Auftreten, bemerkbar mache. Viele hätten, wenn überhaupt, nur eine Teilzeitstelle. "Die zumeist sehr lange Suche aber belastet wiederum unsere Klienten", schildert Kluge. Oftmals spitze sich deren psychische Belastung zu. Immer öfter beobachte sie, dass ihre Klienten in Notunterkünfte oder in eigentlich "nicht angemessenen Wohnraum" ziehen müssen.
Kluge erzählt von einer jungen Frau, die nach der Trennung von ihrem Partner auszog und - da sie keine eigene Wohnung fand - bei Freunden Unterschlupf fand. Nach einiger Zeit verschlechterte sich ihr psychischer Zustand.
Wohnungslosigkeit ist laut Studie häufig mit psychischer Erkrankung gekoppelt
In der sogenannten Seewolf-Studie wurde der psychische und körperliche Gesundheitszustand wohnungsloser Menschen im Großraum München untersucht. Befragt wurden für die Untersuchung, die von 2010 bis 2012 lief und die bisher größte dieser Art in Deutschland ist, 232 Personen. Wohnungslosigkeit sei tatsächlich häufig mit einer psychischen Erkrankung gekoppelt, sagt Gerd Reifferscheid, Mitinitiator der Studie. Über 65 Prozent der Befragten wiesen bereits vor ihrer Wohnungslosigkeit behandlungsbedürftige psychische Störungen auf. Ziel der Befragung sei unter anderem gewesen, Angebote machen zu können, um Betroffene zu integrieren, ohne sie zu überfordern. Beim Thema Wohnen scheitere das aber häufig bereits an einem Mangel an Wohnraum.