Süddeutsche Zeitung

Flughafenausbau:Das Leben muss weitergehen

CSU-Kandidat Rudi Schwaiger hält an seinem Plan B fest und vertraut auf das Wort des Ministerpräsidenten

Peter Becker

NeufahrnNotfalls will der Oberbürgermeister-Kandidat der CSU, Rudi Schwaiger, bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen, um den Bau einer dritten Startbahn zu verhindern. Das kündigte er bei einem politischen Frühstück zum Thema Flughafen an. Der Applaus der spärlich erschienenen Startbahngegner blieb dennoch aus. Das lag daran, dass Schwaiger an seinem "Plan B" festhält. Dieser beinhaltet Verhandlungen mit den Flughafenbetreibern und der Staatsregierung, um diesen im Vorfeld einer juristischen Entscheidung zum Bau einer dritten Startbahn möglichst viele Zugeständnisse abzuringen. Für Hartmut Binner, Sprecher des Aktionsbündnisses "Aufgemuckt", bedeutet dieser Plan B aber nichts anderes als "ein Aufweichen des Widerstands".

Er habe schon befürchtet, dass überhaupt niemand von den Startbahngegnern kommen würde, gestand Schwaiger. Er gab zu, er habe das Thema Flughafen in seinem Wahlkampf eigentlich ausklammern wollen. In dem Wissen, "der Prellbock für die Landespartei zu sein. Ich krieg immer das Fett ab". Er denke aber auch weiter, "weil ich nicht populistisch bin", fuhr Schwaiger fort. Das Leben in Freising müsse unabhängig von der dritten Startbahn weitergehen. Im Übrigen stellte er fest: "Ich trage zwar das Label der Partei, habe aber eine differenzierte Meinung."

Populismus warf er hingegen einigen seiner Kontrahenten vor. Diese sagten zwar, man dürfe mit den Befürwortern einer dritten Startbahn nicht reden, würden aber trotzdem im Hintergrund Verhandlungen führen. Schwaiger bekannte sich auch zum umstrittenen Regionalmarketing "Airfolgsregion". Dies sei ein Weg, den Flughafenbetreibern Geld zu entlocken. "Als Ausgleich für die Belastungen", stellte Schwaiger klar. "Das ist keine Bestechung", wies er Vorwürfe seiner Mitbewerber zurück.

Schwaiger versteht seinen "Plan B" als weitsichtige Vorsichtsmaßnahme, für den Fall, dass die Gerichte zugunsten der Startbahn-Befürworter entscheiden. "Die werden dann versuchen, uns abzuspeisen." Das will Binner nicht gelten lassen. "Ein Plan B wäre ein Kompromiss", sagte er. Den gebe es aber nicht. Für ihn zähle nur der Verzicht auf die dritte Startbahn. Im Vorfeld vor den gerichtlichen Entscheidungen keine Verhandlungen mit den Flughafenbetreibern zu führen, bedeute für ihn keinen juristischen Nachteil. Dagegen sende ein "Plan B" das Signal aus, man habe schon verloren. "Das kommt in der Bevölkerung so an", bekräftigte Binner. Der Sprecher des Aktionsbündnisses warf Schwaiger vor, mit seiner Strategie die Leute erreichen zu wollen, die für den Flughafenausbau sind oder diesem gleichgültig gegenüberstehen. "Das wird Sie den Kragen kosten", prophezeite Binner Schwaiger einen negativen Ausgang der Oberbürgermeister-Wahl.

Einig waren sich Startbahngegner und Schwaiger darin, dass die Gerichtsverfahren den Bau einer dritten Startbahn lange hinausziehen könnten. "Vor der Landtagswahl rollen keine Bagger", stellte etwa Christian Franck vom Aktionsbündnis fest. Und Horst Seehofer habe ja zugesichert, erst die Urteile zur Flughafenerweiterung abwarten zu wollen. Möglicherweise gebe es sogar ein neues Planfeststellungsverfahren. Unter Umständen gingen darüber so viele Jahre ins Land, dass Seehofer zu dem Schluss käme, eine dritte Startbahn lohne sich wirtschaftlich nicht mehr. "Was passiert aber, wenn die CSU ihr Wort bricht?", wollte Franck wissen. Ob Schwaiger dann der Partei den Rücken kehre. "Ich wäre enttäuscht", antwortete Schwaiger, "aber nicht von der Partei, sondern von den Menschen, die ihr Wort gebrochen haben."

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SZ vom 08.02.2012
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