In einem Klagebündnis haben Stadt und Landkreis Freising, die Gemeinde Berglern und fünf private Grundeigentümer am Mittwoch beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Klage gegen den sogenannten Ewigkeitsbescheid des Luftamts Südbayern erhoben. Nahezu zeitgleich teilte der Bund Naturschutz mit, dass er ebenfalls Klage eingereicht habe. Vor einigen Wochen war in einem „feststellenden Verwaltungsakt“ ein dauerhaftes Baurecht für eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen München zementiert worden.
Zum Entsetzen – wenn auch nicht zur Überraschung – der Startbahngegner in der Flughafenregion hatte das bei der Regierung von Oberbayern angesiedelte Luftamt Ende September auf Antrag der Flughafenbetreiberin FMG festgestellt, dass der seit 2015 nach einem Gerichtsentscheid rechtskräftige Planfeststellungsbeschluss auf unbestimmte Zeit fortgelte. Mit Datum vom 4. März 2016 hatte es für die Baugenehmigung eigentlich eine gesetzliche Verjährungsfrist von zehn Jahren gegeben. Als Begründung für deren Aufhebung führte die Behörde an, dass die FMG innerhalb der Frist bereits mit Maßnahmen begonnen habe, die im Kontext der dritten Startbahn stünden. Als Beispiel wurde unter anderem der Bau des S-Bahn-Tunnels für den Erdinger Ringschluss genannt.
Die Startbahngegner indes widersprechen. Der Ringschluss sei unabhängig von der Startbahn seit Jahrzehnten geplant gewesen. „Seit 40 Jahren wird über den Bau des Erdinger Ringschlusses berichtet. Jetzt zu sagen, man habe das nur wegen der dritten Startbahn geplant, ist abwegig“, so Christian Magerl, Sprecher der Bürgerinitiative „Aufgemuckt“. Der Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher verwies im Gespräch mit der SZ auf Widersprüche, die auch der Freisinger Landrat Helmut Petz schon mehrmals vorgebracht hat: Die Regierung habe in der Vergangenheit auf Anfrage sogar bestritten, dass der Bau des S-Bahn-Tunnels und der Ausbau des Straßennetzes etwas mit dem Bau einer dritten Startbahn zu tun hätten.
Neben diesem Aspekt rügt das Klagebündnis dem Landratsamt zufolge außerdem, dass das Luftamt in dem Verfahren grundlegende rechtsstaatliche Standards missachtet habe. So bestehe die Verfahrensakte des Luftamts nur aus dem Antrag der FMG und dem Bescheid des Luftamts. Offenbar gebe es nicht einmal eine Eingangsbestätigung für den Antrag. Eine Überprüfung, ob es zutrifft, dass mit der Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses angeblich bereits begonnen worden sei, habe nicht stattgefunden. Auch habe es keine Beteiligung der von einer dritten Startbahn Betroffenen gegeben.

Landrat Helmut Petz, der vom Freisinger Kreistag Ende Oktober lediglich gegen die beiden Stimmen der AfD beauftragt worden war, in diesem Fall sämtliche juristischen Schritte auszuschöpfen, geht es aber auch um den Inhalt. Zwar würden die Klagen schwierige Rechtsfragen aufwerfen, räumt er ein. Doch anders als bei den früheren Klagen gegen den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss wisse man jetzt, „dass wir die dritte Start- und Landebahn definitiv nicht brauchen“, so Petz. Statt der für das Jahr 2020 prognostizierten 535 000 Flugbewegungen seien es 2019, im Jahr vor Corona, gerade einmal 413 000 und im Jahr 2023 sogar nur 302 000 Starts und Landungen gewesen. Für die von dem Projekt ausgehenden Beeinträchtigungen gebe es deshalb schlicht keine Rechtfertigung. Er sei zuversichtlich, „dass wir eine realistische Chance haben, die dritte Start- und Landebahn mit den angestrebten Gerichtsentscheidungen endlich zu beerdigen. Diese Chance wollen wir nutzen.“
„Ein fachlich und politisch skandalöser Vorgang“
Die stellvertretende Landesbeauftragte des BN, Christine Margraf, spricht mit Blick auf die Entscheidung des Luftamts von einem „fachlich und politisch skandalösen Vorgang“ und kritisiert ebenfalls den völligen Ausschluss der Öffentlichkeit und sogar der unmittelbar von dem Projekt Betroffenen. Der BN habe als Besitzer eines von der dritten Startbahn betroffenen Grundstücks Einsicht in den Antrag verlangt, so Margraf. Das sei vom Luftamt komplett ignoriert worden.
Dies und die fachliche Begründung der Entscheidung halte der Bund Naturschutz für rechtswidrig, so Margraf – zumal es weniger denn je einen Bedarf für diese für Klima, Natur und Menschen schädliche Start- und Landebahn gebe. Mit der nun eingereichten Klage gegen den Bescheid strebe der BN eine rechtliche Überprüfung und Aufhebung dieser Ewigkeits-Feststellung an.
Das Klagebündnis hat Rechtsanwalt Remo Klinger aus der Berliner Kanzlei Geulen & Klinger mit der Prozessvertretung beauftragt. Die Klage des BN wird die Fachanwältin für Verwaltungsrecht Ursula Philipp-Gerlach von der Kanzlei PNT Partner vertreten.