Flughafen-Prozess:Artenvielfalt in Gefahr

Bund Naturschutz warnt vor der Zerstörung eines bedeutsamen Vogelschutzgebiets durch die dritte Startbahn

Von Johann Kirchberger

Großer Brachvogel

Der Große Brachvogel fühlt sich innerhalb des Flughafengeländes wohl, viele andere Vogelarten im Erdinger Moos eher nicht.

Um viele seltene Vogelarten ging es am Donnerstag im Prozess um den Bau der dritten Startbahn vor dem Verwaltungsgerichtshof. Dabei war unbestritten, dass es sich beim nördlichen Erdinger Moos um eines der bedeutendsten Vogelschutzgebiete in Bayern handelt, einem europäischen FFH-Gebiet (Flora, Fauna, Habitat). Die Frage war nur, ob das trotz oder wegen des Flughafens so ist.

Die Artenschutzbeauftragte des Bund Naturschutz (BN), Christine Margraf, stellte gleich zu Beginn die Bedeutung des Vogelschutzgebiets heraus und rügte die "systematische Unterschlagung" von Vogelarten im Planfeststellungsbeschluss. So seien nur 40 von 155 Arten dokumentiert worden. Die Artenvielfalt im Erdinger Moos erklärte Margraf mit der erhaltenen "riesigen Niedermoorkette" und den angrenzenden Isarauen. Es seien kaum größere Siedlungen vorhanden, man könne von einer "halboffenen Kulturlandschaft" sprechen. Noch gebe es Feuchtwiesen, der Grundwasserstand sei hoch, es gebe Bäche, Gräben und Kiesabbauflächen, die landwirtschaftliche Nutzung sei nicht so hoch. Viele dieser Bereiche aber seien durch den geplanten Bau der dritten Startbahn gefährdet, sie drohten zerstört und den Vögeln der Lebensraum genommen zu werden.

Neun besonders betroffene Vogelarten nannte Margraf im Detail: Wachtelkönig, Wiesenpieper, Kiebitz, Kuckuck, Dorngrasmücke, Feldschwierl, Sumpfrohrsänger, Wiesenschafstelze und Rohrschwierl, die hier zum Teil ihre größten Brutstätten in Bayern hätten. Sie würden teilweise im Planfeststellungsbeschluss nicht aufgeführt oder ihre Bedeutung heruntergespielt. Das Erdinger Moos, sagte Margraf, sei für viele Vogelarten von zentraler Bedeutung im Netz der bayerischen Vogelschutzgebiete, nicht nur für den Großen Brachvogel. Der allerdings wird seitens der Flughafen GmbH (FMG) immer wieder angeführt und gezählt. 48 Brutpaare waren es im Frühjahr, die innerhalb des Flughafenzauns gesehen wurden, weshalb die Flughafenwiesen neben der Nordbahn von der FMG als besonders wertvoll für die Vogelwelt eingestuft werden. Freising BN-Kreisvorsitzender Christian Magerl sah das anders. Lediglich Brachvogel und Goldammer fühlten sich hier wohl, sagte er, die anderen Vogelarten ließen sich vornehmlich außerhalb des Zauns nieder. Der Wiesenpieper zum Beispiel, wie Margraf sagte, "der mag den Flughafen gar nicht".

Die Vertreter von FMG und Freistaat wiesen die Vorwürfe zurück. Die Auswahl der aufgeführten Vogelarten sei keineswegs "willkürlich" erfolgt, wie behauptet, sondern strikt nach ornithologischen Gesichtspunkten. Einige der von Margraf genannten Arten seien entsprechend den Vogelschutzrichtlinien keine "Erhaltungsziele", wie etwa Kuckuck oder Wiesenpieper, gleichwohl seien sie behandelt, erfasst und bewertet worden, da es sich um geschützte Vogelarten handle. Und immer wieder führten die FMG-Vertreter an, dass der Brachvogel nur innerhalb des Zauns eine Überlebenschance habe, weil er nur dort vor Fressfeinden und Störungen geschützt sei.

Magerl warf der FMG vor, die Rückgänge der Vogelpopulation, die schon jetzt feststellbar seien und durch die dritte Startbahn noch verstärkt würden, zu verschleiern und die Zahlen "zu schönen". Es gelte den Artenschwund zu stoppen, sagte er, einige Brutvögel, wie der Raubwürger seien bereits komplett verschwunden.

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