Nächtliche Starts und Landungen sind seit Eröffnung des Flughafens im Erdinger Moos für viele Anwohner ein Ärgernis, weil sie in ihrem Schlaf gestört werden. Nun gibt es einen neuen Vorstoß, Flugbewegungen zwischen 22 Uhr und Mitternacht sowie zwischen 5 und 6 Uhr morgens zu reduzieren. Ein entsprechender Antrag der Bundesvereinigung gegen Fluglärm fand in der Sitzung der Fluglärmkommission in Freising, der Vertreter von Kommunen, Behörden und des Flughafenbetreibers angehören, mehrheitlich Unterstützung.
Ob sich die Situation wirklich verbessern wird, bleibt fraglich. Denn eine rechtliche Handhabe haben die Anrainerkommunen nicht, sie sind auf ein Entgegenkommen der Flughafen München GmbH (FMG) und der Regierung angewiesen. Und Josef Schwendner, FMG-Generalbevollmächtigter, stellte klar, dass er für Änderungen keinerlei Möglichkeiten sehe.
Die Bundesvereinigung setzt sich dafür ein, die bestehende Regelung bis Anfang 2028 anzupassen und Flugbewegungen in den Nachtrandzeiten auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Die medizinischen Erkenntnisse über die gesundheitlichen Auswirkungen von nächtlichem Lärm hätten sich in den vergangenen Jahren verändert. Er sehe „erheblichen Handlungsbedarf“, sagte der Vorsitzende des Bürgervereins Freising, Wolfgang Herrmann, der den Antrag in der Sitzung vorbrachte.
Ein Gutachten sieht erhebliche Gesundheitsgefahren
Er stützt sich unter anderem auf das Gutachten „Aktualisierung der Evaluierung der Forschungsergebnisse zur Wirkung von Fluglärm auf den Menschen“ aus dem Jahr 2023, das der Fluglärmschutzverein Rhein-Main in Auftrag gegeben hatte. Demnach erhöht Fluglärm bei Anwohnern das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, insbesondere für einen tödlichen Verlauf. Außerdem steige durch die Lärmbelästigung die Gefahr von Schlafstörungen und Depressionen.
2024 gab es am Flughafen München nachts im Durchschnitt 65 Flugbewegungen, das geht aus dem Nachtflugjahresbericht der FMG hervor. Das ist zwar weniger als vor der Pandemie, 2018 zählte man im Schnitt 78 Flüge. 2008, als die Zahl der Flugbewegungen mit 432 000 ihren bisherigen Höchststand erreicht hatte, waren es allerdings nur um die 50. Zum Vergleich: 2024 registrierte die FMG 327 000 Starts und Landungen.

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In den Randzeiten, bis 23.30 Uhr und von 5 bis 6 Uhr, sind pro Nacht bis zu 28 planmäßige Flugbewegungen zulässig. Diese sollten, so die Forderung der Bundesvereinigung gegen Fluglärm, ebenso gestrichen werden wie späte Landungen auf der Homebase zu Wartungszwecken und bisher mögliche Flüge von Maschinen, die einen gewissen Einzelschallpegel nicht überschreiten. Verspätete Starts und Landungen sollten künftig nur bis 23 Uhr möglich sein. Bisher ist das bis 24 Uhr der Fall.
Für Änderungen sieht die FMG allerdings keinen Spielraum, machte Schwendner deutlich. Der Bedarf sei „uneingeschränkt vorhanden“. Die Flüge seien wegen der Zeitverschiebung im asiatischen Raum notwendig und ein zentrales Element für die Wirtschaft in Bayern. Die 25 Jahre alte Regelung hat sich nach Meinung der FMG bewährt.
Dass manchmal doch etwas geht, zeigte Thomas Enghofer, der die Gemeinde Kranzberg vertritt, an einem Beispiel: Ein Flug nach Abu Dhabi, der bisher um 22.30 Uhr gestartet sei, wurde vorverlegt. Die Flughafenanrainer sind, wollen sie weitere Verbesserungen erreichen, auf die Kompromissbereitschaft der Flughafenbetreiber angewiesen. Die Betriebserlaubnis lässt sogar noch mehr Flüge zu. Das Kontingent sei „bei Weitem nicht ausgeschöpft“, auch darauf verwies Schwendner. 2024 waren es 55 Prozent. Erst wenn es „Richtung 80“ gehe, werde man Maßnahmen ergreifen.
Positiv-Beispiele gibt es auch
Der Antrag hat deshalb eher den Charakter eines Appells. Es gehe nicht um eine rechtliche Beanstandung, sondern um eine Aufforderung, „im Interesse der Bevölkerung darüber nachzudenken“, betonte der Freisinger Landrat Helmut Petz und versuchte, der Diskussion die Schärfe zu nehmen. „Die Regierung von Oberbayern kann auch korrigieren, wenn die Abwägung vernünftig erscheint.“
Deutlicher wird hier Wolfgang Herrmann. Andere Flughäfen versuchen Nachtflüge durch höhere Gebühren unattraktiver zu machen, auch das geht aus dem Antrag der Bundesvereinigung hervor. München aber mache aus Flügen in nächtlichen Randzeiten ein „Geschäftsmodell“, kritisiert er im Gespräch mit der SZ, mit vergleichsweise niedrigen Entgelten. Ernsthafte Bestrebungen, diese zu erhöhen, sieht er bisher nicht.
Nach Auskunft der FMG ist im Hinblick auf Nachtflüge demnächst eine Evaluierung vorgesehen, das Ergebnis soll 2027 vorliegen. An dem Antrag hielten die Anrainerkommunen dennoch fest. Für ihn sei das ein politisches Thema, sagte der Freisinger OB Tobias Eschenbacher (Freisinger Mitte). „Wir wollen eine pragmatische Lösung, die für die Zukunft funktioniert. Dann hätten wir den einen oder anderen Moment des Aufwachens weniger.“

