Im Fall der gekündigten Betriebsrätin Neli B. zeichnet sich keine Einigung ab. Die Firma Eurotrade, eine Tochter der Flughafen München GmbH (FMG), hält an der fristlosen Kündigung fest. Bei der Güteverhandlung am Arbeitsgericht München gab es am Montagnachmittag keine Annäherung. Nun werden wohl die Arbeitsrichter über die Kündigungsschutzklage entscheiden. Rechtsanwalt Rüdiger Helm rechnet mit einem Termin Ende Januar. Für ihn ist das Vorgehen der Firma Eurotrade ein „Skandal“, die vorgebrachten Argumente seien nicht schlüssig, kritisiert er.
Neli B. wird offenkundig vorgeworfen, E-Mails von ihrer dienstlichen an ihre private E-Mail-Adresse geschickt und damit gegen die Datenschutzverordnung verstoßen zu haben. Eine solche gebe es in dem Unternehmen seines Wissens aber gar nicht, sagt Helm. Als Informant habe der Arbeitgeber bei der Güteverhandlung ein Betriebsratsmitglied angeführt, als Quelle den Account des Betriebsrats.
Diese Argumentation ist für den Anwalt nicht nachvollziehbar. Wie sollte ein Betriebsratsmitglied einsehen können, was über dienstliche E-Mail-Accounts verschickt wird?, fragt er. Für ihn hat das den Charakter einer „kühnen Schutzbehauptung“, wie der Arbeitgeber an die Informationen gekommen sein will. Und auch Verdi-Gewerkschaftssekretär Dominik Datz sagt: „Das wollen wir technisch erklärt haben.“ Offenbar sei illegal auf die E-Mail-Adresse der Betriebsrätin zugegriffen worden. Den eigenen Verstoß gegen den Datenschutz spiele der Arbeitgeber dabei herunter.
Die Eurotrade will sich in der Sache nicht äußern. „Da wir uns weiterhin in einem laufenden Verfahren befinden, können wir leider keine Stellung nehmen“, teilt die Pressestelle der FMG kurz und knapp mit.
Die Solidarität mit Neli B. ist weiterhin groß. Vor der Güteverhandlung am Arbeitsgericht, die mit 35 Minuten relativ lang dauerte, bekundeten etwa 100 Unterstützerinnen und Unterstützer, dass sie hinter der gekündigten Betriebsrätin stehen. Datz wirft der Firma Eurotrade vor, sich mit konstruierten Vorwürfen einer engagierten und unbequemen Kollegin entledigen zu wollen. Verdi fordert den FMG-Aufsichtsratschef, Bayerns Finanzminister Albert Füracker, auf, „schnellstens den Datenschutzskandal“ aufzuklären.
Der Betriebsrat verweigert seinem Mitglied die Unterstützung
Neli B. engagiert sich seit vielen Jahren im Betriebsrat. Zuletzt gehörte sie der Verdi-Verhandlungskommission bei den Tarifrunden für den bayerischen Einzelhandel an und sie kandidierte für den FMG-Aufsichtsrat. Kurz vor der Wahl erhielt sie dann die fristlose Kündigung, zunächst ohne Angabe von Gründen.
Sehr ungewöhnlich ist die Rolle des Betriebsrats in dem Verfahren. Hätte er einer Kündigung seines Mitglieds widersprochen, hätte Neli B. bis zu einem Gerichtsurteil in jedem Fall weiterarbeiten können. Doch die Mehrheit des Betriebsrats „ist auf Arbeitgeber-Seite“, sagt Gewerkschaftssekretär Datz.
Gegen die Betriebsratswahl, die Mitte Mai stattfand, läuft derzeit ebenfalls ein Verfahren – eben weil sich der Arbeitgeber im Vorfeld eingemischt haben soll. Etwa 50 Beschäftigte haben deshalb beantragt, die Nichtigkeit der Wahl festzustellen. Sie werfen dem Arbeitgeber vor, die Neutralitätspflicht verletzt zu haben. Leiharbeitnehmer hätten von ihrer Firma aus Berlin eine Mitteilung erhalten, welche Liste sie wählen sollten, schildert Rüdiger Helm. Der Anstoß dazu könne nur von der Eurotrade gekommen sein.