Flüchtlinge im Mittelmeer:Retter auf hoher See

Sebastian Keller berichtet im St. Georg-Haus von seiner Arbeit bei der Flüchtlingsorganisation "Sea Eye"

Schon als kleiner Junge war Sebastian Keller mit dem Wasser vertraut. Ob mit einem selbst gebauten Boot auf dem Starnberger See, oder später durch seine Tätigkeit als Feuerwehrmann in Moosburg. Trotz seiner jahrelangen Erfahrung stellte ihn ein zweiwöchiger Einsatz als Seenotretter von Flüchtlingen auf die Probe, wie er am Montagabend im St.-Georg-Haus erzählte.

Zufällig sei er eines Tages auf die Webseite der Hilfsorganisation "Sea Eye" gestoßen, die 2015 mit dem Ziel gegründet wurde, schiffbrüchige Flüchtlinge auf ihrer Flucht nach Europa zu retten. "Sea Eye" hatte sich dafür zwei Hochsee-Fischkutter aus DDR-Zeiten besorgt und diese für ihre Anforderungen umgerüstet, wie Keller berichtete. Zur Unterstützung ihrer Missionen suche die Organisation auf ihrer Internetseite stets nach Freiwilligen mit nützlichen Kenntnissen, woraufhin sich Sebastian Keller mit Mitgliedern der Regensburger Organisation traf und von da an als Skipper dabei war.

Am 20. Mai 2017 war es für Sebastian Keller schließlich soweit, als er sich auf der "Sea Eye" im Hafen von Valletta einfand, um von der Hauptstadt Maltas aus in Richtung Libyen zu starten. Zunächst wurde die neue Crew vom vorherigen Team in die wichtigsten Handgriffe auf dem Schiff eingeweiht. Dann ging es aufs Meer, um unmittelbar vor dem libyschen Hoheitsgebiet nach Flüchtlingsbooten Ausschau zu halten und diese mit Schwimmwesten und Wasser zu unterstützen. Ausdrücklich betonte Keller, die Ziele der Hilfsorganisation bestünden nicht darin, Flüchtlinge nach Europa zu bringen. Dies sei die Aufgabe anderer. Dem Team von "Sea Eye" gehe es vorrangig darum, Schiffbrüchige und Verletzte auf dem Meer zu verpflegen, Wasser und Schwimmwesten zu verteilen und Notrufe an die Seenotrettungsstelle in Rom zu setzten. Dabei halte man sich an das internationale Seerecht.

"Oftmals gibt es den Vorwurf, wir wären ein Zugfaktor für die Schlepper in Nordafrika, weil die dann wüssten, dass auf dem Meer Helfer wie wir warten", schilderte Keller. Das sei seiner Meinung aber Unsinn, da Schlepper die Flüchtlinge so oder so aufs Meer schicken würden.

Vier Flüchtlingsboote habe die Crew schließlich gefunden. Ganze zwölf Flüchtlingsboote seien an diesem Tag unterwegs gewesen, wovon jedes mit über 100 Menschen besetzt gewesen sei. Die Situation sei sehr gefährlich für die Flüchtlinge, erklärte Keller. "Die haben ja gar nichts dabei". Drei der Frauen seien zudem schwanger gewesen, und eine der Frauen habe epileptische Anfälle erlitten.

Während der zwei Wochen habe das Schiff der Crew immer wieder Probleme gemacht und die Arbeit im Schichtdienst sei alles andere als entspannt gewesen. Dennoch kann sich Sebastian Keller gut vorstellen, auch in Zukunft wieder für "Sea Eye" unterwegs zu sein. Dann aber eher auf einem Beobachtungsboot.

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