Firmen und Asylbewerber:An der Realität vorbei

Wer Flüchtlinge als willkommene "Human Ressource", als menschlichen Rohstoff, ansieht, sieht nur die ökonomische Seite

Von Gerhard Wilhelm

Die Euphorie bei den Konzernen über Flüchtlinge war 2015 groß. "Im besten Fall kann das eine Grundlage für das nächste deutsche Wirtschaftswunder werden", sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche damals. Tatsache ist, dass die Flüchtlinge aus allen Schichten kommen. Die Angst vor Misshandlungen, dem Tod, aber auch die Hoffnung, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, sich selbst ernähren zu können, steckt in jedem Menschen. Doch oft lasten die Erwartungen eines ganzes Dorfes auf einem Flüchtling: dass er es besser haben und später die Zurückgebliebenen unterstützen werde.

Wer Flüchtlinge als willkommene "Human Ressource", als menschlichen Rohstoff, ansieht, sieht nur die ökonomische Seite. Die Realität zeigt, dass vorher die Lösung der humanitären Frage stehen muss. Ehe die Neuen zur Chance für die Firmen werden können, müssen sie auf die für sie oft sehr befremdliche westliche Welt vorbereitet werden. Dazu gehören Deutschkenntnisse, die über ein einfaches Verständnis von Ja, Nein und Guten Tag und ein paar Zahlen hinaus gehen. Damit mag man im Urlaub auskommen, um aber einen Job über dem Niveau von Hilfsdiensten ausüben zu können, reicht es nicht. Umso unverständlicher ist, dass während der laufenden Asylverfahren viele Geflüchtete von behördlicher Seite allein gelassen werden, wenn es um Deutschkurse geht. Hier müssen Ehrenamtliche einspringen und es geht wertvolle Zeit verloren, ehe eine spätere Integration in die Berufswelt erfolgen kann - egal, ob dann die Anerkennung des Flüchtlings folgt oder nicht.

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