Süddeutsche Zeitung

Europawahl 2019:Stimmen zur Wahl: Macht der Jugend

Die Grünen punkten bei der Europawahl vor allem mit dem Thema Umwelt und profitieren von den Stimmen vieler junger Wähler. Bei der CSU sieht man sich thematisch breiter aufgestellt - allerdings ohne durchschlagenden Erfolg.

Von Laura Dahmer und Nadja Tausche, Landkreis

Überrascht hat die Europawahl in mehreren Punkten, allen voran bei der Wahlbeteiligung: Im Landkreis haben 63,73 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt, bei der vergangenen Europawahl waren es nur 43,36 Prozent. Was sagen die Politiker im Landkreis, die teilweise selbst kandidiert haben, zum Wunsch der Wähler? Die Reaktionen der Parteien mit den meisten Stimmen im Landkreis (SPD siehe Text unten):

Benedikt Flexeder, CSU

Er freue sich über die hohe Wahlbeteiligung bei der Europawahl, sagt Benedikt Flexeder. Auch mit dem Ergebnis der CSU sei er zufrieden. Er selbst zieht als Kandidat nicht ins Europaparlament ein: "Das war aber klar." Zum Umweltschutz, der bei den Wählern dem hohen Ergebnis der Grünen zufolge eine zunehmende Rolle spielt, sagt Flexeder: "Was das Thema angeht, glaube ich, dass wir als CSU auf einem guten Weg sind." Den Umweltschutz habe die Partei "immer schon im Markenkern gehabt" - auch, wenn man das nicht so offensiv nach außen trage. Seiner Meinung nach haben die Grünen bei der Europawahl "mit wenigen Themen ganz viele Wähler mobilisiert": Das tue weh zu sehen, wenn man selbst als Partei versuche, alle Themen gleichermaßen zu betrachten.

Reinhard von Wittken, Grüne

Das Ergebnis seiner Partei zeige zwei Dinge, sagt Reinhard von Wittken: "Die Wähler wollen, dass Probleme, die da sind, angegangen werden." Außerdem mache es deutlich, "dass junge Leute, wenn sie wollen, sehr viel Macht in eine Gesellschaft tragen können". Junge Menschen hätten bei der Europawahl eine "starke Multiplikatorenwirkung" gehabt, glaubt er. Im Landkreis haben die Grünen mit 21,65 Prozent der Stimmen einen leicht höheren Wert als bundesweit (20,5 Prozent) erreicht, in der Stadt Freising wurden sie stärkste Kraft. "Der Flughafen ist ein gutes Beispiel, dass Europapolitik auch lokal mit reinspielt", begründet das Von Wittken. Was die Grünen authentisch mache: "Wir arbeiten auf allen Ebenen an einem Ziel", auf Kreis-, Landes- und Bundesebene. Die Ökologie sei dabei nach wie vor das Kernthema. Als "völlig gleichberechtigt" sieht er aber das Ziel einer freien und offenen Gesellschaft.

Von Wittken hatte sich als Kandidat für die Wahl aufstellen lassen, wird aber nicht ins Europaparlament einziehen. "Es war immer klar, dass es dafür ein sehr sportliches Ergebnis braucht", sagt er. Trotzdem sei der Wahlkampf eine "tolle Erfahrung" gewesen.

Johannes Huber, AfD

Bundesweit sei die AfD "etwas hinter den Erwartungen zurückgeblieben", sagt Johannes Huber, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Kreisverbands Freising-Pfaffenhofen. Man stelle aber immerhin vier Abgeordnete mehr als nach der vergangenen Europawahl. Zum omnipräsenten Thema Umweltschutz sagt Huber: "Wir sind schon für Umweltschutz, aber anders als die Grünen." So sehe man etwa die Windräder im Kreis Freising skeptisch, weil sie "Vögel und die Artenvielfalt gefährden" sowie "ein Symbol für die teure Energiewende" seien, die durch hohe Strompreise vor allem Menschen mit geringerem Einkommen träfe. Es sei "nicht sinnvoll, die Ausgaben weiter zu erhöhen".

Robert Weller, Freie Wähler

"Wir haben auf einen dritten Abgeordneten gehofft, aber immerhin haben wir uns im Vergleich zur letzten Wahl verdoppelt", sagt Robert Weller. Statt bisher einem bekommt seine Partei in Zukunft zwei Sitze im EU-Parlament. Für Weller ein Erfolg, der auch mit seiner eigenen Kandidatur zusammenhängt: "Ich glaube, es war wichtig, jemanden vor Ort zu haben und auch in den kleinen Freisinger Gemeinden präsent zu sein", sagt der Politiker. Man könne eben mehr Stimmen einfahren, wenn man nicht nur auf Facebook Europawahlkampf betreibe. "Es war nicht meine Intention, als Kandidat in Erscheinung zu treten, sondern als Wahlkampfmanager vor Ort." Weller stand auf Platz 20 auf der Liste der Freien Wähler und bekommt kein Mandat im EU-Parlament. Für ihn und seine Freisinger Leute ist der Wahlkampf damit vorbei: "Wir haben parallel zu den Auszählungen schon unsere Plakate eingeholt."

Reinhold Reck, ÖDP

Zwischenzeitlich stand die ÖDP in Umfragen in Bayern auf vier Prozent. "Da hatten schon einige auf ein zweites Mandat gehofft", sagt Reinhold Reck, Kandidat der ÖDP. Am Ende kommt die Partei auf einen Sitz im EU-Parlament. In Bayern lag die ÖDP bei 3,1 Prozent, in Freising immerhin bei 3,88. "Klar, es könnte immer besser laufen, aber ich bin nicht unzufrieden." Reck stand auf Listenplatz 30 und hat nicht mit einem Mandat rechnen können. "Da die Wahlbeteiligung so stark gestiegen ist, sollten wir unsere Wählerschaft über den Daumen aber fast verdoppelt haben, das ist ein deutlicher Fortschritt", resümiert der Stellvertretende Ortsverbandsvorsitzende. Gerade mit Blick auf ganz Deutschland, "wo unsere Basis noch schwächer ist als in Bayern". Was Reck bedauert: "Dass wir vom Volksbegehren Artenvielfalt nicht mehr profitieren konnten."

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