Süddeutsche Zeitung

Es geht auch ohne Plastik:Nixpack

Daniela und Lisa Kronpass, 26 und 22, wollen Mitte Juli Freisings ersten vollkommen verpackungsfreien Laden eröffnen - sofern sie über eine Crowdfunding-Aktion das Startkapital von 20 000 Euro zusammenbekommen.

Von Clara Lipkowski, Freising

Mit Tüten aus dem Lebensmittelladen kommen, das war gestern. Heute ist: Tupperware. Oder Glasbehälter. Idealerweise verstaut in der naturfreundlichen Baumwolltasche. So wünschen es sich Daniela und Lisa Kronpass, 26 und 22. Die beiden Schwestern aus Freising wollen Mitte Juli den ersten Laden in Freising eröffnen, der sich komplett auf unverpackte Waren konzentriert. Der Name steht schon fest: "Fräulein Lose".

Ganz neu ist das Konzept in Freising nicht. Am Rindermarkt gibt es bereits den Bioladen "Lebenskunst", seit 14 Jahren füllen sich Kunden hier Waschmittel aus großen Kanistern selbst ab, seit zweieinhalb Jahren auch Trockenwaren, Dinkelnudeln, Nüsse oder Reis, die in durchsichtigen Röhren lagern. Sie wolle Kunden helfen, Plastik und Müll zu reduzieren, sagt Inhaberin Kathi Zenker, Kunden grüßt sie mit Namen. Anders als im Bioladen soll es bei "Fräulein Lose" aber komplett verpackungsfrei zugehen. Der Laden am Rindermarkt bietet ein Mischangebot.

In dem Gebäude an der Johannisstraße 1, in das sich die Schwestern nun einmieten, sollen sich Kunden künftig ihre Waren in ihre Schalen und Boxen, die zuvor gewogen wurden, grammgenau selbst abfüllen. An der Kasse wird dann noch einmal gewogen und dann bezahlt. Wer seine Box vergessen hat, kann eine kaufen. Außer Trockenware, Gemüse und Obst werde es Körperpflege- und Haushaltsartikel zu kaufen geben. Seife oder Wattestäbchen etwa und statt Alufolie Bienenwachstücher oder vegane Alternativen aus Rapsöl.

Bis vor Kurzem wurden in den hellen Räumen noch Tattoos gestochen, jetzt ist der Laden leer. Eine Leiter steht verloren in der Mitte des Raums und die Fenster sind mit Papier verklebt. Der Grund: Die Schwestern warten noch auf Geld, bevor sie mit dem Einrichten beginnen. Statt mit Eigenkapital ein Risiko einzugehen, setzen sie auf Crowdfunding, per Online-Plattform Startnext: 20 000 Euro müssen bis zur Deadline am 11. Juni um 23.59 Uhr zusammen kommen, bis Mittwochfrüh hatten sie 17 379 Euro gesammelt. Erreichen sie die Höhe nicht, bekommen alle Geldgeber ihr Geld zurück - und die Schwestern sehen keinen Cent. "Wir schauen jeden Tag auf die Seite und hoffen sehr, dass es klappt. Das ist schon ein Nervenkrieg", sagt Daniela Kronpass.

Klar, dass sie vorher auch keine Waren bestellen. Nudeln, Reis und Co. sollen ohnehin 25-Kilo-Papier-Säcken geliefert werden, Gewürze kommen in Pfandgefäßen, denn auch hier gilt der Gedanke, Verpackung zu sparen, wo es geht. Lieferanten aber haben sie längst ausgeguckt. Sie sollen nachhaltig und regional denken, wo möglich vegan. Hygieneartikel sollen möglichst keine Mikroplastiken enthalten. Ein Café mit Frühstück wollen die beiden außerdem in den Laden integrieren. Lisa Kronpass ist angehende Konditormeisterin und will ihre Kreationen den Kunden anbieten. Die Genehmigung der Stadt haben sie schon. Daniela ist auch mit der Gastronomie vertraut, neun Jahre war sie dort beschäftigt, jetzt macht sie eine Lehre zum Ernährungsberaterin. Mit der Lage des Ladens sind sie auch zufrieden. Der Vorteil gegenüber eines Geschäfts in der Innenstadt sei, dass ein Parkplatz gleich vor der Tür und weitere ganz nah seien, sagt Daniela. Gesehen wird der Laden an der viel befahrenen Kreuzung allemal.

Fragt man die Schwestern, woher die Idee kam, grinst Daniela Kronpass und meint: "Das war sehr spontan." Sie hatte sich schon oft darüber geärgert, immer vorgegebene Mengen kaufen zu müssen. "Ich lebe allein. Entweder esse ich dann drei Tage das Gleiche, friere ein oder muss oft Sachen wegschmeißen", sagt sie. Hinzukomme der ganze Verpackungsmüll. Unnötig, fand auch Lisa, also fingen sie an.

Ziel ist es, dass man künftig den kompletten Einkauf bei "Fräulein Lose" verpackungsfrei erledigen kann. Ab Mitte Juli soll es soweit sein. Über die Öffnungszeiten entscheiden die Schwestern nach und nach. Erst wollen sie sehen, "wie's läuft".

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Quelle:
SZ vom 07.06.2018
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