Gammelsdorfer Corona-Hilfsverein:Was macht Elias?

Lesezeit: 5 min

Wer an Corona erkrankt, der muss mit Langzeitfolgen rechnen. Um Menschen zu unterstützen, die an Covid-19 erkrankt sind, hat CU-Bundestagsabgeordneter Erich Irlstorfer den Verein Elias gegründet. (Foto: dpa)

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer hat im vergangenen Mai den Verein Elias zur Unterstützung von Corona-Erkrankten gegründet. Bis heute tritt dieser jedoch öffentlich kaum in Erscheinung.

Von Vinzenz Neumaier, Gammelsdorf

In Wikipedia spielt Erich Irlstorfers Engagement in der Corona-Pandemie eine prominente Rolle. Die Autoren der Online-Enzyklopädie räumen dem Kampf des CSU-Bundestagsabgeordneten gegen das Virus fast genauso viel Platz ein wie seinem Werdegang in der Kommunalpolitik. Seit 2013 vertritt Irlstorfer als direkt gewählter Abgeordneter den Wahlkreis Freising im Deutschen Bundestag. Anfang dieses Jahres hatte er sich mit Corona infiziert, musste deshalb sogar in Reha.

Wegen seiner Krankheit und weil Irlstorfer "Bedarf" in der Bevölkerung erkannt haben will, gründete der Bundestagsabgeordnete im Mai dieses Jahres einen Verein mit dem Namen Elias: Das Akronym steht für "Verein für durch COVID-19 Erkrankte und Langzeitgeschädigte sowie deren Angehörige zur Information, Aufklärung und Selbsthilfe".

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Hilfen zur Selbsthilfe

Der Zweck von Elias lautet gemäß Vereinssatzung: In Irlstorfers Wahlkreis Corona-Betroffenen "Hilfen zur Selbsthilfe" zu geben, die Öffentlichkeit über die Krankheit aufzuklären sowie die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Kranken "zu entwickeln und zu fördern".

Jeder könne bei Elias mitmachen. "Dieser Verein ist ein offener Verein", sagt Irlstorfer. Der Öffentlichkeit präsentiert sich Elias bisher allerdings nahezu ausschließlich durch Äußerungen des Vorsitzenden Erich Irlstorfer.

So erklärte Irlstorfer im vergangenen August, dass man eine Webseite des Vereins nach der Bundestagswahl veröffentlichen wolle. Diesen Zeitplan konnte der Verein aber offenbar nicht einhalten. Elias betreibt bis heute keine eigene Webseite. Seit Ende Oktober gibt es zwar einen Auftritt des Vereins in den sozialen Medien, die Seite auf Facebook bietet Interessierten aber fast keinen Inhalt. Eine angebliche Präsenz auf dem Kurznachrichtendienst Twitter existiert zudem nicht. "Ziele stecken wir uns selbstverständlich und verändern sie, wenn es die Umstände notwendig machen. Als Verein, der rein auf ehrenamtliche Strukturen baut, ist uns Flexibilität sehr wichtig", sagt Irlstorfer heute.

Im April dieses Jahres hatte Irlstorfer im Interview mit der SZ angekündigt, dass der Verein erste "Maßnahmen" bereits für Juni geplant habe. Im Sommer hieß es dann, der Verein erarbeite "mit heißer Nadel" Vorschläge für Plakate und Broschüren. Was ist seitdem passiert? Offenbar nicht viel. Es liege nun "ein Rohentwurf für eine Broschüre und eine Idee für ein Plakat" vor, sagt Irlstorfer heute. "Beides befindet sich noch im internen Abstimmungsprozess."

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Ein Bankkonto fehlt

Auch an anderer Stelle mangelt es bei Elias noch. Der Verein besitze noch kein Bankkonto, sagt Irlstorfer. Ein Konto werde man im Dezember aufmachen. Elias gibt es aber schon seit 21. Mai. Seitdem habe man auch noch keine Beiträge von Mitgliedern erhoben, weil man eben noch kein Konto führe, erläutert Irlstorfer. Sobald der Verein sein Konto eingerichtet habe, werde man auch Beiträge eintreiben, sagt Irlstorfer auf Anfrage der SZ.

Anfang November hatte eine Bürgerin Erich Irlstorfer auf dessen Facebook-Seite gefragt, wann Elias mit der Arbeit beginne? Sie würde gerne mitmachen, habe aber nach ihrer Anmeldung bei Elias "keine Rückmeldung" erhalten. Irlstorfer antwortet ihr: "Wir sind mitten drin. Wir melden uns bald." Auch ein Profil des Vereins in den sozialen Medien verspricht Irlstorfer der Bürgerin. Als der Bundestagsabgeordnete diese Nachricht schreibt, gibt es ein solches Profil seit mehr als zwei Wochen. Kennt Irlstorfer das Auftreten des eigenen Vereins nicht? "Ob es an diesem Tag ein technisches Problem gab, kann ich nicht sagen", antwortet Irlstorfer.

Erich Irlstorfer ist Vorsitzender des Vereins Elias. (Foto: Marco Einfeldt)

Aus der Mitgliederliste und weiteren Unterlagen des Vereins Elias geht hervor, dass bei Gründung viele Personen dem Verein beitraten, die der CSU oder Erich Irlstorfer nahestehen.

Da ist Phillip Gerdau: Gerdau engagiert sich seit Gründung von Elias zusammen mit Irlstorfer im Vorstand des Vereins. In seinem Beruf arbeitet Gerdau als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Bundestag für Erich Irlstorfer. Auf Irlstorfers Facebook-Seite demonstriert der wissenschaftliche Mitarbeiter dessen potenziellen Wählern und Unterstützern, wie diese ihre Nacken - und Lendenmuskulatur stärken können.

Mitarbeiter stammen aus Irlstorfers beruflichem Umfeld

Der 21-jährige Yannick Tjark Schmitz aus Berlin verdingt sich neben seinem Studium ebenfalls in Irlstorfers Büro im Bundestag. In der Mitgliederliste des Vereins Elias findet sich sein Name unter der Nummer zwei - direkt hinter dem Vorsitzenden des Vereins, Erich Irlstorfer, selbst. Schmitz hatte auch die Satzung des Vereins ausgetüftelt. Harald Regler ist ein weiterer Name, der aus Irlstorfers direktem beruflichem Umfeld stammt. Für Irlstorfer arbeitet Regler als Pressesprecher. Regler ist Gründungsmitglied von Elias, er prüft die Kasse des Vereins.

Abgeordneter Irlstorfer sieht in der personellen Verquickung von Politik und Verein kein Problem: "Auch wenn die bei mir angestellt sind, sind sie freie Menschen in einem freien Land, wo sie in einem Verein, der gemeinnützig ist, auch mitarbeiten dürfen", sagt Irlstorfer.

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Irlstorfers Ehefrau und Tochter stehen ebenfalls auf der Mitgliederliste des Vereins. "Die sind Mitglied, weil die sind auch von Long-Covid betroffen", betont Irlstorfer.

Nach Räumlichkeiten für ihren Verein mussten die Mitglieder von Elias wohl nicht lange suchen. Der Vereinsvorsitzende Irlstorfer stellte diese offenbar bereit, nachdem man den Verein gegründet hatte. Elias residiert in Irlstorfers Heimatgemeinde Gammelsdorf. Korrespondenz des Vereins wirft der Postbote bei Irlstorfers privater Adresse ein. Das geht aus Unterlagen hervor, die der Verein beim zuständigen Registergericht in München eingereicht hat.

Die Anschrift des Vereins befinde sich nicht mehr bei ihm zu Hause, sondern in der Jägergasse 2 in Gammelsdorf, sagt Irlstorfer. Dort betreibt Irlstorfer sein Wahlkreisbüro als Abgeordneter. Der Vorstand von Elias habe diese Änderung der Adresse beschlossen, sagt Irlstorfer. In den Unterlagen des Vereins ist indes noch immer Irlstorfers private Anschrift als Adresse für den Postboten eingetragen. Man werde die hinterlegte Adresse im Vereinsregister dieses Jahr noch ändern, meint der Abgeordnete.

Anfang Mai 2021: Die Delegierten der CSU haben Irlstorfer im Stadion Savoyer Au in Freising gerade zum dritten Mal als Direktkandidaten für die Bundestagswahl gekrönt. Jemand filmt Irlstorfers Auftritt und stellt das Video ins Netz. Irlstorfer trägt Trachtenjanker und Krawatte. Er geht zum Rednerpult. Hinter ihm weht die Deutschlandfahne im Wind. Irlstorfer spricht zu den versammelten Delegierten, berichtet ihnen von seinen politischen Vorhaben: "Wir werden einen Verein gründen", sagt Irlstorfer. Dieser Verein soll sich um Corona-Kranke kümmern.

Wen meinte Irlstorfer mit "wir"? Die CSU? Irlstorfer verneint das auf Anfrage. Er habe mit "wir" vielmehr "die Menschen" gemeint, "die bei mir im Wahlkreis und darüber hinaus wohnen, die betroffen sind, die sich gemeldet haben".

Irlstorfer will Experten für die Mitarbeit gewinnen

Irlstorfer gerät damals während seiner Rede zur Nominierung ins Schwärmen. Er wolle Experten und Personen des öffentlichen Lebens für den Verein Elias gewinnen, sagt er - und zählt auf: Den ehemaligen Präsidenten der Technischen Universität München, Wolfgang A. Herrmann. Dessen Sohn, Florian Herrmann, sitzt für die CSU im Bayerischen Landtag. Es folgen der ehemalige bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) sowie der CSU-Schatzmeister und Unternehmer Thomas Bauer aus Schrobenhausen.

Es gehe bei den Experten nicht darum, ob sie Mitglied in einer Partei seien, sondern um Kompetenz, teilt Irlstorfer dazu mit. Irlstorfer betont gegenüber der Süddeutschen Zeitung, dass der Verein Elias politisch ungebunden agiere.

Die Moosburger Stadträtin Karin Linz (CSU) ist ebenfalls Mitglied bei Elias. Elias sei ein "toller Verein", meint sie. Neben Linz engagieren sich zudem ein Mitglied der Frauen-Union Pfaffenhofen und eine Mitarbeiterin der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung bei Elias. Es gibt aber auch mehrere Mitglieder, die sich nicht der CSU zuordnen lassen. 14 Mitglieder stehen auf der Gründungsliste. Wie viele Mitglieder Elias heute hat, will Irlstorfer erst im Dezember verraten. "Ich bitte um Verständnis, dass wir alle Medien darüber zeitgleich informieren", sagt er. Im Pfaffenhofener Kurier war indes vor kurzem zu lesen, dass der Verein 80 Mitglieder zähle.

Das Finanzamt hat den Verein Elias als gemeinnützig anerkannt. Sollte Elias die Gemeinnützigkeit wieder verlieren oder sich der Verein auflösen, fällt das Vermögen gemäß Satzung an den Verein Ausbildungsoffensive Freising. Irlstorfer steht auch diesem Verein vor.

© SZ vom 27.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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