Das Hochwasser Anfang Juni hat die Region unterschiedlich getroffen. Während einige Gemeinden im Landkreis Freising stark in Mitleidenschaft gezogen wurden, kam der Nachbarlandkreis Erding diesmal glimpflich davon. Wie knapp es aber auch hier war, davon berichtete jetzt der Erdinger Stadtbrandinspektor Thomas Hagl im Stadtrat. Auf einem Zahlenstrahl hat er das Geschehen rund um das erste Juniwochenende im Stadtgebiet exakt aufgelistet, von der ersten Meldung einer kritischen Wetterlage bis zu dem Status: Erding kommt klar, wir helfen jetzt mit aller Kraft Freising.
„27.05.2024 Berichte über Vb-Wetterlage“: So beginnt die „Timeline Hochwasser“ von Thomas Hagl. Fünf-b bedeutet, dass schwere Unwetter drohen. Die Timeline listet in den kommenden Tagen immer wieder Warnungen auf, am 1. Juni 4.59 Uhr kündigt eine Unwetterwarnung an: „Ergiebiger Dauerregen“ Stufe drei von vier. Am Samstag, 1. Juni, um 7.49 Uhr heißt es dann, dass der Pegel der Sempt an der Messstelle Berg überschritten wurde, um 8.20 Uhr werden die Freiwilligen Feuerwehren Erding und Langengeisling alarmiert.
Um 10 Uhr geht die Sandsackfüllanlage des Landkreises am Kronthaler Weiher in Betrieb, wenig später die zweite Anlage in Oberding. Im Stadtteil Langengeisling wird es kritisch, dort errichten mehrere Feuerwehreinheiten und Kräfte der Wasserwacht mithilfe eines mobilen Krans eine „Linienverteidigung“ mit Sandsäcken an der Fehlbachstraße.
Bis abends sind die Ehrenamtlichen am Samstag auf Erkundungsfahrten und Einsätzen unterwegs, um 18 Uhr dann die Meldung, dass bei Berg der Pegelhöchststand überschritten ist, es drohen Überschwemmungen. In der Nacht zum Sonntag um zwei Uhr erreicht der Saubach bei Langengeisling den Pegelhöchststand. Doch um zehn Uhr morgens, am 2. Juni, entspannt sich zum Glück die Lage in Erding. Die Sandsäcke werden weiterhin gefüllt, denn sie werden dringend benötigt, besonders in den schwer betroffenen Gemeinden des Landkreises Freising.
Um 19 Uhr am 2. Juni heißt es: „Vorläufiges Einsatzende der Wehren im Stadtgebiet“. Aber für die Kräfte geht es noch bis 7. Juni weiter mit „unzähligen überörtlichen Hilfeleistungen“, wie Hagl berichtete. So ist die Feuerwehr Altenerding mit einem Ölwehrzug im Landkreis Freising im Einsatz und die Wehr aus Erding hilft in Moosburg mit ihrer Hochleistungspumpe aus.
Innerhalb von eineinhalb Tagen werden circa 18 000 Sandsäcke gefüllt und circa 15 000 davon ausgegeben, so Hagl. Insgesamt werden 200 Tonnen Sand verfüllt. Die Sandsäcke werden sowohl im Stadtgebiet Erding als auch an vier Gemeinden im Landkreis Erding und an fünf Gemeinden im Landkreis Freising verteilt.
Größere Schäden im Stadtgebiet Erding wurden nicht bekannt, in einem Gartenbaubetrieb im Ortsteil Aufhausen, durch den der Moosgraben führt, richteten Überschwemmungen allerdings großen Schaden an, wie dem Hochwasserbericht zu entnehmen ist. Die meisten Probleme gab es im Bereich Pegel Sempt/Berg, in Pretzen auf Höhe Sempt, in Altenerding Am Altwasser, in Langengeisling am Saubach und in Erding an der Sempt im Bereich Landshuter Straße bis Sägewerk Liebl.
Im Vergleich zum Hochwasser 2013 sei Erding „mit einem blauen Auge davongekommen“, sagte Hagl. Etwas mehr Regen hätte die Lage „vermutlich drastisch verändert“. Der Hochwasserschutz müsse „dringendst vorankommen“, wandte er sich an den Stadtrat. Es müsse geklärt werden, wie es zur Überflutung am Moosgraben gekommen ist.
Zudem forderte er, dass das Wasserwirtschaftsamt und auch das Landratsamt stärker auf die Eigentümer an den Gewässern einwirken sollten, wenn es zum Beispiel um die Befreiung von Wildwuchs oder von Totholz geht. Der Uferbereich des Saubachs sollte unbedingt erhöht werden. „Neue und qualitativ hochwertige Messstellen würden die Feuerwehr gegebenenfalls unterstützen“, fuhr Hagl fort. Dass die Petersbergbrücke zurückgebaut worden sei, habe sich „augenscheinlich als positiv“ erwiesen.
Die gute Nachricht: Die Ausstattung der Feuerwehren hat sich bewährt
Noch ausbaufähig wäre eine „geeignete Informationsplattform“ für Bürger und Bürgerinnen. Wie Hagl im Stadtrat erzählte, haben während der Einsatztage im Juni besorgte Anwohner bei der Feuerwehr angerufen – oder auch für privat mal schnell fünf Sandsäcke angefordert. In einer betroffenen Straße musste ein Kollege erst alle Häuser „abklingeln“, so Hagl.
Die gute Nachricht, so Hagl: Die Ausstattung der Feuerwehren und des Sondergerätelagers Hochwasser im Stadtgebiet Erding haben sich bewährt. „Die Planungen und Beschaffungen seit 2013 für Hochwasserlagen haben sich immer wieder als strategisch wertvoll, effektiv und vorausschauend erwiesen.“ Zudem sei die Sandsackfüllanlage „extrem leistungsfähig“.
Diese Worte hörte Erdings Oberbürgermeister Max Gotz sehr gerne. Er zollte auch im Namen des Stadtrats der Feuerwehr und den Rettungskräften „Respekt und Anerkennung“. Durch ihren Einsatz werde der Bürgerschaft das beruhigende Gefühl gegeben, „dass unsere Rettungsketten funktionieren“. Am Montagabend hat der Landkreis zu einem Ehrenamtsempfang für alle ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen eingeladen.