Süddeutsche Zeitung

All Star Rock auf dem Marienplatz:Lärm macht Spaß

Künstler aus der Freisinger Musikszene begeistern das Publikum des Altstadt-Open-Airs. Die Freude an der Musik ist an allen Ecken zu spüren.

Von Katharina Horban, Freising

Die Sonne steht schon tief, die Strahlen finden ihren Weg durch die Lücke zwischen St. Georg und dem angrenzenden italienischen Restaurant. Der Geruch von Pommes, Bratwürsten und Steaksemmeln zieht von den Essensständen aus über den Marienplatz und Songwriter Bob Eberl ruft: "Come on Freising, das geht besser!" Er überblickt von der großen Bühne die Menschenmenge. Die meisten stehen in kleinen Gruppen zusammen und halten ihr Feierabendbier in den Händen. Noch ist die Stimmung eher ruhig.

Gemeinsam mit Lisa Fitzek hat Eberl am Freitag das Marienplatz-Open-Air eröffnet. Unter dem Titel "All Star Rock Klassiker 2018" haben sich erneut viele Künstler aus der Freisinger Musikszene zusammengefunden, um die Klassiker der Rockgeschichte zu feiern. 1987 fand das erste Konzert dieser Art statt, seitdem ist das Event aus dem Freisinger Terminplan nicht mehr wegzudenken.

Lisa Fitzek steht zum ersten Mal auf großer Bühne

Es ist das erste Mal für Lisa Fitzek auf einer so großen Bühne. Die 25-Jährige erstaunt durch ihre kräftige, tiefe Stimme und singt über Reisen, ihre Freunde, Beziehungen - also über das Leben in all seinen Facetten. "Es geht um die Verarbeitung von Gefühlen, das kommt so aus mir heraus", erklärt sie ihre Songs. Als Straßenmusikerin hat die Studentin angefangen und schon bei zahlreichen offenen Bühnen in der Region gespielt. Das Schönste sei für sie, Musik mit anderen teilen zu können.

Diese Freude an der Musik lässt sich an vielen Ecken beobachten. Ein kleines Mädchen sitzt auf den Schultern ihres Vaters, er nimmt ihre Hände und lässt sich von den Liedern mitreißen. Zusammen legen sie eine Tanzeinlage ein. Die Mutter zückt ihr Handy, um den Moment festzuhalten. "Wir waren bis gestern im Ausland. Dann lief ich zufällig durch die Innenstadt und fragte mich, was die vielen Absperrungen sollen", sagt ein 74-Jähriger. Er und seine Frau ließen sich die Gelegenheit nicht nehmen, einige der Bands live zu erleben.

Auch die Touristen finden's prima

Inzwischen stehen "Ralf Richards & Bands" auf der Bühne, mit einem laut geschmetterten "Servus Freising!" legt die Gruppe los. Trotz der englischen Songtexte sind die Themen meist im Landkreis verwurzelt. Blauer Himmel und noch nicht gemähte Getreidefelder haben Ralf Helmbrecht aka Ralf Richards auf der Heimfahrt nach Attenkirchen zum Song "Reasons" inspiriert. Er betont, dass es so viele Gründe gebe unseren Planeten zu schützen. Auch aus Übersee sind Zuhörer angereist: Ein junges Ehepaar kommt von der Unteren Hauptstraße zum Marienplatz, schaut sich neugierig um. Es sind Touristen aus Dubai, die vor dem Heimflug ein Hotel in Flughafennähe gebucht haben.

Um kurz vor 20 Uhr machen sich die "Freisinger Rockklassiker" in ihren schwarzen Outfits bereit. Sie beschallen in wechselnder Besetzung die Innenstadt bis tief in die Nacht. Stadtjugendpfleger Hartmut Fischer kündigt die Hauptattraktion des Abends an: "Heute muss ich ein paar Sätze loswerden. Ich steh nach vielen Jahren das letzte Mal auf der Bühne, denn ich geh in Ruhestand." Der 64-Jährige bedankt sich bei all den Musikern, die in den letzten 39 Jahren dazu beigetragen haben, die Rock-Musik in Freising zu verbreiten. Zum nächsten Open-Air-Konzert werde er als Besucher kommen - und schiebt hinterher: "Kultur macht süchtig."

Vor der Bühne tanzt das Publikum

Fischer ist der Kopf des Kult-Events und hat die Oberaufsicht. Kalle Wallner und Yogi Lang haben die Musiker für den Abend zusammengesucht. Bei der Fetzenstimmung wird es nun für so manchen Besucher schwer, ein Handy-Video zu drehen und gleichzeitig den Plastikbecher mit Bier in der Hand zu halten. Findet man einen Weg durch die Menschenmenge, folgen einem sofort weitere Besucher. Der Platz ist knapp, sodass eine Art Gänsemarsch entsteht. Das Publikum rückt näher an die Bühne heran, die Leute erleben die Musik von Gruppen wie "Apollon's Smile" und "RPWL" hautnah. Ein junger Mann tanzt mit seiner Freundin mitten in der Menge. Sie trägt ein grünes bodenlanges Kleid und lehnt sich in seiner Umarmung weit nach hinten. Damit seine Ohren geschützt sind, sitzt ein kleiner Junge mit übergroßen hellgrünen Kopfhörern im Kinderwagen. Mit dem Ohrenschutz für Heimwerker auf dem Musikfestival.

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Quelle:
SZ vom 23.07.2018/av
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