Soziales Engagement:Die Buchretterin

Soziales Engagement: Renate Bartel verhindert, dass Bücher im Müll laden, sie steht oft am Echinger Wertstoffhof.

Renate Bartel verhindert, dass Bücher im Müll laden, sie steht oft am Echinger Wertstoffhof.

(Foto: Marco Einfeldt)

Wie Renate Bartel am Echinger Wertstoffhof Geld für die Entwicklungshilfe verdient.

Von Alexandra Vettori, Eching

Mittlerweile ist Renate Bartel zur Anlaufstation im Echinger Wertstoffhof geworden. Eine Anlaufstation für Bücherliebhaber. Für solche, die sich schweren Herzens von ihren Schätzen trennen, und auch für solche, die auf der Suche nach Schätzen sind. Denn um Renate Bartel sind stets viele Bücher, in der Regel fein säuberlich gestapelt und in Plastiktaschen verstaut. Seit September vergangenen Jahres steht die 74-Jährige mit ihrem Rad unter einem Baum neben dem Altpapiercontainer im Wertstoffhof und sammelt Bücher, die zum Wegwerfen gedacht sind. Jeden Tag, zumindest jeden Tag ohne Regen.

"Na klar, auch im Winter, zumindest für ein, zwei Stunden", sagt sie mit energischem Unterton, der gut zu ihrem breiten Berliner Dialekt passt. Als Rentnerin habe sie Zeit für so ein zeitraubendes Hobby, sagt sie, "und es ist ja für einen guten Zweck". Denn die Bücher, die sie rettet, verkauft sie, so sie eine ISBN-Nummer aufweisen, über die Internetseite Momox. 15 Cent gibt es in der Regel pro Buch, "manchmal sogar etwas mehr", erzählt Renate Bartel. Sind Bücher im Wert von zehn Euro beisammen, kann sie das Paket kostenlos an das Portal schicken. Das Geld spendet sie an den Echinger Arbeitskreis Entwicklungshilfe. "Da weiß ich, dass jeder Euro da ankommt, wo er gebraucht wird, für Schulen oder Brunnen in Madagaskar."

Fahrrad und Pappkarton sind ihr Markenzeichen

Leicht verdient ist das Geld nicht. Denn die Bücher muss sie erst mit dem Rad vom Wertstoffhof in ihre Wohnung bringen, dort auf Momox eingeben, dann die Pakete packen und diese wieder mit dem Rad zur Poststation fahren. "Viele Leute kennen mich schon und helfen mir fahren, Leute aus dem Wertstoffhof oder auch Leute aus meinem Haus", erzählt sie dankbar. Das Ganze funktioniere nur bei Büchern, die nicht beschädigt seien oder bekritzelt. Trotzdem hat es am Anfang ihrer Tätigkeit als Buchretterin im Wertstoffhof Ärger gegeben. Da fischte sie weggeworfene Bücher noch aus dem Altpapiercontainer. Bis sich einige beschwerten, weil sie den Datenschutz nicht gewahrt sahen. So ist Renate Bartel auf die Idee mit dem Pappkarton gekommen, den sie an ihr Fahrrad klemmt: "Hätten Sie Bücher, CDs oder DVDs für mich?", steht da jetzt. Und die Menschen mit den Büchern kommen gleich zu ihr. So wie die ältere Dame, die vor dem Altpapiercontainer parkt. "Ich liebe Bücher. Und es tut mir in der Seele weh, sie herzugeben. Aber bei Frau Bartel weiß ich, dass die Bücher noch eine Chance haben", sagt sie.

Seit 15 Jahren wohnt Renate Bartel in Eching, eigentlich kommt sie aus Berlin. Im Arbeitskreis Entwicklungshilfe ist sie seit einigen Jahren dabei, anfangs hat sie nur für den Weihnachtsbasar Socken gestrickt. Irgendwann ist sie dann auf die Idee mit den Büchern gekommen. Was sie an ihrem Ehrenamt möge, sei nicht nur, dass aus Weggeworfenem Geld für den guten Zweck komme, auch die Gespräche mit den Menschen seien schön. Das Team des Wertstoffhofs unterstützt sie, mit einem Stuhl oder mit Kartons, in denen sie die Bücher verpacken kann. Einmal erzählt sie, habe sie auch einen richtigen Treffer gelandet, ein Heftchen mit 30 Seiten habe 13 Euro eingebracht. Leider habe sie den Titel vergessen, "aber ich bin fast vom Stuhl gefallen".

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