Süddeutsche Zeitung

Inhabergeführte Geschäfte:Kleidungsgeschäft Energy: Schlicht und cool

Seit 20 Jahren betreibt Pantaleo Rossano mit seiner Frau und seiner Schwester das Kleidungsgeschäft Energy an der Unteren Hauptstraße. Die Einrichtung ist einfach gehalten, das Angebot umfangreich. Stylische Mützen, Jacken, Schuhe und Hosen - es gibt alles, was "in" ist.

Von Alexandra Vettori, Freising

Es soll Jugendliche geben, die der Meinung sind, in Freising könne man keine Klamotten einkaufen - außer im Energy. Dort nämlich finden sich die Turnschuhe, die für Uneingeweihte alle ganz ähnlich ausschauen, dort finden sich die T-Shirts, ohne die der junge Mensch nicht signalisieren kann, was er glaubt, signalisieren zu müssen, und dort gibt es das, was man früher den letzten Schrei nannte. Im Moment sind das zum Beispiel Socken und Kniestrümpfe mit Filmmotiven, getreu der momentanen Retro-Welle erinnert das Strumpfwerk unter anderem an Quentin-Tarantino-Filme wie "Kill Bill" oder "Pulp Fiction".

Energy, so heißt der Jeans-Laden, der seit über 30 Jahren in die beschauliche Domstadt bringt, was man in der großen weiten Welt als modebewusster junger Mensch so trägt. Das sind in erster Linie mal Jeans, und da in erster Linie Levi's-Jeans. "Levi's ist noch immer die Nummer eins und wird es wohl auch bleiben", vermutet Pantaleo Rossano, der Chef des Familienunternehmens. 1985 haben er, seine Frau und seine Schwester die "Energy"-GmbH gegründet. Eigentlich, erzählt Rossano, stamme er aus Italien, lebe aber seit 1965 in Freising. Die Initiative zur Geschäftsgründung, erzählt er, sei von seiner Frau Maria Sammann ausgegangen, die in einem Jeans-Laden arbeitete, sowie von seiner Schwester Irma Rossano, die damals die Kaufhof-Filiale in Freising leitete. Er selbst komme aus der Autobranche, fand die Idee aber so gut, dass er dabei war. Die Familie eröffnete also ein Geschäft für junge Mode, die ersten sechs Jahre lag es an der Luckengasse und jetzt, seit mehr als 20 Jahren, an der Unteren Hauptstraße.

Eisenregale, Holzbohlen, der ein oder andere Klappstuhl - sonst nichts

Die 160 Quadratmeter sind vollgestopft bis unter die Decke mit Kleiderstapeln, Rucksäcken, Mützen, Jacken, Schuhen und Hosen. Alle In-Marken sind vertreten, große und solche von kleineren Firmen, Caratt, Pepe Jeans, Tiger, Fred Perry, Converse und wie sie alle heißen. Die Einrichtung ist im Industrial Style gehalten, Eisenregale, Holzbohlen auf dem Boden, der ein oder andere Klappstuhl, sonst nichts, nur Kleider und Schuhkarton-Stapel. "Die jungen Leute mögen das, es ist cool, und es geht auch locker zu bei uns", erklärt Pantaleo Rossano. Dass das Energy-Team stets den Geschmack der Kundschaft treffe und am Puls der Zeit sei mit dem Sortiment, sei Erfahrung und Fleiß geschuldet, erklärt er. Mittlerweile arbeiten auch sein Sohn und sein Neffe mit, man wechselt sich ab mit dem Besuch von Modemessen in Barcelona, Berlin oder Bologna.

Momentan seien wieder weite Sachen "in", weite T-Shirts, "so bisschen in Hip-Hop-Richtung", weite Hosen mit hoher Taille. "Viel 80er-Jahre-Retro-Style ist grad dabei, aber ganz viele Leute fragen auch nach Bio und Fair Trade", erzählt Verkäuferin Billi, die seit mehr als 20 Jahren im Energy arbeitet und quasi zur Familie gehört. Sie erinnert sich, dass schon in den 90er Jahren Marco Polo mit Bio-Baumwolle angefangen habe, "damals hat sich das aber nicht durchgesetzt. Jetzt ist es Trend, und immer mehr große Firmen bieten Recycling-Baumwolle und -Kunststoff an". Was die Energy-Kunden anbelangt, sind sie längst nicht mehr nur Jugendliche, viele seien mit dem Laden gealtert. "Manchmal kommen Leute und sagen, sie waren jetzt ein paar Jahre woanders und freuen sich, dass es das Energy noch gibt", sagt Rossano. Was jetzt auf der Retro-Welle schwimmend wieder modern sei, "haben viele Ältere noch im Keller, die Dr.-Martens-Stiefel zum Beispiel." Generell ist Rossano voll des Lobes über seine Kundschaft, die hier ja natürlich König sei. Nur diejenigen, die kommen, um zu schauen, ob bestimmte Größen passen und die Stücke dann im Internet bestellen, die mag er nicht. "Sind die Geschäfte mal alle weg, was wird dann aus den Städten?", fragt er solche Leute gerne.

Wegen der Innenstadtsanierung half man schon öfter gestürzten Radfahrern

Auf die Innenstadtsanierung angesprochen, die in den vergangenen Monaten vor dem Laden tobte, zuckt Rossano die Schultern. "Die meisten Kunden von uns kommen trotzdem, nur Auswärtige waren seltener da". Das Chaos habe genervt, der Lärm, und immer wieder habe man stürzenden Radfahrern helfen müssen. Das nun schon fertige Ergebnis vor der Ladentür, das neue Straßenpflaster, gefällt ihm nicht: "Das ganze Flair der Altstadt ist weg, es ist alles so glatt und grau und es ist sehr heiß im Sommer." Er persönlich, betont er, hätte das nicht gemacht, nur die Leitungen erneuert und dann den alten Belag ein wenig saniert.

Vor dem Laden steigt gerade ein junger Mann vom Rad, Student in Weihenstephan, wie er sich vorstellt. Auf die Frage, warum er im Energy einkaufe, grinst er: "Ich brauche neue Schuhe und will genau die, die ich schon habe, weil sie so gut passen. Und letztes Mal habe ich gesehen, dass es sie hier gerade um die Hälfte billiger gibt". Ja, er kaufe immer wieder im Energy, "weil die echt nett sind hier und eine super Beratung bieten, und ich kaufe lieber was Gescheites und dafür seltener. Außerdem finde ich, muss man auch was für den Einzelhandel tun."

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