Süddeutsche Zeitung

"Endstation Brexit":David Cameron sei Dank

Der Freisinger Ralf Grabuschnig schreibt ein Buch über Englands Hassliebe zum übrigen Europa

Von Katharina Horban, Freising

Auf der ersten Seite dankt der Autor nicht etwa Freunden oder Familie. Das Buch ist David Cameron, dem ehemaligen Premierminister Großbritanniens, gewidmet. Denn ohne ihn hätte Ralf Grabuschnig sein Erstlingswerk "Endstation Brexit", das am Montag, 16. Juli, erschienen ist, nicht schreiben können, erklärt er humorvoll. 2015 zog der gebürtige Österreicher mit seiner Freundin nach Freising, zuvor hatte er in Wien, Zagreb und Budapest Geschichte studiert: "Das war am Anfang echt gewöhnungsbedürftig, von der Zwei-Millionen-Stadt nach Freising." Heute arbeitet der 29-Jährige als wissenschaftlicher Redakteur und Lektor im Münchner "Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südeuropas". England sei jedoch schon immer ein Begeisterungsthema für ihn gewesen.

Am Tag des Brexitreferendums war Grabuschnig mit Freunden auf dem bekannten Glastonbury-Musikfestival und erlebte die ersten Reaktionen hautnah mit: "Man musste gar nicht selbst aufs Handy schauen, die Leute schrien das Ergebnis über den Zeltplatz. Aber haben die auch alle gewählt?". So schreibt er in der Einleitung des Buches in seiner typisch unterhaltsamen Art von "europhilen Hippies". Ein Rentner habe sich sogar stellvertretend für seine Generation entschuldigt. Diese Eindrücke seien ausschlaggebend für die Entstehung des Buches gewesen, sagt Grabuschnig.

Der Historiker entschied sich bewusst dagegen, ein Sachbuch zu schreiben. "Es ist schade, dass Geschichte so einen trockenen Ruf hat", sagt er. Also schrieb er ein humoristisches Sachbuch und erzählte 2000 Jahre englisch-europäische Geschichte neu. Stets bewahrt hat er sich dabei den Gegenwartsbezug und ein Augenzwinkern. "Ich möchte bewusst Leute ansprechen, die ein Interesse an geschichtlichen Themen haben, aber nicht tiefer gehen wollen", betont Grabuschnig. Geschichte muss ihm zufolge einen Lehr- und Unterhaltungswert haben.

In neun Kapiteln erzählt der Autor, wie sich England und Europa in der Vergangenheit "in die Haare gekriegt haben" - nur um sich daraufhin wieder zu versöhnen. So sei auch der Brexit nur eine weitere Episode in den Beziehungen zum Kontinent. Über die Jahrhunderte ging es in der Geschichte stets auf und ab. "Es fängt mit Rom an. Das ist das erste Mal, dass Großbritannien in Kontakt mit einer europäischen Großmacht gekommen ist", erklärt Grabuschnig. Weitere Höhepunkte der Geschichte sind die Eroberung Englands durch Wilhelm den Eroberer im Jahr 1066 oder auch Heinrich VIII., der als König von England 1534 den Bruch mit der römisch-katholischen Kirche veranlasst hat.

Jedoch habe er aufgehört, nur in Fakten und Ereignissen zu denken, sagt Grabuschnig - für ihn zählt vor allem: "Geschichte ist für mich eine Ansammlung von Geschichten, die man spannend erzählen kann." Dieser Leidenschaft geht der Historiker auch in der Domstadt nach: Seit zwei Jahren arbeitet Grabuschnig als Stadtführer und ist bei der Langen Nacht der Stadtführer am Freitag, 27. Juli, auch mit dabei.

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Quelle:
SZ vom 25.07.2018
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