Protestmarsch von Asylsuchenden:Polizei stoppt Flüchtlinge

Eingekesselt: Die Polizei hat den Flüchtlingszug nach München am Sonntagvormittag auf der Ismaninger Straße in Freising aufgehalten.

Eingekesselt: Die Polizei hat den Flüchtlingszug nach München am Sonntagvormittag auf der Ismaninger Straße in Freising aufgehalten.

(Foto: Marco Einfeldt)

Sie protestieren gegen die Residenzpflicht und wollen ihren Unmut bis nach München tragen - doch so einfach ist das nicht. Der Protestmarsch der Asylsuchenden ist auf seinem Weg von Bayreuth nach München am Sonntag in Freising erneut aufgehalten worden. Die Situation eskalierte.

Von Kerstin Vogel

Von Bereitschaftspolizisten eingekesselte Flüchtlinge, die zusammengekauert auf der Straße hocken, Uniformierte mit Helm, die kompromisslos einzelne Menschen aus der Gruppe lösen, schimpfende Demonstranten, Sanitäter, die sich um kollabierende Asylbewerber kümmern: Auf der Ismaninger Straße in Freising haben sich am Sonntagvormittag Szenen abgespielt, wie man sie sonst nur aus dem Fernsehen kennt. Seit Freitag durchquert ein Zug von Asylsuchenden auf dem Weg von Bayreuth nach München den Landkreis Richtung München - bis das Polizeipräsidium Oberbayern jetzt entschied, Recht und Ordnung durchzusetzen und die Marschierenden aufzuhalten.

Hintergrund ist die in Bayern geltende Residenzpflicht für Asylbewerber: Sie dürfen den Regierungsbezirk, dem sie zugewiesen sind, nicht verlassen. Unter anderem dagegen protestieren die "Non-Citizens", wie sie sich selber nennen, mit ihrem Marsch Richtung München - und wie entschlossen einige von ihnen sind, dort auch anzukommen, zeigte sich bei dem Polizeieinsatz in Freising.

Laut Polizeidirektor Thomas Zäpfel, Einsatzleiter am Sonntag, war die Gruppe von den Polizeikräften, die an der Ismaninger Straße bereits auf den Zug gewartet hatten, zunächst lediglich aufgehalten worden. Man habe die Personalien und Aufenthaltsgenehmigungen überprüfen wollen, so Zäpfel. Wer gegen die Residenzpflicht verstoße, sollte zurückgeschickt werden, räumte er ein. Die Flüchtlinge aber hätten sich vom ersten Moment an "unkooperativ verhalten".

"Der kommt in Gewahrsam"

Tatsächlich ließ sich die Gruppe, eng ineinander verhakt, auf dem Boden nieder und ignorierte auch die über einen Lautsprecher mehrfach wiederholte Aufforderung, die Personalien überprüfen zu lassen. Daraufhin habe man jedem einzelnen "unmittelbaren Zwang" angekündigt, so Zäpfel - und zur Empörung der Unterstützer, die von der Polizei zwischenzeitlich an den Rand gedrängt worden waren, wurden die Flüchtlinge dann einzeln nicht eben sanft aus dem Pulk gelöst, abgetastet und überprüft.

"Wir sind friedlich, was seid ihr?" und "Abbrechen, abbrechen", skandierten die Demonstranten, während die Polizei noch eine Aktion vereiteln musste. Ein junger Mann hatte plötzlich die Absperrung durchbrochen, wurde aber schnell von mehreren Beamten überwältigt, zu Boden gebracht und mit Handschellen gefesselt. "I want Freedom", rief er, bevor das Urteil über ihn gefällt wurde: "Der kommt in Gewahrsam", lautete die Anweisung.

Sanitäter und Notärzte leisteten unterdessen einzelnen Flüchtlingen erste Hilfe. Sie seien durch den Polizeieinsatz verletzt worden, meldete später die Organisation "Refugee Struggle for Freedom". BRK-Einsatzleiter Rainer Irlbauer sprach dagegen von "überwiegend psychosomatischen Beschwerden", während das Polizeipräsidium Oberbayern am Abend sieben verletzte Teilnehmer und einen verletzten Polizisten meldete - außerdem zahlreiche Verfahren wegen Asylvergehen, Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt.

Wie es mit dem Protestmarsch weitergehen würde, war am Sonntagabend noch unklar. Die Refugee-Organisation meldete auf ihrer Facebook-Seite auf jeden Fall eine Fortsetzung und rief gleichzeitig zu einer Demonstration vor der Polizeiwache am Münchner Flughafen auf, wohin die verhafteten Flüchtlinge offenbar gebracht worden waren.

Neben den gut 140 Polizisten waren am Sonntag an die 25 Sanitäter und Notärzte im Einsatz. Ein zweiter Flüchtlingszug, der am Dienstag ebenfalls München erreichen soll, durchquerte am Wochenende den Kreis Dachau - ohne Zwischenfälle.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: