Ein Riss geht durch die Gesellschaft:Rechter Hetze Paroli bieten

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Mit Sorge beobachten die Jusos im Landkreis, dass der Fremdenhass merklich zunimmt. In Moosburg entsteht gerade ein Netzwerk, um in der öffentlichen Diskussion eigene Akzente setzen zu können

Von Alexander Kappen, Moosburg

Fremdenhass, Islamhetze, Antisemitismus, rechtsextremes Gedankengut und rechtspopulistische Rhetorik haben seit dem Anstieg der Flüchtlingszahlen im Sommer 2015 in Deutschland merklich zugenommen. Sie sind längst in der politischen und gesellschaftlichen Mitte angekommen. Auch in Moosburg sorgten zwei geschlossene Facebook-Gruppen mit rechten Tendenzen, in denen auch Lokalpolitiker Mitglied waren, zuletzt für Aufsehen. Dem entgegenzuwirken, sei eine "riesige Herausforderung", der sich nun "alle, die sich in die Gesellschaft einbringen", mit vereinten Kräften stellen müssten, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer am Mittwoch bei einem Diskussionsabend, zu dem die Kreis-Jusos nach Moosburg eingeladen hatten.

"Rechte Einstellungen nehmen in Deutschland leider zu oder bleiben zumindest auf konstant hohem Niveau", bedauerte der Juso-Kreisvorsitzende, Andreas Mehltretter. Er berichtete von Erhebungen, wonach 40 Prozent der Deutschen "der Meinung sind, dass Muslime nicht einwandern dürfen sollten. Zehn Prozent wünschen sich sogar einen Führer". Bedauerlicherweise, so Mehltretter, "drängt rechtes Gedankengut immer weiter in die Mitte".

Es gebe "eine europaweite Veränderung der Gesellschaft", sagte Schurer. Ob Frankreich, Österreich oder die einst als am liberalsten geltenden skandinavischen Länder - überall hätten Rechtspopulisten Zulauf. Die Alternative für Deutschland (AfD) etwa punkte nach außen "mit einer gesofteten Darstellung, aber je tiefer man in die Parteistrukturen eindringt, desto stärker merkt man den Übergang vom Rechtspopulismus zum Rechtsextremismus", so Schurer. Wenn der Vorsitzende der Jungen Alternative, wie neulich geschehen, offen ausspreche, dass die Partei inhaltlich mit der NPD auf einer Linie liege und sich nur durch ihr bürgerliches Umfeld unterscheide, sei das bezeichnend. Besorgniserregend sei, dass "inzwischen Risse durch alle Bereiche der gesellschaftlichen Mitte gehen". Ob Kirchen oder Parteien wie CSU oder SPD, überall höre man nun bedenkliche Stimmen etwa in Bezug auf die Flüchtlingspolitik, "selbst von kreuzbraven Gewerkschaftern, von denen man das nicht erwartet hat".

In den genannten Moosburger Facebook-Gruppen, in denen rechtspopulistische Posts und auch Hitler-Verharmlosungen kursierten, waren ebenfalls viele unbescholtene Bürger aus der Mitte der Gesellschaft als Mitglieder registriert. Von Vereinsfunktionären über Behördenmitarbeiter bis zu Vertretern diverser Parteien, etwa von Freie Wählern, CSU oder SPD, sei alles dabei gewesen, berichteten Journalisten des Freisinger Tagblatt, die Zugang zu den Gruppen hatten und von den Jusos als Referenten geladen worden waren. Freilich seien viele nur passive Mitglieder gewesen und hätten selbst weder Kommentare verfasst noch Beiträge geliked. In welcher Gruppe man sich befinde, sei jedoch aufgrund der dort kursierenden Posts für jedes Mitglied ersichtlich gewesen.

Der frühere Moosburger Freie-Wähler-Stadtrat Josef Birnkammer war ebenfalls Mitglied und einer derjenigen, die den rechten Hetzern und Populisten dort Paroli boten, wie er am Mittwoch berichtete. Es sei auffallend, "welch gutes Lieferantennetz die Rechten haben", sagte Birnkammer. In solchen Gruppen würden professionell aufbereitete Berichte von rechten Seiten geteilt und so unters Volk gebracht. Er riet den jungen Zuhörern im Raum, sich ebenfalls ein gutes Netzwerk zuzulegen, um den Rechten zu trotzen: "Sucht euch auch Leute, die professionelle Beiträge verfassen und teilt diese aktiv - ihr dürft nicht nur reagieren, sondern müsst bei der Diskussion die Führung übernehmen."

Alle gesellschaftlichen Gruppen müssten nun "eine riesige Bewusstseinskampagne starten" und sachlich, ohne Panik zu verbreiten, die Argumente der Rechten entkräften, sagte Schurer. Der Moosburger Klaus Lüchau hat in der Dreirosenstadt bereits die Initiative ergriffen, wie er sagte: "Ich bin gerade dabei, ein Netzwerk zu knüpfen und habe schon Kontakt zu Parteien und Gewerkschaften aufgenommen, um uns das nicht bieten zu lassen."

© SZ vom 22.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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