Alexander Schwarzberger hat ein Buch über Glück geschrieben. Der 32-jährige Wahlmoosburger erörtert anhand von Kurzgeschichten darin sein Rezept zum Glücklichsein. Der Autor plädiert auch für soziales Engagement in der Gesellschaft. Er selbst besucht pflegebedürftige Rentner in Altenheimen und versucht damit auch, deren Pfleger und Pflegerinnen zu unterstützen.
SZ: Herr Schwarzberger, was bedeutet für Sie Glück?
Alexander Schwarzberger: Glück spaltet sich in verschiedene Themenbereiche auf. Wir haben das Soziale, das ich in meinem Buch als den wichtigsten Punkt beschreibe. Wir können reich sein, wie wir wollen. Wenn wir keine anderen Menschen um uns haben, sind wir nichts. Unsere Mitmenschen sind täglich präsent. Das ist ein großes Glück, das wir zu wenig schätzen. In meinem Buch beschäftige ich mich mit der Frage, wie glücklich wir sein könnten, wenn wir einander mehr schätzten. Es gibt weitere Glückssäulen wie zum Beispiel Gesundheit oder die Erfüllung im Tun.
Bei Ihrem Buch "DEUCH, eine Gesellschaft voller Glück und du mitten drin", fällt zunächst die Schreibweise des Titels auf.
DEUCH ist eine Eigenkreation von mir. Was der Begriff bedeutet, wird im Laufe des Buches aufgelöst. Die Spannung will ich Ihnen jetzt nicht verderben (lacht).
Das Thema Glück steht zunehmend im Fokus der Öffentlichkeit. Es gibt Glücksratgeber, sogar Glücksunterricht an Schulen. Wie wurden Sie auf das Thema aufmerksam und wie kamen Sie auf die Idee, darüber ein Buch zu schreiben?
Ich beschäftige mich seit zehn Jahren mit dem Thema und habe damals selbst Glücksratgeber gelesen und Seminare besucht. Ich habe an mir selbst probiert, was funktioniert. So habe ich den für mich besten Weg gefunden. Ich begann, mich mit Freunden auszutauschen und Gedanken niederzuschreiben. Meine Freunde haben irgendwann gesagt: "Du musst ein Buch schreiben. Es ist toll, was du in deinem Kopf hast." Und so entstand die Idee.
Es gibt in Ihrem Buch eine Geschichte, die in einem Wartezimmer spielt. Was hat es damit auf sich?
Die Geschichte ist mir selbst passiert und begann sehr ärgerlich. Ich hatte einen Bandscheibenvorfall. Ich war bei drei verschiedenen Orthopäden, die entweder geschlossen hatten oder mich abwiesen, weil ich keinen Termin hatte. Beim vierten Orthopäden wurde ich aufgenommen, aber ich musste lange warten, das Wartezimmer war voll, es war heiß und die Stimmung war schlecht. Um 12 Uhr wurden alle Patienten angewiesen, die Praxis zu verlassen, weil das Personal Mittagspause machen wollte. Die Stimmung wurde noch schlechter, das ganze Wartezimmer hat sich vor der Tür versammelt und dann geschah etwas Magisches. Die Leute begannen auf einmal, miteinander zu reden. Der gemeinsame Ärger verband uns und erzeugte eine positive Stimmung. Als wir wieder in die Praxis durften, mussten wir selber festlegen, wer nun in welcher Reihenfolge dran käme, weil die Sprechstundenhilfen nicht mitgeschrieben hatten, wer wann gekommen war. Durch die tolle Stimmung hat das super funktioniert. Deshalb verarbeite ich die Geschichte in meinem Buch. Wenn wir die Kontaktmöglichkeiten, die in Wartezimmern entstehen, nutzen und nicht jeder für sich auf sein Handy starrt, dann bergen sie die Chance auf glückliche Momente.
Sollten wir den öffentlichen Raum mehr nutzen, um Gemeinschaft herzustellen?
Ja. Es gibt südliche Länder, wo die Leute nichts haben. Nichts! Aber die Stimmung dort ist ausgelassen. Wenn man dort eine Behörde betritt, ist es wie in einem großen Wohnzimmer. Die Leute sind ausgelassen. Sie schätzen einander. Bei uns ist die Haltung gegenüber dem Fremden erst einmal distanziert. Da heißt es: "Wer bist du? Lass mich in Ruhe!" Aber das ist der falsche Weg.
Glück ist etwas sehr Individuelles. Den Einen macht es glücklich, sonntagmorgens auf der Terrasse zu frühstücken, der Andere ist aber erst glücklich, wenn er sich die dritte Ferienwohnung in Florida gekauft hat. Kann man bei so unterschiedlichen Vorstellungen von Glück überhaupt ein allgemeingültiges Rezept zum Glücklichsein finden?
Ja. Wir alle brauchen einander. Auch prominente Menschen, die sehr erfolgreich sind, zerbrechen, weil sie auf dem Weg nach oben ihre zwischenmenschlichen Bindungen verloren haben. Was in sozialen Netzwerken passiert, ist schlimm. Man stellt sich auf ein Podest und sagt: "Guck, wie toll ich bin." Ein Like ist aber keine echte Wertschätzung. Wenn ich sozial eingebunden bin, kann das glücklich machen, selbst wenn vom Glückskuchen, wie ich es nenne, aufgrund von zum Beispiel fehlender Gesundheit etwas fehlt.
Wird in sozialen Netzwerken die Gemeinschaft missbraucht, um den eigenen Narzissmus zu bedienen?
Soziale Netzwerke sind Glückshemmer. Manche Leute zeigen sich dort nur in Extremsituationen. Frauen zeigen sich besonders oft sexualisiert, Männer besonders materiell orientiert. Es geht dabei nur noch um die Selbstdarstellung, nicht mehr um das Vernetzen. Die Leute sind nicht mehr toll, weil sie sind, wie sie sind.
Gleichzeitig sind Schriftsteller, die Kritik an den sozialen Netzwerken üben, darauf angewiesen, diese Kritik auch über die sozialen Netzwerke zu verbreiten.
Auch das soziale Engagement tritt in sozialen Medien in den Vordergrund. Das ist ein Trend, der mir gefällt. Jeder von uns hat so viel Macht, etwas zu bewegen, aber die meisten Menschen nutzen sie nicht.