Edle Rösser:Zur Volksbelustigung

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Das Archivstück des Monats zeigt die Bewerbung von Kaspar Gerstmeier, sein Hippodrom auf dem Volksfest aufstellen zu dürfen

Vom 7. bis 16. September findet zum 89. Mal das Freisinger Volksfest in der Luitpoldanlage statt. Dann sind die Freisinger Bürgerinnen und Bürger wieder dazu eingeladen, zehn Tage lang Spaß zu haben und eine gemütliche Zeit miteinander zu verbringen. Neben dem Genuss eines Brathendls oder einer Maß Bier gehören für viele Familien der Gang durch die Schieß- und Wurfbuden sowie Fahrten bei den verschiedenen Fahrgeschäften zu einem ordentlichen Volksfestbesuch dazu.

Das Freisinger Volksfest wurde zum ersten Mal zwischen dem 31. August und dem 9. September 1929 als "Schützen- und Volksfest" veranstaltet. Ganz in der Tradition der Landwirtschafts- und Gewerbeschauen des 19. Jahrhunderts war die Veranstaltung verbunden mit zahlreichen Ausstellungen von Vereinen, Tierzüchtern, Handwerkern und Institutionen. Präsentiert wurden beispielsweise die Errungenschaften verschiedener Weihenstephaner Einrichtungen sowie eine Obst- und Gartenbauausstellung, eine Bezirksbienenausstellung oder eine Ausstellung von landwirtschaftlichen Brennerei- und Molkereimaschinen. Weitere Höhepunkte des Volksfestes bildeten die Wettkämpfe der Schützenvereine sowie ein Pferderennen auf dem Rennplatz rechts der Isar.

Zur Belustigung der Freisinger Bevölkerung wurde zwischen den Ausstellungs- und Bierhallen ein Jahrmarkt mit Schaubuden, Essensständen und Fahrgeschäften errichtet. Wie heutzutage mussten sich im Jahr 1929 Schausteller, die ihre Attraktionen auf dem Volksfest präsentieren wollten, im Vorfeld für einen Platz auf der Volksfestfläche bewerben.

So fragte beispielsweise der Augsburger Kaspar Gerstmeier den Freisinger Stadtrat an, ob er mit seiner Reitbahn, dem Palast-Hippodrom, am ersten Freisinger Volksfest teilnehmen könnte und bat um baldige telegrafische Zusage. Beigelegt war laut Matthias Lebegern, Mitarbeiter des Stadtarchivs, eine Fotografie, um sich einen Eindruck von dem Schauzelt der Reitshow zu machen, die mit insgesamt 26 Tieren auf die Reise ging. Sie befindet sich im Stadtarchiv in den Altakten III zum Freisinger Volksfest 1929. Zunächst erhielt Kaspar Gerstmeier eine Absage durch den Freisinger Stadtrat, konnte schließlich aber als Vertretung für den Schausteller Reinhold Wiessner doch noch am Fest teilnehmen.

Wie heutzutage bildeten schon beim ersten Freisinger Volksfest 1929 die Schieß- und Wurfbuden den Großteil der Attraktionen. Hinzu kamen verschiedene Automatenspiele, wie beispielsweise ein automatischer Kraftmesser oder eine Personenwaage sowie eine eigens errichtete Kegelbahn.

Der Unterhaltung dienten, neben dem Hippodrom des Herrn Gerstmeier, verschiedene Varieté- und Tierschauen. So gab es neben Fakiren und anderen Artisten eine Urwaldschau mit Krokodilen, Riesenschlangen und verschiedenen Affenarten, welche aus dem Hamburger Tierpark Hagenbeck stammten. Als Fahrgeschäfte standen den Freisingern verschiedene Kettenkarusselle und Schiffschaukeln zur Verfügung. Zudem kleinere Kinderkarusselle und Ponyreithallen. Einen besonderen Anziehungspunkt stellte allerdings ein vollkommen neuartiges Fahrgeschäft dar, ein "Elektro-Selbstfahrer", oder "Auto-Scooter" - wie man heute sagt.

© SZ vom 05.09.2018 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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