Echinger Bürgermeister äußert sich erstmals zu einem VorwurfFormal korrekt

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Sebastian Thaler weist nach der Vergabe mehrerer Aufträge an seinen Schwager den Vorwurf der Vetternwirtschaft zurück, räumt aber ein, dass es besser gewesen wäre, die Situation offenzulegen

Von Klaus Bachhuber, Eching

Erstmals seit er im Zentrum mehrerer fragwürdiger Vorgänge steht, hat sich Echings Bürgermeister Sebastian Thaler zu einem der Vorwürfe geäußert. Im Bauausschuss des Gemeinderats schilderte Thaler Daten und Fakten zu den Auftragsvergaben der Gemeinde an seinen Schwager. Er habe "nichts zu verheimlichen", sagte er, in allen Fällen hätten die Zuschläge der Gemeinde deutliche Einsparungen gegenüber anderen Angeboten erbracht. CSU, FW und FDP hatten in einem gemeinsamen Antrag die Aufträge an Thalers Schwager als schwerwiegenden Interessenkonflikt gerügt und die Offenlegung aller Zahlen dazu gefordert.

Thaler legte nun dar, dass sein Schwager zunächst 2018 mit der Erstellung des Jahresberichts der Gemeinde beauftragt worden sei. Dessen Angebot sei bei rund 3900 Euro gelegen, zwei Vergleichsangebote seien teurer gewesen; abgerechnet worden seien 5300 Euro, was in einer inhaltlich begründeten Erhöhung der Seitenzahl gegenüber dem Auftrag und der Notwendigkeit einer Expresslieferung begründet sei. Beim Auftrag für ein Corporate Design der Gemeinde seien 16 Angebote in der Spannbreite von 8900 bis 74 500 Euro eingegangen, hier sei wieder der Betrieb des Schwagers der günstigste gewesen. Abgerechnet wurden knapp über 10 000 Euro, weil der Gemeinderat nach der Vorstellung noch zusätzliche Entwürfe gefordert habe, die nicht im Angebot umfasst gewesen seien.

Bei der Besucherführung und Bilderhängung im Rathaus seien nach Abgabe des Angebots durch den Schwager noch zwei Vergleichsangebote angefragt worden, wobei eines fast doppelt so hoch gelegen sei und der andere Kontakt abgesagt habe. Insofern seien alle Vergaben korrekt gelaufen, betonte der Bürgermeister, "wir hätten vielmehr einen Vergabeverstoß begangen, wenn wir ein teureres Angebot beauftragt hätten".

Für ihn sei es "ganz klar, dass eine Vetternwirtschaft zum Schaden der Gemeinde hier nicht der Fall" sei. FW-Sprecher Christoph Gürtner rügte, es wäre ehrlicher gewesen, in so einem Fall "vorab in den Gemeinderat zu gehen und die Situation offenzulegen". Jetzt bleibe "immer der Verdacht, es stinkt".

Thaler räumte ein, er würde das "im Nachhinein auch so machen". In so einer Situation sei "ein Geschmack nicht von der Hand zu weisen". Allerdings sei für ihn stets nur "wichtig gewesen, dass es so wirtschaftlich vorteilhaft für die Gemeinde ist". Alle Leistungen seien auch "zeitgerecht und vollständig erbracht worden".

SPD-Sprecher Carsten Seiffert monierte, wenn auch nicht finanziell, so sei "durchaus Schaden für die Gemeinde entstanden, dass nämlich über den Verdacht einer Bevorzugung diskutiert werden muss". Die Auftragsvergabe an den eigenen Schwager sei eindeutig eine Interessenkollision "und die löst man normalerweise, indem man sich aus der Vergabe raushält", sagte Seiffert.

Dass er den dritten Auftrag in seinem Beisein von Zweiter Bürgermeisterin Stefanie Malenke unterzeichnen ließ, sei darin begründet, dass er es "besser gefunden habe, wenn eine neutrale Person beauftragt", sagte Thaler auf Nachfrage. Bei der Rekonstruktion dieses Vorgangs gab es ein kleines Scharmützel, weil der Bürgermeister behauptete, Bauamtsleiter Thomas Bimesmeier sei informiert gewesen, dass es sich bei dem Auftragsnehmer um Thalers Schwager handle, Bimesmeier stritt das ab. Auch Bimesmeier versicherte jedoch, die Auftragsvergabe sei formal korrekt gelaufen.

Thaler betonte, in seiner Amtszeit habe es auch drei andere Fälle gegeben, wo Gemeindeaufträge an Verwandte von Gemeindemitarbeitern gegangen seien. Hier habe man jeweils "genauer hingeschaut", aber auch da sei die Vergabe "immer korrekt nach den Richtlinien" erfolgt und die beauftragten Leistungen anstandslos erbracht worden.

Wie mit dem dritten, noch nicht vollständig erfüllten und daher auch noch nicht abgerechneten Auftrag an die Firma des Schwagers verfahren werden solle, will der Gemeinderat noch entscheiden. Während Thalers Krankenstand war Zweite Bürgermeisterin Malenke mit einer Aufbereitung der Vorgänge beauftragt worden, deren Bericht soll nun abgewartet werden.

Seit über fünf Monaten laufen zwei staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen Sebastian Thaler, zu denen er bislang mit keiner Silbe Stellung bezogen hat. Der Gemeinderat hat bereits interne Untersuchungen gegen den eigenen Bürgermeister eingeleitet. Die Auftragsvergaben an die Firma von Thalers Schwager sind nicht bei der Justiz anhängig, sondern wurden auf den Antrag der drei Gruppierungen zur Klärung verwiesen. Thaler hatte zunächst auch dazu geschwiegen, ehe er nun im Ausschuss eine Stellungnahme abgab.

© SZ vom 09.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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