Wohnen für HilfeStudierende und Senioren in einer Wohngemeinschaft

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Selina Pöllner vom ASZ Eching bietet in der Gemeinde das Projekt "Wohnen für Hilfe" an.
Selina Pöllner vom ASZ Eching bietet in der Gemeinde das Projekt "Wohnen für Hilfe" an. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Sozialpädagogin Selina Pöllner bietet in Eching das Projekt „Wohnen für Hilfe“ an. Junge Menschen zahlen weniger Miete, müssen dafür aber ihren älteren Vermietern bei der Bewältigung ihres Alltags helfen.

Von Davida Schauer, Eching

„Meine Aufgabe ist es jetzt, den Menschen die Angst zu nehmen“, sagt Selina Pöllner. Die 23-jährige Sozialpädagogin des Mehrgenerationenhauses (MGH) und Alten Service Zentrums (ASZ) Eching möchte es mit dem Projekt „Wohnen für Hilfe“ möglich machen, Studierenden oder Auszubildenden Wohnraum zu verschaffen, indem sie bei Menschen wohnen, die Hilfe im Alltag brauchen. „Es geht um Unterstützung. Nicht nur für ältere Menschen, sondern auch für Menschen mit Behinderung oder für Familien, die Hilfe brauchen“, erzählt Pöllner. Die Inspiration dazu bekam sie aus München, vom Verein „Beinander E.V.“, der das Modell, mit Erfolg, schon seit einiger Zeit anbietet.

In der Theorie bedeutet dies, dass die jungen Menschen pro Quadratmeter Wohnfläche eine Stunde Alltagshilfe im Monat leisten müssen. Die Nebenkosten werden pauschal berechnet. Das heißt, die Vermietenden bekommen von den Studierenden Unterstützung, beispielsweise im Haushalt, beim Einkauf, Kochen oder bei der Gartenarbeit. Zu beachten ist, dass bei den jungen Leuten Pflegeleistungen jeglicher Art ausgeschlossen sind.

Selina Pöllner hat Anfang des Jahres ihren Bachelor in Sozialer Arbeit gemacht. Während ihres Studiums habe sie beobachten können, wie schwierig es für Studierende in Freising und München ist, bezahlbaren Wohnraum zu finden. „Die Wohnungssituation im Umkreis ist kritisch, die Mieten sind sehr hoch und es gibt generell zu wenig Angebote. Besonders für Studierende stellt das ein Problem dar“, sagt die Sozialpädagogin. Außerdem sei das, was man bei dem Projekt lerne, unerlässlich für das Berufs- und Privatleben eines Studierenden.

Durch ihre Arbeit beim ASZ und MGH seit dem 1. März hat Selina Pöllner beobachtet, wie viel Bedarf bei der Unterstützung älterer Menschen in Eching besteht. Deshalb hat sie das Projekt „Wohnen für Hilfe“ in Eching ins Leben gerufen. Sie empfinde es als für beide Parteien sehr nützlich, es sei „eine Win-win-Situation.“ Pöllner sagt, es könne die Lebensqualität der Vermietenden und ihrer jungen Mitbewohner um einiges verbessern.

Die Sozialpädagogin nimmt wahr, wie viele Senioren und Seniorinnen bereits früh in betreutes Wohnen oder sogar in ein Pflegeheim einziehen müssen. Das könne ihrer Ansicht nach verhindert werden, wenn sie sich Hilfe ins Haus holen. Es mache möglich, dass Menschen länger in ihren eigenen vier Wänden bleiben können. Zudem sagt Pöllner, es sei ein Vorteil, immer in Gesellschaft zu sein und fit zu bleiben. Außerdem würden die Vermietenden davon profitieren, dass jemand da ist, der im Alltag und im Haushalt Verantwortung übernehmen und unterstützen kann. „Es soll für sie möglich werden, weiterhin selbständig wohnen zu können.“ Das Angebot sei auch für Familien ausgelegt, die sich wünschen, unterstützt zu werden. So kann mit den Studierenden vereinbart werden, bei der Kinderbetreuung zu entlasten.

Am Ende werden passende Wohnpaare vorgeschlagen

Der Ablauf wird von Anfang an von Selina Pöllner begleitet. Zu Beginn gibt es einen Fragebogen für beide Beteiligten. Dort können Wünsche, Interessen und Anliegen angegeben und anschließend bei einem persönlichen Gespräch besprochen werden. Bei der Auswertung schaut Pöllner, wer mit wem zusammenpasst, sie vergleicht die Vorstellungen beider Parteien. Im Anschluss werden passende Wohnpaare vorgeschlagen. Es folgt ein Kennenlernen. Wenn alle Beteiligten zufrieden sind, wird die Wohnpartnerschaft durch die gemeinsame Gestaltung eines Vertrags bestimmt. Sicherheiten geben eine vierwöchige Probezeit und die Kündigungsfrist, welche zwei Wochen zum Monatsende beträgt. Selina Pöllner steht jederzeit als Ansprechpartnerin zur Verfügung und ist regelmäßig mit beiden Parteien in Kontakt.

Für die Zukunft wünscht sich die 23-Jährige, dass sich ganz viele Menschen melden und viele Vermittlungen gemacht werden können. Sie sei sich sicher, den Menschen durch das Projekt „super Erfahrungen“ bereiten zu können, jedoch verstehe sie auch, „dass es einfach noch ein bisschen Überwindung braucht“.

Die Idee „Wohnen für Hilfe“ ist im Landkreis Freising nicht neu. Der Kreisseniorenbeirat hatte sie 2015 initiiert. Im April 2021 stellte dessen damalige Vorsitzende Rita Schwaiger ernüchtert fest, dass „Wohnen für Hilfe“ vorerst gescheitert ist. Als Gründe dafür nannte sie bürokratische Hindernisse. Und: „Die Senioren ziehen nicht so mit.“ Bleibt zu hoffen, dass dem Projekt von Selina Pöllner mehr Erfolg beschieden ist.

Im ASZ Eching gibt es am Montag, 1. Juli, um 14.30 Uhr eine Infoveranstaltung zu „Wohnen für Hilfe“. Bei Interesse oder weiteren Fragen kann Selina Pöllner (089/32714216 oder poellner@asz-eching.de) kontaktiert werden.

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