Bezahlbares Wohnen:Eching erkennt eigenen Mietspiegel nicht an

Bezahlbares Wohnen: Der Haus- und Grundbesitzerverein sowie der Mieterverein haben den Mietspiegel begrüßt und akzeptiert. Im Rathaus fand er jedoch keine Mehrheit, der Gemeinderat lehnte den Mietspiegel mit 11:11 Stimmen ab.

Der Haus- und Grundbesitzerverein sowie der Mieterverein haben den Mietspiegel begrüßt und akzeptiert. Im Rathaus fand er jedoch keine Mehrheit, der Gemeinderat lehnte den Mietspiegel mit 11:11 Stimmen ab.

(Foto: Johannes Simon)

Der Gemeinderat erkennt das selbst erstellte Papier nicht an, weil CSU, FW und FDP dagegen sind. Da die Mieter- und Vermieterverbände ihn akzeptiert haben, ist der Mietspiegel dennoch rechtlich bindend.

Von Klaus Bachhuber, Eching

Die Mietpreise sind auch in Eching längst in Sphären des Irrwitzes vorgedrungen; auf einschlägigen Portalen werden regelmäßig Werte um die 20 Euro je Quadratmeter Kaltmiete aufgerufen. Nun gibt es in der Gemeinde zumindest eine Richtschnur für vernunftgemäße Festlegung des Mietzinses: Eching hat einen Mietspiegel aufgelegt. Im Gemeinderat fand er keine Mehrheit. Dennoch ist er rechtlich bindend.

Die Durchschnittsmiete, gemittelt durch alle Wohnungsgrößen und Baujahre, liegt laut Mietspiegel bei 12,51 Euro je Quadratmeter. Der nach wissenschaftlichen Kriterien erstellte Mietspiegel definiert nun in einer umfangreichen Tabelle den Richtwert für jede Wohnungsgröße zwischen 25 und 150 Quadratmetern. Ebenfalls definiert sind Zu- und Abschläge für das Alter der Wohnung, die Lage, eventuelle Sonderausstattungen und andere preisrelevante Kriterien.

Daraus errechnet sich für jede Immobilie ein exakter Mietwert. Der darf um bis zu 13 Prozent überschritten werden. Das seien "vernünftige Werte", bilanzierte Bürgermeister Sebastian Thaler bei der Vorstellung des Mietspiegels im Gemeinderat.

Für bestehende Mietverträge stellt diese Vorgabe eine bindende Marke dar, auf die sich Mieter wie Vermieter in Streitfragen berufen können, notfalls vor Gericht. Neue Mietverträge dürften laut Gesetz die Werte im Mietspiegel maximal um zehn Prozent überschreiten - allerdings ist dies angesichts der Wohnungsnot eher eine hypothetische Vorgabe.

5558 Wohneinheiten sind laut der Erhebung für den Mietspiegel derzeit aktenkundig. Jenseits der vom Eigentümer selbst genutzten Wohnungen und abzüglich unbrauchbarer Angaben wurden 1329 Rückmeldungen für die Übersicht ausgewertet. 64 Prozent davon wurden in den vergangenen sechs Jahren erstellt mit einer Durchschnittsmiete von 13,49 Euro; 36 Prozent waren älter bei einer Durchschnittsmiete von 10,80 Euro.

Sowohl der Haus- und Grundbesitzerverein Freising als auch der Mieterverein Neufahrn-Eching haben nach Angabe der Gemeinde den Mietspiegel begrüßt und akzeptiert. Die Gemeinde selbst erkennt ihren eigenen Mietspiegel allerdings nicht an. CSU, FW und FDP lehnten das selbst erstellte Papier ab. Bei einem Stimmenpatt von 11:11 gegen SPD, Grüne und Bürger für Eching/ÖDP war er damit abgelehnt.

Der CSU-Sprecher stellt die Wirksamkeit in Frage

Er stelle "die Wirksamkeit in Frage", argumentierte CSU-Sprecher Georg Bartl, das Papier sei damit "nicht erforderlich". Zudem bestehe das Risiko, dass Vermieter, die jetzt noch deutlich günstigere Mieten anböten, "wachgerüttelt" würden.

Bürgermeister Thaler sagte, er "teile die Skepsis, dass es bei Neu-Vermietungen viel bringt". Allerdings sei der Mietspiegel eine wichtige Richtschnur und in Streitfällen "eine Grundlage für Mieter, sich zu wehren". SPD-Sprecher Herbert Hahner nannte die Übersicht "eine Service-Leistung der Gemeinde".

Da die Interessenverbände sowohl der Mieter als auch der Vermieter die Einführung begrüßt hätten, sei die Ablehnung durch den Gemeinderat schwer verständlich. Für die Wirksamkeit des Instruments hat die Ablehnung im Rat keine Bedeutung. Mit der Akzeptanz durch die Interessenverbände erlangt der Mietspiegel rechtliche Verbindlichkeit.

Der Mietspiegel müsste in zwei Jahren fortgeschrieben und in vier Jahren komplett neu erstellt werden, um seine Gültigkeit zu behalten. Die Kosten für die komplette Erstellung liegen derzeit bei rund 30 000 Euro. Auch dies war den ablehnenden Fraktionen zu viel an Aufwand.

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