Echinger Bürgermeister wehrt sich:Dubiose Attacke gegen Thaler

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Echings Bürgermeister Sebastian Thaler muss sich gegen Vorwürfe der CSU-Fraktion wehren. (Foto: Johannes Simon)

CSU-Ortsvorsitzender Yavuz Kalkan vergleicht einen Wohnungskauf von Sebastian Thaler mit dem Enkeltrick, bleibt aber jeden Beweis schuldig.

Von Klaus Bachhuber, Eching

Das Ehepaar Marlen und Sebastian Thaler hat sich 2019 eine Wohnung in Eching gekauft. Dass dieser eigentlich banale Vorgang seit Wochen den Echinger Gemeinderat beschäftigt und nun auch die Generalstaatsanwaltschaft München, liegt am Umgang der Echinger CSU mit dem privaten Vorgang. Diese hat "schweres moralisches Unbehagen" geäußert und den Kauf durch das Ehepaar Thaler - der Bürgermeister ist bei der CSU nicht gerade wohl gelitten - in die Nähe eines kriminellen "Enkeltricks" gerückt, ohne das allerdings durch Fakten oder Belege zu unterfüttern. Der Bürgermeister hält die Andeutungen der CSU für "diffamierend" und hat den Vorfall an die neu eingerichtete Hate-Speech-Stelle bei der Generalstaatsanwaltschaft gemeldet.

In einem "Offenen Brief" an alle Gemeinderäte und zwei Tageszeitungen hatte der CSU-Ortsvorsitzende Yavuz Kalkan eine Reihe angeblich offener Fragen zu dem privaten Kaufvorgang aufgelistet, den er für ein "sehr befremdliches Vorgehen" halte, das "ein ungutes Gefühl hinterlassen" habe. Auf Rückfragen eines Gemeinderats legte Kalkan dann in einem weiteren Schreiben nach, das er wiederum in Teilen der Tagespresse zuleitete; darin führt er eine "für unsere Gemeinde Eching und auch für unsere politischen Organe sehr große Belastung" an und nennt den Kauf "höchst fragwürdig".

Der Vorbesitzer ist mittlerweile gestorben

Offenbar hat das Ehepaar Thaler nach fünfjähriger Wohnungssuche die Immobilie von einem Echinger erworben, den der Bürgermeister vor Jahren kennengelernt hatte. Der damals 91-jährige Verkäufer der Wohnung ist mittlerweile gestorben. Nach Angaben der CSU, deren Mitglied der Verstorbene war, hinterließ er weder Kinder noch nahe Verwandte. Seit 14 Jahren verbrachte er seinen Lebensabend im Echinger Alten- und Service-Zentrum.

Die CSU weist in ihren beiden Schreiben keine erkennbaren Ungereimtheiten an dem privaten Geschäftsvorgang nach, sondern rückt den Kauf durch eine Reihe von Fragen in ein schiefes Licht. Das Bild, das dadurch suggeriert wird, zeichnet eine Abhängigkeit des Seniors vom Bürgermeister durch das Mietverhältnis im ASZ, konstruiert eine unsachgemäße Mittlerrolle des ASZ und stellt den Kauf als amtliche Angelegenheit der Gemeinde dar.

Was aber sind die Grundlagen dieser Hypothesen? Die Gemeinde ist lediglich Eigentümerin des ASZ-Gebäudes, das Mietverhältnis im Betreuten Wohnen geht jeder Bewohner mit dem Verein "Älter werden in Eching" ein, der selbstverwaltet ist; mit lediglich zwei Stimmen für die Gemeinde im 25-köpfigen erweiterten Vorstand.

Das Alten- und Service-Zentrum hat keinen Einblick in die Vermögensverhältnisse der Bewohner

Eine der Fragen Kalkans lautet: "Inwieweit werden Informationen über Besitztümer der ASZ-Bewohner oder -Patienten von der Einrichtungsleitung mit der Gemeindeverwaltung oder dem Bürgermeister kommuniziert?" Doch das ASZ ist kein Altenheim, sondern vermietet lediglich Wohnungen und stellt auf individuellen Wunsch Pflegeleistungen bereit. Insofern sei "kein Nutzer des ASZ verpflichtet, persönliche Angaben über seine Vermögensverhältnisse zu machen", heißt es in einer Klarstellung des Vereins "Älter werden in Eching" dazu; sollten staatliche Leistungen beantragt werden, müssten Angaben zu finanziellen Verhältnissen einzig gegenüber den Krankenkassen oder Pflegeträgern erbracht werden, nicht aber gegenüber dem ASZ. Bei eventuellen Beratungen durch das ASZ zu diesen Fragen unterlägen alle Mitarbeiter der Schweigepflicht.

Dann will die CSU wissen, ob "ein Erwerb der Wohnung durch die Gemeinde selbst in Erwägung gezogen und geprüft" worden sei, ob "das Immobilienangebot und der Kauf durch einen Dritten geprüft, bewertet und freigegeben" wurden oder Thaler dies allein entschieden habe - Fragen, die man nur erwarten würde, wenn es sich um eine Transaktion mit öffentlichem Geld für die Gemeinde handelte. Kalkan schreibt, er hätte es begrüßt, "dass entweder eine Institution wie beispielsweise ein Ombudsmann zu diesem Vorgang kontaktiert wurde oder zumindest der Gemeinderat vor dem geplanten Kauf informiert worden ist und dem Vorgehen des Bürgermeisters zugestimmt hat". Bei einem privaten Immobilienkauf wäre dies allerdings seltsam, selbst wenn es sich bei dem Käufer um einen Bürgermeister handelt. Kein Echinger Gemeinderat war jemals mit einer Immobilientransaktion von Bürgermeister Josef Riemensberger (CSU) befasst - warum auch?

Kommentar
:Beweise müssen auf den Tisch

Einfach nur Fragen aufzuwerfen und Gerüchte zu streuen, ist schlechter Stil.

von Petra Schnirch

Beweise stehen in dem "Offenen Brief" keine

Belege für eine Unregelmäßigkeit bei dem Wohnungskauf sind dem "Offenen Brief" nicht zu entnehmen. Auch auf Nachfrage benannte Kalkan keine Fakten. Eine Frage im Brief des CSU-Vorsitzenden lautet etwa: "War der Verkäufer zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht selbst in der Lage, den Kaufvertrag innerhalb der Geschäftsräume eines Notars abzuschließen, da der Kaufvertrag komplett im ASZ abgewickelt worden sein soll?" Allerdings wurde der Kauf durchaus bei einem Notar abgewickelt, zu dessen Amtspflichten auch die Prüfung der Geschäftsfähigkeit der beteiligten Personen gehört.

Auf einen diesbezüglichen Hinweis schrieb Kalkan in seiner zweiten E-Mail: "Dieses Vorgehen des Bürgermeisterehepaars erinnert mich an Parallelen zum bekannten Enkeltrick. Ob man eine betagte Dame überredet, gemeinsam zur Bank zu gehen, ihre Ersparnisse abzuheben und jemandem auszuhändigen, der nicht ihr Enkel ist, oder einen hochbetagten Mann aus dem Pflegeheim zum Notar zu fahren, damit dieser seine Immobilien dem Bürgermeisterehepaar verkauft, empfinde ich als höchst befremdlich. Was ist hier legal oder legaler?"

Obwohl für den CSU-Ortsvorsitzenden in seinem Brief "der gesamte Gemeinderat in der Pflicht steht, eventuell fragwürdige Geschehnisse aufzuklären", hat die wahrlich nicht Thaler-freundliche CSU-Fraktion im Gemeinderat die Fragen ihres Ortsvorsitzenden noch kein einziges Mal in einer Sitzung thematisiert, dem Vernehmen nach auch nicht in nichtöffentlichen Sitzungen. Kalkan selbst hat dazu erklärt, die CSU-Fraktion habe "von der Entscheidung des Vorstands hinsichtlich des offenen Briefes keine detaillierten Kenntnisse" gehabt. Auch auf der Webseite der Echinger CSU ist der Brief des Ortsvorsitzenden nicht veröffentlicht worden. In seiner E-Mail hatte Kalkan betont, es sei "Pflicht" des Ortsverbands, "eventuellen Missständen oder Gerüchten nachzugehen, die unsere Mitglieder betreffen. Darauf können sich alle unsere Mitglieder zu 100 Prozent verlassen."

Publiziert wurde der "Offene Brief" auf dem Online-Portal eines CSU-Mitglieds

Publiziert wurde der "Offene Brief" online auf dem Portal "Echinger Rundschau", das CSU-Mitglied Julian J. Heike verantwortet. Es bezeichnet sich als "Plattform für Echinger Bürger". Kalkans "Offener Brief" war der sechste Beitrag dort insgesamt und der fünfte, der sich kritisch mit Entscheidungen des Bürgermeisters auseinandersetzt oder ihn frontal attackiert.

Die Gemeinderatsgruppierungen, die Thaler unterstützen, SPD, Grüne, Bürger für Eching und Echinger Mitte, haben sich zu den Briefen der CSU nicht geäußert. In der jüngsten Ausgabe des Ortsnachrichtenblatts Echinger Forum greifen nun die Freien Wähler, inhaltlich sehr häufig mit der CSU auf einer Linie, den Vorgang auf und attestieren den Attacken der CSU "einen ranzigen Beigeschmack". FW-Fraktionssprecher Christoph Gürtner fordert die CSU darin auf, die Vorwürfe bezüglich des Kaufes "umgehend mit Beweisen zu untermauern". Andernfalls bekomme "die Sache einen Beigeschmack und man muss davon ausgehen, dass hier dem Amtsinhaber nur geschadet werden soll".

Thaler selbst nennt die Einlassungen in den beiden Briefen der CSU "haltlos und an den Haaren herbeigezogen". Weiter will er sich nicht äußern, nachdem die Angelegenheit bei der Hate-Speech-Stelle liegt. Mittlerweile hat er auch Betriebe angeschrieben, die auf der Seite der "Echinger Rundschau" mit ihrem Emblem vertreten sind, und appelliert an sie, "ihre Entscheidung der Unterstützung zu überdenken". Das Portal sei "ins Leben gerufen, um Gerüchte gegen mich zu streuen". Die Generalstaatsanwaltschaft München wird das jetzt beurteilen.

© SZ vom 05.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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