Süddeutsche Zeitung

Drohungen und Einschüchterungsversuche:Der Ton wird rauer

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Gemeinde- und Kreisverwaltungen sind immer öfter mit unflätigen Mails und aggressiven Bürgern konfrontiert. Besonders betroffen sind die Verkehrsüberwachung, das Mahn-, Vollstreckungs- und Kindergartenwesen.

Von Alexander Huber, Freising

Beleidigungen, Drohungen, Gewalt gegen Kommunalpolitiker und Mitarbeiter öffentlicher Verwaltungen - vergangene Woche machte eine Umfrage des BR-Magazins Report München unter mehr als 1 000 deutschen Bürgermeistern das ganze Ausmaß der Problematik deutlich: 46 Prozent aller Bürgermeister wurden demnach schon persönlich beschimpft oder bedroht, fast zwei Prozent körperlich angegriffen.

Das Phänomen macht vor den Landkreisgrenzen nicht halt. Von ernsthaften Bedrohungen oder gar physischen Attacken berichtet zwar keiner der befragten Bürgermeister, persönliche Beleidigungen haben allerdings schon mehrere erlebt: Der Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher (FSM) berichtet etwa von anonymen Briefen mit beleidigendem Inhalt. Solche Nachrichten kämen zwar nicht täglich, aber immerhin gelegentlich in unregelmäßigen Abständen. Auch in Moosburg, der zweiten Stadt im Landkreis, hat es schon anonyme beleidigende Briefe und E-Mails an die Adresse der Moosburger Bürgermeisterin Anita Meinelt (CSU) gegeben, heißt es aus dem dortigen Rathaus.

Die Themen, auf die sich die anonymen Briefeschreiber beziehen, sind laut Eschenbacher dabei ganz unterschiedlich. Teilweise behandelten die Nachrichten allgemeine bundesweite Themen, manchmal ginge es aber auch um kommunale Angelegenheiten in Freising, etwa Verkehrsthemen.

Angefeindet ja, bedroht oder attackiert nein

In kleineren Gemeinden scheint die Situation vergleichbar: Weder Franz Heilmeier (Grüne) aus Neufahrn, noch Rupert Popp (PFW) aus Allershausen können sich an Bedrohungen oder Attacken erinnern. Nachrichten mit aggressivem Ton, leichte Beleidigungen und Unterstellungen kennt aber auch der Neufahrner Bürgermeister. Popp wurde nach eigener Aussage ebenfalls immer mal wieder angefeindet, aber noch nie bedroht oder gar attackiert.

Unmittelbarer von Hass und Gewalt betroffen als Mandatsträger sind oft die Mitarbeiter von kommunalen Verwaltungen und lokalen Ämtern. Laut der Erhebung im Auftrag des BR kam es in acht Prozent der Kommunalverwaltungen bereits zu körperlichen Übergriffen. In der Vergangenheit endeten solche Übergriffe immer wieder auch tödlich.

Auch die öffentlichen Verwaltungen im Landkreis sind schon zum Ziel von Beleidigungen und Übergriffen geworden: Die Berichte von Rupert Widmann, Hauptamtsleiter bei der Stadt Freising, lassen auf eine Verrohung des Umgangs im Kontakt mit städtischen Mitarbeitern schließen. Von Hassmails oder gar Morddrohungen kann er zwar nicht berichten, der allgemeine Ton, gerade im E-Mail-Verkehr, sei in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren allerdings merklich rauer geworden.

Unhöfliche E-Mails trudeln alle paar Tage ein

"Die Anspruchsmentalität wird größer", stellt Widmann fest, die Art und Weise, mit der Forderungen vorgetragen würden, unhöflicher. Etwa ein- bis zweimal im Monat habe man mit unflätigen Briefen zu tun, mit unhöflichen E-Mails sogar alle paar Tage. Etwa drei- bis viermal habe die Stadt in den vergangenen Jahren zudem Hausverbote gegen aggressive Besucher erlassen müssen, erinnert sich Widmann - und vor einigen Monaten kam es sogar zu einem körperlichen Übergriff: Eine Mitarbeiterin sei von einem erbosten Mann mit einer Computertastatur beworfen worden. Der Anlass: nichtig. Die Stelle sei schlicht für das Anliegen des Mannes nicht zuständig gewesen. Die Angestellte der Stadt kam wohl nur deshalb nicht zu Schaden, weil das Kabel, an dem die Tastatur befestigt war, zu kurz war, um sie zu erreichen. Der Fall sei selbstverständlich zur Anzeige gebracht worden, erklärt Widmann, die habe allerdings noch nichts ergeben.

Im Landratsamt patrouilliert zum Schutz der Mitarbeiter mittlerweile eine eigene Security. Gewaltandrohungen gegen Kollegen kämen immer wieder vor, meint Sprecherin Eva Zimmerhof, vor allem, wenn es um Sozialhilfe gehe. Auch unhöfliche Briefe und Anrufe kennt man im Landratsamt: "Das gehört schon ein bisschen dazu", meint Zimmerhof.

Moosburg hat zwei Vorfälle zur Anzeige gebracht

In der Moosburger Stadtverwaltung hat man ebenfalls schon Erfahrungen mit Einschüchterungsversuchen und Drohungen gemacht: Angestellte der Verwaltung wurden, laut Evelyn Stadler von der Stadt, schon zum Ziel von Hass. Betroffen seien besonders Sachgebiete, in denen Entscheidungen mit negativen Auswirkungen für Bürger getroffen werden müssen. Darunter etwa die Verkehrsüberwachung, das Mahn- und Vollstreckungswesen, aber auch das Kindergartenwesen, wo Anfragen für Betreuungsplätze nun einmal manchmal abgelehnt werden müssen. Einschüchterungsversuche und Beleidigungen kämen in diesen Bereichen häufiger vor, als anderswo. Bestimmte Personen seien bei der Verwaltung mittlerweile auch schon bekannt für ihr Verhalten.

In der Wahrnehmung der Stadtverwaltung sind solche Vorfälle in Moosburg in den vergangenen Jahren nicht unbedingt häufiger geworden, aber intensiver - im Moment sind zwei Verfahren wegen Vorfällen, die seitens der Stadt zur Anzeige gebracht wurden, offen. Der Ton wird also rauer in den Verwaltungen, auch im Landkreis.

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