Drogenkonsum bei Jugendlichen:Der Joint ist ganz normal

Marihuana Joint

Immer mehr Jugendliche konsumieren Cannabis.

(Foto: dpa)

Laut Prop-Verein ist der Konsum von Cannabis bei Jugendlichen zunehmend verbreitet. Die Zahl der Drogendelikte hat sich in nur fünf Jahren verdoppelt. Sorgen bereiten den Suchttherapeuten aber auch "Legal Highs".

Von Gudrun Regelein, Freising

Er ist männlich und zwischen 16 und 18 Jahre alt, hat keinen Migrationshintergrund, geht zur Schule und wohnt noch bei den Eltern. Er kifft zu viel - und raucht Zigaretten. "Er" ist der durchschnittliche Klient bei Prop, dem Verein für Prävention, Jugendhilfe und Suchttherapie in Freising. Rauchen, trinken, kiffen: Für viele Jugendliche ist ein Joint mittlerweile so normal, wie der Griff zu Alkohol oder Zigaretten. "Cannabiskonsum gehört zur Normalität. Es ist nach wie vor die Droge der Wahl bei den Zwölf- bis 17-Jährigen", sagt die Suchttherapeutin und Prop-Leiterin, Bärbel Würdinger.

Die meisten Jugendlichen in der offenen Sprechstunde kämen wegen einer Cannabis-Abhängigkeit. "Cannabis ist verbreitet, es ist leicht verfügbar", sagt Würdinger. Zu kiffen bedeute auch keine Stigmatisierung, im Gegenteil: "Viele sagen, es ist eine Pflanze, es ist doch etwas Natürliches."

Auch bayernweit gibt es immer mehr Jugendliche unter 18 Jahren, die mit Drogen - hauptsächlich Cannabis - erwischt werden: Im Freistaat hat sich die Zahl der Betäubungsmitteldelikte innerhalb von fünf Jahren fast verdoppelt. Lag sie im Jahr 2011 noch bei etwa 2700 Tatverdächtigen, waren es 2015 bereits knapp 5000. Auch im Landkreis Freising ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten, hier hat sich die Zahl sogar mehr als verdoppelt. Waren es 2011 noch 59 unter 18-Jährige gewesen, so stieg ihre Zahl bis 2015 auf 123 minderjährige Tatverdächtige an.

Der Freistaat will dieser Entwicklung nun entgegenwirken: In den Schulen soll das Thema Drogen fächerübergreifend behandelt werden. Auch soll es an jeder weiterführenden Schule einen Ansprechpartner für Fragen rund um Drogen und Alkohol geben, je ein Lehrer soll für die Suchtprävention verantwortlich sein. Jährlich lässt sich der Freistaat die Maßnahmen zur Suchtprävention und Suchthilfe sieben Millionen Euro kosten.

Auch an Freisings Schulen gibt es Präventionsprojekte zum Thema Sucht - zumeist in Zusammenarbeit mit Prop oder dem Gesundheitsamt. Allerdings sei Cannabis und der Handel damit in den vergangenen zwei, drei Jahren kein Thema gewesen - "zumindest nicht an den Schulen, an denen ein Jugendsozialarbeiter tätig ist, das sind neben Grundschulen, Grund- und Mittelschulen, die Staatliche Berufsschule und das Förderschulzentrum", sagt Brigitte Huber, Sachgebietsleiterin Jugendsozialarbeit an Schulen im Landkreis. "Das Verhältnis zwischen Schülern und Jugendsozialarbeitern ist ein sehr gutes - bei Problemen wenden sich die Schüler vertrauensvoll an sie. Einen Fall, in dem es um Cannabis ging, hatten wir nicht", so Huber.

Sicher sei die Präventionsarbeit mit einem Sozialarbeiter an einer Schule deutlich höher, sagt dagegen Bärbel Würdinger, aber: "Das stark ausgeprägte jugendspezifische Cannabisproblem löst man aber nicht so einfach." Bei Prop sei die Gruppe der betroffenen Schüler und Studenten zumindest sichtbar gewachsen.

Sorgen bereiten der Suchttherapeutin neben Cannabis aber auch die sogenannten "Neuen Psychoaktiven Substanzen", kurz NPS, die Legal Highs, die beispielsweise als Kräutermischungen oder Badesalze verkauft werden. Bis vor Kurzem konnten diese vollkommen legal im Internet bestellt werden, erst seit November 2016 fallen sie unter das Betäubungsmittelgesetz. "Ich bin froh darum", sagt Würdinger.

Bei den Legal Highs handele es sich um Abfallprodukte aus der medizinischen Forschung, es sei "ein übles Zeug", das schwerste Psychosen auslösen könne und zu Einweisungen ins Krankenhaus oder schlimmstenfalls zum Tode führe. Auch im Landkreis seien die Zahlen hier deutlich angestiegen. Alkohol dagegen, so berichtet Würdinger, werde von den Jugendlichen nicht mehr so häufig getrunken, "aber wenn, dann oft exzessiv". Zumeist werde er mit dem Ziel eines Rausches konsumiert, meist fehle die Risikokompetenz, Risiken könnten also nicht eingeschätzt werden. "In einer Hochleistungsgesellschaft klinken sich die Jugendlichen, die im Leistungsbereich abstinent leben, in der Freizeit vollkommen aus", sagt Würdinger. Gerade bei Schülern und Studenten sei dieses Phänomen zu beobachten - unter den Rauschtrinkern sei die Gruppe der 15- bis 20-jährigen Männer die größte. Bemerkenswert sei aber auch, dass es immer mehr Mädchen und junge Frauen gebe, die exzessiv trinken.

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