Dritte Startbahn:"Wer mit dem Kopf durch die Wand will"

Dritte Startbahn: Möglicherweise gibt es eine erneute Bürgerbefragung zur dritten Startbahn.

Möglicherweise gibt es eine erneute Bürgerbefragung zur dritten Startbahn.

(Foto: Marco Einfeldt)

Erwin Huber verhalte sich "wie ein kleines Kind", sagt sein Freisinger Parteikollege Florian Herrmann. Einer möglichen erneuten Bürgerbefragung zur dritten Startbahn sehen Landkreis-Politiker gelassen entgegen.

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Die Querelen innerhalb der bayerischen CSU um den Bau der dritten Startbahn sorgen im Landkreis Freising naturgemäß nicht für große Begeisterung. Ministerpräsident Horst Seehofer hatte angekündigt, noch einmal die Bürger befragen zu wollen. Der frühere CSU-Chef Erwin Huber sieht die rechtlichen Voraussetzungen dafür gleich aus mehreren Gründen nicht gegeben - und droht dem aktuellen Parteichef mit einer Verfassungsklage. Dabei würde die Stadt Freising, so die Zweite Bürgermeisterin Eva Bönig (Grüne), einer erneuten Bürgerbefragung, sogar auf landesweiter Ebene, "ohne Schrecken" entgegenblicken. Es habe sich gezeigt, dass die Bürger sich immer öfter gegen Großprojekte wie den Bau der dritten Startbahn aussprächen.

Grundsätzlich sei die Stadt aber nicht dazu da, die internen Querelen der CSU in Sachen dritte Startbahn zu bewerten, sagte Eva Bönig weiter. "Das müssen die schon unter sich ausmachen." Ihre persönliche Meinung sei jedoch, dass Erwin Huber in dieser Sache wohl doch die juristische Legitimation fehle. Belastend sei die Ungewissheit für die Bürger in den am meisten von einer möglichen dritten Startbahn betroffen Stadtteilen wie Attaching, aber auch das Seilerbrückl, Pulling, Lerchenfeld und Sünzhausen.

"Wer mit dem Kopf durch die Wand will, scheitert meistens an der Wand", so kommentierte Erwin Hubers Parteikollege, der Freisinger CSU-Landtagsabgeordnete Florian Herrmann, die Pläne des früheren CSU- Parteichefs. Huber betreibe gerade einen völlig veralteten Politikstil und benehme sich in dieser Sache "wie ein kleines Kind. Er will die dritte Startbahn einfach jetzt gleich".

Herrmann verteidigt dagegen Seehofers Vorgehen

Seehofer dagegen wolle die Fakten auf den Tisch legen, arbeite "mit offenem Visier" und ohne Tricks. "Wenn man sagt, man will die dritte Startbahn, dann muss man eben sehen, wie kann man sie realisieren. Und das geht nur mit der Beteiligung der Bevölkerung". Nach Herrmanns Einschätzung könne es da nur auf die Wiederholung des Münchner Bürgerentscheides hinauslaufen - und auch nur dann, wenn sich die Fakten ändern, also sich die Zahl der Starts und Landung signifikant erhöhen würden. "Ich glaube, dass sich auch dann die Mehrheit der Bevölkerung gegen den Startbahnbau aussprechen wird. Dann ist sie aber meiner Ansicht auch politisch erledigt, man kann ja nicht so lange abstimmen lassen, bis es passt", so Herrmann. Und weiter: "Für die Startbahngegner wäre das also eine Chance."

Ludwig Grüll, Sprecher von Plane Stupid, ist als Bewohner von Attaching einer der direkt Betroffenen. "Ich komme mir vor wie ein schwerkranker Patient auf der Intensivstation. Man liegt im Bett, hängt an Schläuchen und Apparaten, man stellt den Ärzten die Frage, wie es denn nun weitergeht und bekommt keine Antwort", schilderte Grüll seine Gefühlslage. Das habe er auch Ministerpräsident Seehofer schon so gesagt, "er lag ja selber mal auf Intensiv". Damals habe der das sehr gut verstanden, mittlerweile habe er es wohl wieder vergessen. "Man muss doch auch das machen, was die Bevölkerung will, man kann doch nicht so lange abstimmen lassen, bis das Ergebnis stimmt", kritisierte Grüll.

"Aufgemuckt"-Aktivisten zweifeln an den Aussagen fast aller Politiker

"Der Eiertanz in der CSU zum Thema dritte Startbahn hat einen neuen Höhepunkt erreicht", erklärte Benno Zierer, Freisinger Landtagsabgeordnete der Freien Wähler. Vor einem Bürgerentscheid oder einer Volksbefragung sei ihm jedoch nicht bange, sagte Zierer. Wenn sich die CSU nicht intern einigen könne, müssten eben die Bürger den unnötigen Ausbau endgültig zu Fall bringen. Christian Magerl, Landtagsabgeordneter der Grünen, forderte Erwin Huber auf, "dringend die Fakten in den Statistiken zur Kenntnis nehmen. Auch Ende April 2016 gibt es erneut kein Wachstum bei den Flugbewegungen und damit auch keinen Bedarf für eine dritte Startbahn". Die Aktivisten von "Aufgemuckt" ließen über ihre Website mitteilen, die aktuellen Meldungen gäben allen Anlass, an den Aussagen so gut wie aller Politiker zu zweifeln. Wenn sich jetzt schon Politiker mit Klagen gegenseitig bedrohten, spreche das nicht für sie.

Gar nicht bewerten will man die innerparteilichen Querelen um den Bau der dritten Startbahn bei der Flughafengesellschaft FMG: "Der Ball liegt jetzt bei der Politik, die Entscheidungsentwicklung, die gerade läuft, kommentieren wir nicht", sagte dazu FMG-Pressesprecher Ingo Anspach. Die Haltung der FMG dazu sei klar: "Wir brauchen die dritte Startbahn bald."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: