Im Januar ziehen die Sternsinger wieder von Haus zu Haus, stimmen ihre Lieder an und erbitten freundlich Gaben. Feierlich führen sie einen Stern mit sich, der an jene Himmelserscheinung erinnert, die einst den Magiern aus dem Morgenland den Weg zur Krippe Jesu gewiesen hat. Das berichtet zumindest der Evangelist Matthäus, der allerdings noch nichts von drei bekrönten Fürsten namens Kaspar, Melchior und Balthasar wusste. Bereits in der Spätantike war aus den Magiern ein königliches Dreigespann geworden, erst im 6. Jahrhundert nach Christus setzten sich ihre Namen durch.
Woher kommt aber der Brauch, dass junge Menschen, bunt verkleidet und geschminkt, singend von Haus zu Haus ziehen, um Geschenke zu erheischen? Und wie wurden aus den wohlhabenden Besuchern aus dem Morgenland, die den Heiland mit Gold, Weihrauch und Myrrhe bedachten, königliche Bittsteller?
Am Anfang standen wohl die Dreikönigsspiele, eine besondere Form des mittelalterlichen Weihnachtsspiels, das die Liturgie der Kirche bereicherte. Das Fragment eines gesungenen Dreikönigsspiels aus Freising findet sich in einer Handschrift des 9. Jahrhundert, die in der Bayerischen Staatsbibliothek in München verwahrt wird. Sollte das nachträglich darin eingefügte Pergamentblatt mit dem Magierspiel so alt sein, wie die restlichen Teile der Handschrift, wäre dies das älteste noch erhaltene Dreikönigsspiel im gesamten deutschsprachigen Raum.
Erst ab dem 16. Jahrhundert häufen sich dann schriftliche Hinweise auf kostümierte Sternsinger, die von Haus zu Haus zogen und singend Gaben erbaten. In Deutschland erschienen ihre Lieder als Handschriften oder Druck-Erzeugnisse. Relativ schnell verbreitet sich diese Form des Dreikönigssingens über ganz Europa. Nicht immer war es jedoch fromme Andacht, sondern oft auch pure Not, die die Sternsinger antrieb. Die ersungenen Naturalien und Münzen sicherten das Überleben verschiedener Bevölkerungsgruppen, die aus Bettlern, beschäftigungslosen Handwerkern, ehemaligen Soldaten und Schülern bestanden. Entsprechend heterogen waren die auch Scharen der Sternsinger und entsprechend dissonant der Klang ihrer Stimmen. In der Folge blieben vernichtende Urteile nicht aus. "Ain ibls gesang" notierte zum Beispiel der Zellerar des Klosters Ettal im Jahr 1578 nach dem Besuch eines Sternsingerensembles in sein Rechnungsbuch.
Die Obrigkeit stand dem Brauch des Dreikönigssingens von Anfang an zwiespältig gegenüber: Aggressives Ansingen, Hausfriedensbruch und Raufereien zwischen konkurrierenden Sängerformationen führten zu restriktiven Maßnahmen. In der Pfalz verbot 1582 Kurfürst Ludwig VI. das Dreikönigssingen, nur arme Schüler durften sich weiterhin mit frommen Liedern ein Almosen verdienen.
In der geistlichen Stadt Freising hingegen erfreuten sich die Heiligen Drei Könige auch im 17. Jahrhundert noch der Wertschätzung des Klerus. Am Abend des Dreikönigstages erschienen Kaspar, Melchior und Balthasar sogar hoch zu Ross mit großem Gefolge in der fürstbischöflichen Residenz, um vor dem Bischof ihre Gesänge anzustimmen. Bis ins frühe 18. Jahrhundert sind die festlichen Auftritte der reitenden Heiligen Drei Könige in Freising belegt.
Mit der Aufklärung verbreitete sich dann jedoch Skepsis gegenüber derartigen Spektakeln. So unterband Fürstbischof Ludwig Joseph von Welden 1784 in der Stadt Freising den "lärmenden Gesang" der Könige, die nach ihren Auftritten nicht selten die eingesammelten Almosen in den Wirtshäusern vertranken. Boshaftes berichtete auch ein anonymer Verfasser über das Freisinger Sternsingen im Jahr 1800: Die Heiligen Drei Könige und ihre Gefolgschaft sangen demnach "ein jämmerlich Lied von der Geburt Christi", um dann Geld, Semmeln und vor allem Bier einzusammeln.
Damit war zunächst Schluss mit dem Sternsingen, die Romantik läutete allerdings eine Renaissance des alten Brauches ein. Überall entstanden neue Dreikönigslieder, die von guten Sängern vorgetragen wurden. Für Freising, Zolling und Oberhummel sind die Texte dieser Gesänge überliefert. In den 1860er Jahren zogen in den Dreikönigsnächten die Zollinger Ministranten nach der Vesper durch den Ort und erbaten mit ihren "Klopfliedern" Brot, Käse, Würste und Süßigkeiten. Die reiche Ausbeute wurde dann am nächsten Tag mit den bedürftigen Kindern des Dorfes geteilt.
Die früheren Auswüchse und der Missbrauch des Sternsingens gehörten damit wohl der Vergangenheit an. Tatsächlich horten die Sternsinger die Spenden schon seit 60 Jahren endgültig nicht mehr für den eigenen Bedarf, sondern sammeln ausschließlich für andere Bedürftige. Seit 1959 organisiert nämlich das Kindermissionswerk der katholischen Kirche die Aktion Dreikönigssingen. Kinder und Jugendliche sammeln als Heilige Drei Könige gewandet Spenden für Hilfsprojekte in der ganzen Welt. Auch im Landkreis Freising beteiligen sich in diesem Jahr wieder zahlreiche junge Leute aus den einzelnen Pfarrgemeinden an der Sternsingeraktion.
Der Autor ist Heimat und Kulturpfleger. Wer die fotografierten Personen oder sogar sich selber erkennt, kann sich unter Telefon 08161/600-151 oder per E-Mail an bernd.feiler@kreis-fs.de im Landratsamt melden. Es wartet eine kleine Überraschung.