Dreharbeiten in der evangelischen Kirche in Freising:Glockenläuten für den Frieden

Die protestantische Kirchengemeinde gedenkt wie jedes Jahr des Fliegerangriffs auf Freising am 18. April 1945, bei dem 224 Menschen starben. Die Andacht kann man wegen der Corona-Krise heuer nur online verfolgen

Von Birgit Goormann-Prugger, Freising

Der Luftangriff der Alliierten auf Freising am 18. April 1945 ist an diesem Samstag auf den Tag genau 75 Jahre her. Um 14.53 Uhr erfolgte der Angriff bei dem mehr als 224 Menschen ums Leben kamen. Die evangelische Christi-Himmelfahrts-Kirche in Freising fiel in Schutt und Asche. Nur der Turm blieb wie ein stummes Mahnmal stehen. In Erinnerung an dieses Datum, die Toten und die Leiden des Zweiten Weltkrieges und zur Ermahnung für den Frieden findet in der Christi-Himmelfahrts-Kirche seit jeher um 14.45 Uhr eine Gedenk- und Friedensandacht statt.

Dreharbeiten in der evangelischen Kirche in Freising: Pfarrerin Dorothee Löser und Dekan Christian Weigl bei den Dreharbeiten für den Online-Gedenkgottesdienst am 18. April 1945 um 14.53 Uhr.

Pfarrerin Dorothee Löser und Dekan Christian Weigl bei den Dreharbeiten für den Online-Gedenkgottesdienst am 18. April 1945 um 14.53 Uhr.

(Foto: Marco Einfeldt)

Da soll auch in diesem Jahr so ein. Wegen der geltenden Ausgangsbeschränkungen in der Corona-Krise kann man sie aber nur online verfolgen, auf der Website der evangelischen Kirchengemeinde, auf der Facebookseite (Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Freising) und via Youtube unter "freising evangelisch". Live zu hören sind um 14.53 Uhr, dem Zeitpunkt des Angriffs, aber die Kirchenglocken. Da läutet dann auch die Friedensglocke. Diese wurde der Gemeinde zur Einweihung der Christi-Himmelfahrts-Kirche 1953 von den Mitgliedern der amerikanischen evangelischen Militärgemeinde in Freising gestiftet. Die Widmung als "Friedensglocke" erinnert an die Opfer des Zweiten Weltkrieges.

Kriegsende

Die evangelische Kirche nach dem Angriff der Alliierten.

(Foto: Stadtarchiv)

Die evangelische Pfarrerin Dorothee Löser und Dekan Christian Weigl halten die Gedenkandacht für diesen besonderen Tag. Gedreht wurde sie bereits am Donnerstag. Alle Gottesdienste in der evangelischen Gemeinde laufen zurzeit so ab, auch die von der Osternacht, die in der Nacht zum Sonntag um fünf Uhr in der Früh gedreht wurde und auf Youtube mittlerweile mehr als 500 Mal aufgerufen wurde. "Wir haben also Kontakt zu unseren Gemeindemitgliedern", freut sich Pfarrerin Dorothee Löser.

Dreharbeiten in der evangelischen Kirche in Freising: Die Friedensglocke.

Die Friedensglocke.

(Foto: Marco Einfeldt)

Von 14.53 bis 15.15 Uhr dauerte der Angriff auf Freising. Militärisches Ziel waren die Rangierbahnhöfe und Strom-Umspannwerke sowie die Fabriken ganz in der Nähe des Freisinger Bahnhofsviertels. Die Bomben trafen die Kirche und viele Häuser in der Kochbäckergasse, am Oberen Graben und das Vincentium an der Bahnhofstraße. Der Neufahrn Historiker Ernst Keller hat ein Buch über den Fliegerangriff auf Freising geschrieben. Von ihm weiß man, dass damals im April 60 Flugzeuge in Südostengland gestartet sind, die der 8. US-Luftflotte und der 1. und 457. Bomb-Group, eine Art Geschwader, angehörten. Und, dass eigentlich Traunstein bombardiert werden sollte. Man hatte auch damit angefangen, dann aber zogen Wolken auf und erschwerten die Sicht, sodass die Bomber abzogen und das Ersatzziel ansteuerten - Freising. Besonders berührt haben ihn bei seinen Recherchen auch die Akten der Münchner Kriminalpolizei, die gleich am nächsten Tag die Ermittlungen in Freising aufnahm. Die Liste der gefundenen Toten ist akribisch genau gehalten, bis hin zum Ernährungszustand reichen die Schilderungen, auch wenn viele nicht mehr identifiziert werden konnten, weil die Leichen völlig verkohlt oder zerstückelt waren.

Ein Gedenkstein vor der Christi-Himmelfahrts-Kirche erinnert an den Bombenangriff. Erst in den Jahren 1951/52 erstand die Christi-Himmelfahrt-Kirche neu. 2002 wurde der 26 Meter hohe Kirchenturm gebaut, der 1951 nur als Fundament angelegt worden war.

Auch die drei Kerzenständer in dem evangelischen Gotteshaus erinnern an den 18. April vor 75 Jahre und sollen jetzt als Friedenszeichen wirken. Ursprünglich waren es Granaten. Als es nach dem Krieg kaum Edelmetalle gab, hat ein Kunstschmied aus Oberbayern aus den Granathülsen sakrale Gegenstände hergestellt. Abendmahlkelche, Teller für das Brot und eben diese Kerzenständer. Sowohl die Kirchenglocken als auch der Gedenkstein und die Kerzenständer werden in dem Film zur Friedensandacht am 18. April zu sehen sein.

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