Domberg-Neubaupläne:Heftiges Ringen um den "Kloturm"

Domberg-Neubaupläne: So sah es auf dem Domberg vorher aus: Neben den Bäumen stand auch das Oktogon noch.

So sah es auf dem Domberg vorher aus: Neben den Bäumen stand auch das Oktogon noch.

(Foto: Marco Einfeldt)

Die Entscheidung, das markante Oktogon bei der Sanierung des Diözesanmuseums abzureißen ist juristisch wasserdicht. Jetzt hoffen die Abbruch-Gegner auf den Petitionsausschuss des Landtags.

Von Kerstin Vogel und Petra Schnirch, Freising

Juristisch ist die Entscheidung einwandfrei - für Diskussionen sorgt der Bauantrag zu Sanierung und Umbau des Freisinger Diözesanmuseums dennoch. Denn mit der Zustimmung des Planungsausschusses am Mittwoch dürfte das Schicksal des Oktogons besiegelt sein: Der Anbau soll abgerissen werden, um den historischen Zustand des Gebäudes wieder herzustellen - doch nicht wenige Freisinger fürchten um die gewohnte Silhouette ihrer Stadt.

Diese Entscheidung war bereits im Ausschuss umstritten. So argumentierte unter anderem FW-Stadtrat Robert Weller, dass der Turm - wenn auch nachträglich angebaut - einfach zum Stadtbild gehöre. Die Entscheidung über den Abriss werde irgendwann in den Geschichtsbüchern stehen, er jedenfalls werde dagegen stimmen.

"Je mehr alte Zöpfe - sprich Türme - da verschwinden, um so besser"

Und während Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher ein ums andere Mal erklärte, dass das Landesamt für Denkmalpflege dem Abriss zugestimmt habe und man den Bauantrag aus rechtlicher Sicht nicht ablehnen könne, warb Karl Heinz Freitag (FW) völlig unverblümt für die Pläne der Erzdiözese. Die katholische Kirche wolle sich schließlich erneuern, sagte er: "Je mehr alte Zöpfe - sprich Türme - da verschwinden, um so besser."

Hoffen müssen die Fans des Oktogons nun auf den Petitionsausschuss des Landtags, der am 11. Oktober über eine Eingabe des Freisinger Stadtheimatpflegers Norbert Zanker entscheiden wird. Rederecht habe er dort voraussichtlich keines, sagt er im Gespräch mit der SZ. Seit die Abriss-Pläne bekannt sind, kämpft er ebenso wie der Historische Verein um den Erhalt des achteckigen Turms. Und auch viele Bürger könnten die Entscheidung nicht nachvollziehen. "Wer für die Stadt was übrig hat, der schimpft", sagt Zanker. In der Sitzungsvorlage des Planungsausschusses heißt es dagegen: "Durch den Rückbau des nachträglich angebauten Oktogons entsteht für die Stadtansicht ein neues geliftetes Bild, das die ursprüngliche Planung nunmehr wieder herstellt."

Dass Denkmalschützer den Anbau als "Kloturm" abwerten, ärgert Stadtheimatpfleger Zanker

Das Museumsgebäude war von 1868 bis 1870 als Knabenseminar durch Matthias Berger auf dem Domberg entstanden. Sechs Jahre später kam bereits der Turm dazu, in den damals aus hygienischen Gründen die Abortanlage ausgelagert wurde. Dass die Denkmalschützer den Anbau nun einfach als "Kloturm" abwerten, ärgert Zanker. Aus seiner Sicht hat das markante Oktogon dem Gebäudekomplex "Pfiff" verliehen. Dass nun ausgerechnet die Denkmalschützer die "Geschichte des Bauwerks im Laufe der Zeit" in diesem Fall nicht anerkennen wollen, kann er nicht verstehen.

Nicht nur der Dom präge den Berg, betont der Stadtheimatpfleger, sondern auch die übrigen kleineren Türme, das sei für Freising typisch. Von der Innenstadt aus, am Kriegerdenkmal in der Oberen Hauptstraße, ist die mächtige Kirche gar nicht zu sehen, dafür aber das Museum mit seinem Oktogon. Auch die Dombefestigung verfügte laut Zanker immer über einen Westturm.

Auch Max Kirchmaier, Vorsitzender des Vereins "Aktive City", bedauert es, dass der Turm verschwinden soll, da er für das Stadtbild signifikant sei. Und er verweist darauf, dass die Form des Oktogons auf dem Domberg immer wieder aufgegriffen werde, beispielsweise wenn man von der Heiliggeistgasse Richtung Amtsgericht schaut. Er sei gespannt auf die nächste Sitzung des Innenstadtbeirats, sagt Kirchmaier, viele lehnten den Abriss ab.

Da der Anbau nur sechs Jahre später als das Knabenseminar errichtet wurde, findet es Kirchmaier "befremdlich", dass er nun weg soll. Seiner Ansicht nach wurde das Bauwerk durch dieses Element sogar aufgewertet. Dem ersten Architekten sei "vielleicht nicht der ganz große Wurf gelungen", fügt er hinzu und lacht. "Das ist in jedem Fall das schönste Aborttürmchen, das ich kenne." Möglicherweise sei eine gewisse Angst da gewesen, dass die Erzdiözese "nichts mehr macht", wenn ihr der Abriss verwehrt worden wäre, meint Kirchmaier. Ansonsten aber gefallen ihm die Pläne zur Sanierung des Diözesanmuseums.

Oberbürgermeister Eschenbacher hatte in der Sitzung am Mittwoch mehrmals darauf hingewiesen, dass der beantragte Abriss juristisch nicht zu beanstanden sei. Er persönlich sieht die Sache "etwas zwiespältig", wie er im Gespräch mit der SZ sagt. Es tue ihm immer leide, wenn in der Stadt etwas abgerissen werde. Schon auf seinem Schulweg habe er den Turm jeden Morgen gesehen. Ob er aber eines der Wahrzeichen der Stadt ist, "wage ich zu bezweifeln", sagt der OB. Wenn er sehe, was auf dem Domberg Neues entstehen soll, halte er die Entscheidung für vertretbar. Eineinhalb Jahre lang sei mit den Denkmalschützern intensiv um die Baupläne gerungen worden. Er könne aber beide Standpunkte zum geplanten Abriss des Oktogons nachvollziehen, sagt Eschenbacher.

Für den Seidlturm am Kardinal-Döpfner-Haus stehen die Chancen besser

In einer Stellungnahme weist das Landesamt für Denkmalpflege dem Oktogon zwar "eine gewisse Bedeutung insbesondere für die Geschichte der Hygiene" zu, nicht aber der Architektur, die den klaren Baukörper von Matthias Berger "verunklärt". Außerdem steht der Turm der weiteren Planung im Weg: Im sanierten Museumsgebäude ist eine Gastronomie vorgesehen. Aufgrund der Lage sei ein barrierefreier Zugang nur auf der Nordseite möglich, schreiben die Denkmalschützer. Gleiches gelte für Anlieferzone und Feuerwehrzufahrt. Da sie einen modernen Ausstellungsbetrieb mit Gastronomie ermöglichen wollten, "um das Museum mit Leben zu erfüllen", berücksichtigten sie auch diese Argumente.

Besser stehen die Chancen für den sogenannten Seidlturm am Kardinal-Döpfner-Haus. Auch er sollte beim dort geplanten Neubau wegfallen. Nun wird aber noch einmal diskutiert, ob eine städtebauliche Dominante, also etwa ein Türmchen, integriert werden kann.

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