Digitalisierung in Moosburg:"Um jeden Antrag muss man kämpfen"

Lesezeit: 3 min

Philipp Fincke (FDP) ist seit der Kommunalwahl im Stadtrat der Digitalisierungsreferent. Mit seinen Vorschlägen stößt er im Rathaus nicht immer auf offene Ohren. Doch er will hartnäckig bleiben

Von Alexander Kappen, Moosburg

Die Digitalisierung ist eines der großen Themen unserer Zeit. Ein Selbstläufer ist sie vielerorts allerdings nicht. Auch in Moosburg nicht. Dort gibt es seit der Kommunalwahl vor rund einem Jahr zwar im Stadtrat einen Digitalisierungsreferenten, aber der stößt mit seinen Vorschlägen im Rathaus nicht immer auf offene Ohren - oder zumindest nicht so schnell, wie er sich das wünschen würde.

"Um jeden Antrag muss man kämpfen", sagt Philipp Fincke (FDP), der den Posten in einer Kampfabstimmung gegen Stefan John (Linke) ergattert hat und seitdem auch mit dessen Unterstützung die Digitalisierung in der Stadt voranbringen will. "Dass überhaupt ein Digitalisierungsreferat eingeführt wurde, war nach der Wahl im vergangenen Jahr schon ein großer Kampf - das sagt ja schon aus, dass das bei der Stadt nicht oberste Priorität hat", sagt Fincke.

In der Öffentlichkeit war der neue Referent in seinem ersten Amtsjahr vor allem mit Einzelanträgen und ganz konkreten Verbesserungsvorschlägen präsent. Allerdings bedauert er, "dass meine Anträge lange nicht behandelt worden sind". Der älteste noch offene, in dem es um die Einführung eines digitalen Parktickets geht, stammt vom 11. September 2020. Fincke hofft, "dass er in der übernächsten Stadtratssitzung auf der Tagesordnung steht". In der Sitzung am kommenden Montag (19 Uhr, Stadthalle) wird ein Antrag vom November vergangenen Jahres behandelt, in dem Fincke und John gemeinsam vorschlagen, die Anschaffung der nötigen technischen Ausrüstung zu prüfen, um mittels Magnetsensoren und Anzeigetafeln die Anzahl freier Parkplätze anzuzeigen und den Parksuchverkehr in der Innenstadt zu reduzieren.

Ebenfalls am Montag beschäftigt sich das Gremium mit Finckes Dringlichkeitsantrag, die virtuelle Teilnahme an Stadtratssitzungen zu ermöglichen beziehungsweise diese Möglichkeit durch die Verwaltung prüfen zu lassen. Dass der Antrag am Montag nur deswegen behandelt werde, weil er noch mal Druck gemacht habe, während kürzlich ein Dringlichkeitsantrag der CSU problemlos innerhalb von zwei Wochen auf der Tagesordnung genommen worden sei, "ärgert mich richtig", sagt Fincke: "Aber ich lasse mich nicht so leicht frustrieren, ich bin ein Kämpfer und werde halt kreativ." Beziehungsweise er lernt aus seinen Erfahrungen.

So hat er festgestellt, "dass es im Stadtrat offenbar leichter ist, die Zustimmung für etwas Großes, Ganzes, also ein Konzept, zu bekommen und die Einzelmaßnahmen dann zusammen mit der Verwaltung umzusetzen, als jeden Antrag einzeln durchzubringen". Beispiel hierfür sei das Klimaschutzkonzept. Wichtig sei es jedoch, die Verwaltung von Anfang an einzubeziehen, "weil sie es dann ja umsetzen muss". Fincke hat nun vor, möglichst bis Jahresende ein Digitalisierungskonzept für die Stadt zu erarbeiten, aufgeteilt in die Handlungsfelder Bürgerbeteiligung/Bürgerservice, nachhaltige Verwaltung, schnelles Internet sowie Digitalisierung von Schulen, Kitas und Wirtschaft. Für jeden Bereich soll es eine Arbeitsgruppe geben, bestehend aus einem der drei Bürgermeister, einem Mitarbeiter der Geschäftsleitung, dem Digitalisierungsreferenten, dem IT-Experten im Rathaus und Vertretern aus dem jeweiligen Handlungsfeld. "Aber das braucht Zeit", meint Fincke, "man muss das mit den Experten aus den einzelnen Bereichen gut abstimmen und kann das nicht einfach schnell hinklatschen". Aber dann, so seine Hoffnung, "gibt das einen Digitalboost für die Stadt Moosburg, wenn man das Konzept umsetzt".

Mit einem weiteren aufwendigen Langzeitprojekt hat sich der Digitalisierungsreferent, jenseits der öffentlichen Wahrnehmung, bereits während seines gesamten ersten Amtsjahres intensiv beschäftigt: die Übertragung von Stadtratssitzungen im Livestream. Den konkreten Antrag will er erst stellen, wenn alle Vorarbeiten erledigt und etwaige Bedenken von Stadtratsmitgliedern ausgeräumt oder berücksichtigt sind. Denn er möchte "kein Abstimmungsergebnis von 13:12, sondern eine breite Mehrheit". Dafür hat Fincke die Erfahrungen von vier Gemeinden erfragt, die bereits Livestreams anbieten. Er hat datenschutzrechtliche Belange abgeklärt, Angebote von Anbietern solcher Übertragungen eingeholt und nicht zuletzt eine Umfrage unter den Stadträtinnen und Stadträten organisiert. Zwar hätten nur elf von 25 Mitgliedern die Umfrage zu Ende gebracht, aber immerhin habe nur einer angegeben, Livestreams grundsätzlich abzulehnen.

Neben diesen Großprojekten führt der Digitalisierungsreferent aber parallel auch die Politik der kleinen Schritte fort. In einem seiner nächsten Anträge soll es um die Einrichtung von öffentlichem Wlan in der Innenstadt gehen.

© SZ vom 24.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: