Digitaler Essenskorb:Gegen die Wegwerfmentalität

Wochenmarkt

Foodsharer sind auch Foodsaver, die verhindern wollen, dass Lebensmittel unnötig verschwendet werden.

(Foto: Lukas Barth)

Foodsharing soll verhindern, dass Lebensmittel einfach im Müll landen. Auch in Freising gibt es eine Gruppe, die sich dafür engagiert. Wer etwas abzugeben hat, platziert das auf einer Website.

Von Rebecca Seeberg

Laut einer Studie der Universität Stuttgart aus dem Jahr 2012 wirft jeder Bundesbürger durchschnittlich 81,6 Kilo Lebensmittel pro Jahr weg. Freising hat 47 782 Einwohner, das heißt, dass hier theoretisch etwa 3899 Tonnen Lebensmittel pro Jahr von Privathaushalten weggeworfen werden. Eine Alternative zum Wegwerfen bietet die 2012 gegründete Plattform "Foodsharing". Initiator der Webseite ist Valentin Thurn. Mit seinem Film "Taste the Waste" von 2011 brachte er die Massen an weggeworfenen Lebensmittel ins Bewusstsein.

Auch in Freising ist Foodsharing bekannt. "Zweck der Website ist es, Lebensmittel zu retten, damit weniger weggeworfen werden muss", so die Foodsharing-Beauftrage für Freising, Miranda Rambau-Reijntjes. Ganz unverbindlich kann man sich als sogenannter Foodsharer anmelden. Hat man etwas übrig, wie beispielsweise Gemüse, das man nicht mehr rechtzeitig verwerten kann, dann kann man dieses Produkt in einem sogenannten digitalen Essenskorb auf der Plattform anbieten. Andere Foodsharer können dann dieses Angebot auf einer Karte sehen und abholen. Alle Teilnehmer bleiben anonym. Der Austausch der Kontaktdaten geschieht erst, wenn Anbieter und Abholer den Abholtermin und -ort ausmachen. Bei der Übergabe fließt außerdem kein Geld.

Als Konkurrenz zu Wohlfahrtsorganisationen wie der Tafel betrachten sich die Foodsharer nicht. "Im Gegensatz, wir freuen uns, wenn das Essen weiterverwertet wird, sei es durch uns, oder die Tafel", erklärt Miranda Rambau-Reijntjes. "Wer die Lebensmittel, die sonst weggeworfen werden würden, isst, ist uns egal. Hauptsache, es landet nichts im Müll", betont die Foodsharing-Beauftragte. Jedes Mitglied ist dabei für die Qualität der angenommenen Produkte selber verantwortlich. "Frag dich einfach, ob du es selber noch essen würdest", rät Miranda Rambau-Reijntjes.

Jacqueline Krampfl ist schon seit Anfang an in Freising dabei. Zusammen mit ihrer Freundin Martina Süß nahm sie vor zwei Jahren an einer Schulung teil, um zu einem sogenannten Foodsaver ausgebildet zu werden. Deren Aufgabe ist es, Läden zu einer Kooperation zu bewegen und so auch von Betrieben Lebensmittel zu retten und weiterzuverwerten, sei es zum eigenen Verzehr, oder als Essenskorb für die Plattform. Da jeder Foodsaver einer Haftungsverzichtvereinbarung zugestimmt hat, entfällt für die Betriebe jegliche Haftung für die Qualität der Produkte. In der Domstadt habe es die Szene vor Jacquelines Krampfls und Martina Süß Engagement noch gar nicht gegeben. Die Gründungsmitglieder waren Studenten aus der Fakultät Gartenbau und Lebensmitteltechnologie, die sich hauptsächlich über Facebook organisierten.

Nach dem Vorbild des Viktualienmarktes in München, auf dem viele Foodsaver täglich die übrig gebliebenen Lebensmittel einsammeln, begannen die Studenten vor einem Jahr eine Kooperation mit dem Wochenmarkt in Freising. "Hier herrscht immer eine schöne Atmosphäre, da viele bereit sind, Lebensmittel abzugeben", erzählt Kathrin Rundel, die bald die Position der Marktverantwortlichen von Jacqueline Krampfl übernehmen wird. "Auch von anderen Betrieben, bei denen wir angefragt haben, haben wir fast durchgehend eine positive Resonanz bekommen", so Krampfl. "Das Problem ist, dass wir zu wenig Foodsaver haben". Es sei wichtig, dass die Organisation an die ganze Bevölkerung weitergetragen werde und nicht nur in Studentenkreisen Anklang finde. "Da kann wirklich jeder mitmachen. Ich möchte also herzlich alle einladen, die sich dafür interessieren", so Miranda Rambau-Reijntjes. Foodsharer, die sich über das Internet in Freising engagieren, bittet die Foodsharing-Beauftrage, die offizielle Foodsharing Website zu nutzen. "Als ich meinen Posten als Foodsharing-Beauftragte angenommen habe, wusste ich gar nichts davon, dass es die Szene hier schon seit einiger Zeit gibt, da alles nur über Facebook lief", erzählt Miranda Rambau-Reijntjes.

Eine spontane Foodsaver-Aktion beim "Uferlos 2014" sei eines der erfolgreichsten Erlebnisse gewesen, berichtet Jaqueline Krampfl stolz. Drei Autoladungen voll haben die Freisinger Foodsaver von den Uferlos-Ständen bekommen und diese in der Uniküche zubereitet. "Wir haben die Lebensmittel an alle verfüttert, die kommen wollten. Um die 50 Leute waren das dann", erzählt Krampfl begeistert.

Jeden ersten Mittwoch um 19 Uhr treffen sich die aktiven Mitglieder der Freisinger Foodsaver im "Haus der Vereine" am Major Braun Weg. Mehr Informationen zum Thema gibt es auch unter foodsharing.de.

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